Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Norbert Klaus arbeitet mit Reisig und lässt das Zufallsprinzip mitspielen
Ausstellung mit „Skulpturen und Reliefbildern“in der Kornhausgalerie in Weingarten
WEINGARTEN - Frei im Raum stehen die Skulpturen von Norbert Klaus. Von dort aus korrespondieren sie mit seinen Reliefbildern entlang der Wandzonen. So schlicht und reduziert heißt auch seine am Freitagabend in der Kornhausgalerie eröffnete Ausstellung „Skulpturen und Reliefbilder“. Auf einfachem Weg entstehen die Werke allerdings nicht. Das machte die Einführung von Klaus Bodemeyer deutlich, die einerseits das handwerkliche Können betonte, und andererseits den künstlerischen Anspruch, Naturnahes zu verfremden.
Gerade hat Norbert Klaus wieder einen Anhänger voll Reisig nach Blaustein-Weidach in sein geräumiges Bauernhaus geliefert bekommen. Rechtzeitig, bevor Büsche und Bäume wieder sprießen, denn Blätter können seine Werke nicht vertragen. 1949 in Aalen-Unterkochen geboren, war er Student an der Pädagogischen Hochschule Weingarten bei Klaus Bodemeyer. Zehn Jahre hat er in Berlin verbracht, dort Malerei und Grafik studiert, um schließlich wieder in Richtung Heimat sein heutiges Domizil aufzuschlagen. Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald in seinem Grußwort die gelungene, von Kostadinka Malakova organisierte und von Klaus Bodemeyer kuratierte Schau. Letzterer ist seit der Gründung des Galeriebeirats 1975 mit dabei und hat bis 1985 die Ausstellungen verantwortet. Zu Norbert Klaus und seinen Werken hat er ein besonders inniges Verhältnis, wie sich seiner Einführung entnehmen ließ.
Reisigzweige sind die Grundlage
„Alles, woran Norbert Klaus künstlerisch arbeitet, hat mit Natur zu tun. Dabei verlässt er sich in auffälliger, heute ganz ungewöhnlicher Weise auf die formende Kraft seiner Hände“, ging er seine Betrachtungen an. Reisigzweige bilden die materielle Grundlage. Auf die Frage, wie Klaus dazu gekommen ist, gibt es eine ebenso simple Antwort. In seinem Garten sei ihm vor fast 20 Jahren ein Reisighaufen aufgefallen, den er sich geteilt vorgestellt hat. Zufall könnte man das nennen, der zusammen mit dem Faktor Ordnung eine wesentliche Rolle spielt. Von der Natur übrig geblieben ist das um einen inneren Metallkern eng in- und miteinander verflochtene Astwerk.
Dieses wiederum ist entlang der sichtbaren Außenseiten durch Schnitte in Form gestutzt und präsentiert sich auf entsprechenden kubischen Holzsockeln. Bereits in Zeichnungen aus den 80er-Jahren war Norbert Klaus fasziniert von dichten, kleinzelligen Strukturen, die sich jetzt hier in einer Vielzahl offenbaren. Von „gesteigerter Sensibilität und Aufnahmebereitschaft, beständig weiterentwickelt im künstlerischen Arbeitsfeld zwischen Wahrlobte nehmung und Ausdruck“sprach Bodemeyer. Ohne handwerkliches Können geht das nicht. Denn was hier so akkurat gebündelt aussieht, ist in Wirklichkeit Schwerstarbeit.
Prägedrucke leben vom Rhythmus
Das gilt gleichermaßen für die Prägedrucke entlang der Wandflächen. Dass sie einer besonders dickwandigen und reißfesten Papierqualität bedürfen, lässt sich schnell ausmachen. Abgebildet sind eben diese natürlich gewachsenen Zweigstücke, deren Formgestalten sich dicht an dicht gesetzt reliefartig erheben. Ihnen wohnt ein starker lyrischer Zug inne und, so Bodemeyer, sie leben von ihrem Rhythmus. Hierbei wandle sich das Papier zur Resonanzfläche der Natur. Im Dialog mit den Prägedrucken stehen die „Raumfiguren“. Die schlanken und zerbrechlichen Zweige balancieren mittels Stabmagneten auf metallischen Sockeln Es sind filigrane Gebilde, die Linie und Fläche in den Raum einschreiben.
Das macht beispielsweise auch das Werk von Robert Schad unter Verwendung von Vierkantstahl aus, gleich nebenan zu begutachten im Stadtpark. Mit Stahl in den Raum zeichnen, heißt es oft in Betrachtungen über dessen Werk. „Mit Holz in den Raum zeichnen“umschrieb Bodemeyer Norbert Klaus’ Materialreduktion, die kantig hart geschnittene Schäfte verbindet. Nicht konstruktivistisch, sondern mittels Reisigzweigen und Zufallsprinzip. So gerät Naturnahes in ihrer verfremdeten Form in den Fokus und unmittelbar vor das Argusauge des Betrachters. Die Ausstellung „Skulpturen und Reliefbilder“von Norbert Klaus in der Kornhausgalerie, Karlstraße 28, dauert bis 15. April 2018. Sie ist mittwochs von 10 bis 13 Uhr und freitags, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Karfreitag und Ostersonntag geschlossen. Ostermontag von 14 bis 17 Uhr geöffnet.