Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Einfach spielen, viel gewinnen
Beim VfB Stuttgart will man sich nicht mit der Europa League beschäftigen – aus Gründen
FREIBURG - Die Frage ist mindestens so alt, wie es Länderspielpausen gibt, und doch hat sie in Ermangelung einer Glaskugel immer eine gewisse Berechtigung. Wie gut es denn sei, dass die nächste Bundesligapartie erst in zwei Wochen stattfinde, wurden die Protagonisten also gefragt nach dem 2:1 (1:0) des VfB Stuttgart beim SC Freiburg. Wobei, nein, Christian Streich, der große alemannische Antizipierer, war die Frage noch gar nicht gestellt worden, als er sie schon beantwortet hatte.
„Gottfroh“sei er, dass nun Pause sei, sagte der Coach des unterlegenen Teams, „wir laufen völlig auf der Felge. Die Spieler brauchen Ruhe, Regeneration und Behandlung, damit sie durchatmen können.“In der Tat waren seine Freiburger zwar auch gegen Stuttgart durchaus mit großen Engagement zu Werke gegangen, vor allem im Spielaufbau war ihnen, die ja auch im allergrößten Abstiegskampf Fußball stets vor allem spielen wollen, nicht viel gelungen. Rund ein Monat liegt der letzte Sieg des Sport-Clubs mittlerweile zurück, nach dem 1:0 gegen Bremen folgten zwei Remis gegen Hoffenheim und Hertha und zwei Pleiten gegen den FC Bayern und nun Stuttgart. Alles keine Laufkundschaft, vor allem nicht für die Freiburger, für die jedes Jahr in der Bundesliga ja immer noch ein ebenso hart erarbeitetes wie schön erspieltes Geschenk an sie selbst ist.
Und doch ist ein Trend erkennbar, noch mehr, wenn man der Analyse die zwar leider immer noch inoffizielle, rund um den VfB derzeit aber aus nachvollziehbaren Gründen sehr angesagte sogenannte Korkut-Tabelle zugrunde legt. In den vergangenen sieben Spielen, die für diese Tabelle maßgeblich sind, gewann Freiburg sechs Punkte, liegt auf Tabellenplatz 13. Zum Vergleich: Der VfB Stuttgart, für den die Korkut-Tabelle ja maßgeblich erfunden wurde und der Trainer Tayfun Korkut auch in seinem siebten Spiel im Amt keine Niederlage hat erleben lassen, liegt da auf Platz zwei. Als Korkut den VfB übernahm, war Stuttgart übrigens 14. und hatte nur einen Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz. Heute ist er Achter und hat nur noch zwei Punkte Rückstand auf Platz sieben, der aller Voraussicht nach zur Qualifikationsrunde für die Europa League berechtigen wird. Freiburg liegt übrigens mittlerweile auf Platz 14. Obwohl sich die beiden Clubs in den letzten sieben Wochen also tabellarisch ungefähr so verhalten haben wie zwei gleichpolige Magnete, ist die Situation für den SC Freiburg weit weniger prekär als sie den Stuttgartern beim Trainerwechsel erschien – es gibt eben noch ein paar Mannschaften in der Bundesliga, deren Ergebniskrise nicht nur mit körperlicher Erschöpfung erklärt werden kann. Und so beträgt Freiburgs Vorsprung auf Rang 16 noch immer fünf Punkte.
Darum herrscht im Breisgau ebensowenig Panik, wie bei den Bad Cannstattern überbordende Euphorie. Man kann die Serie samt KorkutTabelle durchaus einordnen. „Wir haben einen Wahnsinnslauf und wollen diesen Lauf auch ausbauen, mittlerweile sind wir so gefestigt, dass wir wissen, dass wir auch die nächsten Spiele gewinnen können“, setzte Doppeltorschütze und Matchwinner Mario Gomez zwar am Freitag an, darum sei ja die Freude „im Moment auch so groß wie selten“. An mehr denke er aber nicht. Weder persönlich, Stichwort: WM, noch mit dem Club, Stichwort: internationale Spiele.
Wie reif ist die Mannschaft?
„Die Europa League ist kein Thema für uns“, sagte Sportvorstand Michael Reschke. Trainer Korkut erinnerte gar daran, dass man „rechnerisch“noch nicht durch sei, gleichwohl er zugeben musste, dass „die Strecke kürzer“werde. Dennoch: „Solange die rote Linie nicht überschritten ist, denkt keiner bei uns über etwas anderes nach als über den Klassenerhalt“, fügte er an.
In der Tat käme die Europa League womöglich ein wenig früh für diese Mannschaft. Nicht, weil Präsident Wolfgang Dietrich bei der Ausgliederung letzten Sommer davon gesprochen hatte, dass man sich in fünf Jahren etabliert haben wollte im oberen Tabellendrittel und nun also den Zeitplan sprengen würde. Sondern weil die Mannschaft vor sieben Wochen qualitativ nicht so schlecht war, wie es die Ergebnisse hatten vermuten lassen, jetzt aber auch nicht so gut ist, wie es die Korkut-Tabelle scheinen lässt. Taktisch hat Korkut der Mannschaft wieder einen einfachen, effektiven Fußball beigebracht hat: hinten stabil stehen, gutes, altes Pressing und Gegenpressing und wenn sonst nichts geht, hilft dir Gomez. Der, mittlerweile sechsmaliger Torschütze unter Korkut, sagte, dass der Trainer ihnen „Ruhe und Gelassenheit“vermittelt habe und man in Freiburg die ersten 45 Minuten „unglaublich ruhig und gelassen“gespielt habe, erinnerte aber daran, dass es „ja jetzt nicht so“sei, dass „wir von der Qualität her so gut sind, dass wir jeden Gegner an die Wand spielen und 3:0 gewinnen. Wir müssen für jeden Punkt hart arbeiten, diszipliniert sein.“ Regionalliga Südwest (29. Spieltag) Röchling Völklingen – SSV Ulm 0:2 (0:0) Tore: 0:1 Morina (52./Foulelfmeter), 0:2 Kienle (57.). – Zuschauer: 337.