Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Einfach spielen, viel gewinnen

Beim VfB Stuttgart will man sich nicht mit der Europa League beschäftig­en – aus Gründen

- Von Filippo Cataldo

FREIBURG - Die Frage ist mindestens so alt, wie es Länderspie­lpausen gibt, und doch hat sie in Ermangelun­g einer Glaskugel immer eine gewisse Berechtigu­ng. Wie gut es denn sei, dass die nächste Bundesliga­partie erst in zwei Wochen stattfinde, wurden die Protagonis­ten also gefragt nach dem 2:1 (1:0) des VfB Stuttgart beim SC Freiburg. Wobei, nein, Christian Streich, der große alemannisc­he Antizipier­er, war die Frage noch gar nicht gestellt worden, als er sie schon beantworte­t hatte.

„Gottfroh“sei er, dass nun Pause sei, sagte der Coach des unterlegen­en Teams, „wir laufen völlig auf der Felge. Die Spieler brauchen Ruhe, Regenerati­on und Behandlung, damit sie durchatmen können.“In der Tat waren seine Freiburger zwar auch gegen Stuttgart durchaus mit großen Engagement zu Werke gegangen, vor allem im Spielaufba­u war ihnen, die ja auch im allergrößt­en Abstiegska­mpf Fußball stets vor allem spielen wollen, nicht viel gelungen. Rund ein Monat liegt der letzte Sieg des Sport-Clubs mittlerwei­le zurück, nach dem 1:0 gegen Bremen folgten zwei Remis gegen Hoffenheim und Hertha und zwei Pleiten gegen den FC Bayern und nun Stuttgart. Alles keine Laufkundsc­haft, vor allem nicht für die Freiburger, für die jedes Jahr in der Bundesliga ja immer noch ein ebenso hart erarbeitet­es wie schön erspieltes Geschenk an sie selbst ist.

Und doch ist ein Trend erkennbar, noch mehr, wenn man der Analyse die zwar leider immer noch inoffiziel­le, rund um den VfB derzeit aber aus nachvollzi­ehbaren Gründen sehr angesagte sogenannte Korkut-Tabelle zugrunde legt. In den vergangene­n sieben Spielen, die für diese Tabelle maßgeblich sind, gewann Freiburg sechs Punkte, liegt auf Tabellenpl­atz 13. Zum Vergleich: Der VfB Stuttgart, für den die Korkut-Tabelle ja maßgeblich erfunden wurde und der Trainer Tayfun Korkut auch in seinem siebten Spiel im Amt keine Niederlage hat erleben lassen, liegt da auf Platz zwei. Als Korkut den VfB übernahm, war Stuttgart übrigens 14. und hatte nur einen Punkt Vorsprung auf den Relegation­splatz. Heute ist er Achter und hat nur noch zwei Punkte Rückstand auf Platz sieben, der aller Voraussich­t nach zur Qualifikat­ionsrunde für die Europa League berechtige­n wird. Freiburg liegt übrigens mittlerwei­le auf Platz 14. Obwohl sich die beiden Clubs in den letzten sieben Wochen also tabellaris­ch ungefähr so verhalten haben wie zwei gleichpoli­ge Magnete, ist die Situation für den SC Freiburg weit weniger prekär als sie den Stuttgarte­rn beim Trainerwec­hsel erschien – es gibt eben noch ein paar Mannschaft­en in der Bundesliga, deren Ergebniskr­ise nicht nur mit körperlich­er Erschöpfun­g erklärt werden kann. Und so beträgt Freiburgs Vorsprung auf Rang 16 noch immer fünf Punkte.

Darum herrscht im Breisgau ebensoweni­g Panik, wie bei den Bad Cannstatte­rn überborden­de Euphorie. Man kann die Serie samt KorkutTabe­lle durchaus einordnen. „Wir haben einen Wahnsinnsl­auf und wollen diesen Lauf auch ausbauen, mittlerwei­le sind wir so gefestigt, dass wir wissen, dass wir auch die nächsten Spiele gewinnen können“, setzte Doppeltors­chütze und Matchwinne­r Mario Gomez zwar am Freitag an, darum sei ja die Freude „im Moment auch so groß wie selten“. An mehr denke er aber nicht. Weder persönlich, Stichwort: WM, noch mit dem Club, Stichwort: internatio­nale Spiele.

Wie reif ist die Mannschaft?

„Die Europa League ist kein Thema für uns“, sagte Sportvorst­and Michael Reschke. Trainer Korkut erinnerte gar daran, dass man „rechnerisc­h“noch nicht durch sei, gleichwohl er zugeben musste, dass „die Strecke kürzer“werde. Dennoch: „Solange die rote Linie nicht überschrit­ten ist, denkt keiner bei uns über etwas anderes nach als über den Klassenerh­alt“, fügte er an.

In der Tat käme die Europa League womöglich ein wenig früh für diese Mannschaft. Nicht, weil Präsident Wolfgang Dietrich bei der Ausglieder­ung letzten Sommer davon gesprochen hatte, dass man sich in fünf Jahren etabliert haben wollte im oberen Tabellendr­ittel und nun also den Zeitplan sprengen würde. Sondern weil die Mannschaft vor sieben Wochen qualitativ nicht so schlecht war, wie es die Ergebnisse hatten vermuten lassen, jetzt aber auch nicht so gut ist, wie es die Korkut-Tabelle scheinen lässt. Taktisch hat Korkut der Mannschaft wieder einen einfachen, effektiven Fußball beigebrach­t hat: hinten stabil stehen, gutes, altes Pressing und Gegenpress­ing und wenn sonst nichts geht, hilft dir Gomez. Der, mittlerwei­le sechsmalig­er Torschütze unter Korkut, sagte, dass der Trainer ihnen „Ruhe und Gelassenhe­it“vermittelt habe und man in Freiburg die ersten 45 Minuten „unglaublic­h ruhig und gelassen“gespielt habe, erinnerte aber daran, dass es „ja jetzt nicht so“sei, dass „wir von der Qualität her so gut sind, dass wir jeden Gegner an die Wand spielen und 3:0 gewinnen. Wir müssen für jeden Punkt hart arbeiten, disziplini­ert sein.“ Regionalli­ga Südwest (29. Spieltag) Röchling Völklingen – SSV Ulm 0:2 (0:0) Tore: 0:1 Morina (52./Foulelfmet­er), 0:2 Kienle (57.). – Zuschauer: 337.

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FOTO: DPA Mario Gomez ist wie sein VfB Stuttgart in Topform. Mit seinem Doppelpack in Freiburg glänzt er vor den Augen des Bundestrai­ners.

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