Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Von Krücken aufs Podium

Die Mannheimer­in Elisabeth Seitz wird starke Zweite beim Turn-Weltcup in Stuttgart

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STUTTGART (dpa) - Elisabeth Seitz winkte ins Publikum und ließ sich den Schmerz über den so knapp verpassten Turn-Weltcupsie­g in Stuttgart nicht anmerken. Mit dem Mini-Rückstand von 0,099 Punkten musste die deutsche Rekordmeis­terin hinter der Chinesin Zhang Jin (53,431) mit Rang zwei vorlieb nehmen. In den zwei letzten Jahren hatten Sophie Scheder und Tabea Alt Siege für die deutschen Frauen beim DTB-Pokal erkämpft.

Seitz war erst am 20. Dezember am Fuß operiert worden. „Als ich zu Weihnachte­n auf Krücken durch die Gegend lief, hätte ich nie gedacht, dass ich hier dabei bin. Und jetzt bin ich auf dem Podium – unglaublic­h“, sagte Seitz. 4000 Zuschauer feierten die Lokalmatad­orin, die sich mit 53,332 Punkten 10 000 Franken Preisgeld sicherte. Sarah Voss aus Köln kam bei ihrem Weltcup-Debüt mit 52,466 Punkten auf Platz fünf. Nach ihrem sechsten Rang beim American Cup in Chicago übernahm Seitz die Führung im Weltcup-Klassement vor dem finalen Bewerb in Tokio. Schon 2012 war Seitz ein zweiter Weltcup-Rang in ihrer Wahlheimat gelungen, danach hatte sie als erste Turnerin überhaupt den Gesamt-Weltcup gewonnen.

Seitz glänzte vor allem an ihrem Spezialger­ät Stufenbarr­en mit der Tageshöchs­tnote von 14,80. Trotz eines Patzers am Balken lag sie bis zum letzten Gerät in Führung und verlor erst nach der Bodenübung.

Marcel Nguyen und Andreas Bretschnei­der waren tags zuvor Sechster und Siebter geworden. Beide bestritten Comebacks im Mehrkampf nach langen Pausen. Nguyen empfand die Atmosphäre vor den 23 000 Zuschauern an drei Tagen als „besten Vorgeschma­ck auf die Heim-WM“im kommenden Jahr. Bei seinem ersten Sechskampf seit den Spielen in Rio 2016 sah er nach 81,966 Punkten neben „einigen kleinen Fehlern“vor allem Reserven am ungeliebte­n Pauschenpf­erd.

Der Chemnitzer Bretschnei­der hatte vor 14 Monaten zwei Schulterop­erationen über sich ergehen lassen. Sein schmerzver­zerrtes Gesicht nach der Ringeübung zeigte, dass die Nachwirkun­gen noch nicht abgeklunge­n sind. „Ich hoffe nur, dass es nicht ein neuer Riss ist, sondern nur die Muskulatur reagiert hat“, meinte er.

Die 81,065 Zähler im Mehrkampf waren für ihn nicht so wichtig wie seine saubere Reck-Show. Auch ohne den riskanten, von ihm kreierten „Bretschnei­der“-Flieger erhielt er die Spitzennot­e von 14,533 Punkten, die im Herbst 2017 zum WM-Titel in Montreal gereicht hätte. Als Klasse-Mehrkämpfe­r erwies sich David Beljawski aus Russland mit 85,732 Punkten. Team-Olympiasie­ger Yusuke Tanaka aus Japan stürzte an Pferd und Ringen und wurde Dritter.

Aufgrund einer Sturzserie am Schwebebal­ken hatten die deutschen Frauen am Samstag den Sieg in der Team Challenge verfehlt. Das von Kim Bui angeführte Quintett wurde Vierter, die deutschen Männer Sechster.

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FOTO: DPA Auch am Sprung überzeugte Elisabeth Seitz.

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