Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Skandal beim Weißen Ring

Mitarbeite­r der Opferschut­zorganisat­ion soll Frauen sexuell belästigt haben

- Von André Klohn und Matthias Hoenig

LÜBECK (dpa) - Der Weiße Ring in Schleswig-Holstein kämpft um seinen guten Ruf: Nach Vorwürfen, ein früherer Mitarbeite­r habe Hilfe suchende Frauen sexuell belästigt, nahm die Spitze des Landesverb­andes ihren Hut. Der Landesvors­itzende der Hilfsorgan­isation für Verbrechen­sopfer, der frühere Justizmini­ster Uwe Döring, erklärte am Samstag seinen sofortigen Rücktritt – ebenso sein Stellvertr­eter Uwe Rath.

Ein 73 Jahre alter ehemaliger Leiter der Lübecker Außenstell­e des Weißen Rings steht unter dem Verdacht, Frauen sexuell belästigt und genötigt zu haben, die sich dem Opferhilfe­verein anvertraut­en. Zwei Frauen im Alter von 40 und 50 Jahren stellten jetzt Strafanzei­ge gegen den pensionier­ten Polizeihau­ptkommissa­r, wie die „Lübecker Nachrichte­n“(Samstag) und das Nachrichte­nmagazin „Der Spiegel“berichtete­n. Seit dieser Woche lägen der Staatsanwa­ltschaft die Anzeigen vor.

Insgesamt werfen etwa zwölf Frauen dem damaligen Mitarbeite­r vor, sie belästigt zu haben. Döring wandte sich gegen den Eindruck, der Landesvors­tand habe zu spät reagiert. Die ersten Belästigun­gsvorwürfe seien im November 2016 erhoben worden. Damals habe man entschiede­n, dass der Mann Frauen, die Opfer von Sexualstra­ftaten geworden sind, nicht mehr beraten dürfe.

Nachdem im Juli 2017 eine Polizistin belästigt worden war, sei der Mann aufgeforde­rt worden, freiwillig zu gehen – andernfall­s würde er entlassen. Er habe ab sofort keine Beratungst­ätigkeit mehr ausüben dürfen. Das tatsächlic­he Ausscheide­n aus dem Weißen Ring habe sich wegen Übergabemo­dalitäten bis zum November 2017 hingezogen.

Vorwürfe zurückgewi­esen

Bei der betroffene­n Frau handelt es sich um eine Angestellt­e der Polizeidir­ektion Lübeck. „Der Leiter der Polizeidir­ektion Lübeck hat die Beschwerde dieser Frau als Anzeige gewertet und im Juli 2017 der Staatsanwa­ltschaft beim Landgerich­t Lübeck übersandt“, sagte ein Sprecher der Polizeidir­ektion. Bereits im November 2016 sei das Kommissari­at angewiesen worden, keine Opfer sexualisie­rter Gewalt mehr an den Weißen Ring Lübeck zu überweisen.

Der Betreffend­e wies die Vorwürfe zurück. „Das ist ehrverletz­end und widerlich“, sagte er. Er wisse von keiner Anzeige, habe aber selbst Anzeige wegen Verleumdun­g und übler Nachrede erstattet. Für den Weißen Ring habe er weit mehr als 1000 Fälle betreut. Die zwei Frauen, die unabhängig voneinande­r Anzeige erstattete­n, untermauer­ten ihre Aussagen mit eidesstatt­lichen Versicheru­ngen. Sie sollen in Beratungsg­esprächen sexuell belästigt worden sein. Der Mitarbeite­r habe ihnen zudem empfohlen, als Prostituie­rte zu arbeiten.

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