Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Es könnte ein Pyrrhussieg sein“
BERLIN - Die Gefahr eines Handelskrieges sei noch nicht abgewendet, sagt Clemens Fuest (Foto: dpa), Präsident des Münchener Ifo-Instituts, im Gespräch mit Andreas Herholz.
Die EU bleibt vorläufig von Strafzöllen ausgenommen. Ein Erfolg der Europäer?
Das ist sicherlich ein Erfolg, aber abgewendet ist die Gefahr eines Handelskrieges damit noch nicht.
Für Entwarnung ist es zu früh?
Es ist ein kurzfristiger Erfolg, und er könnte sich am Ende als Pyrrhussieg erweisen. Er ist kurzfristig, weil Donald Trump auch später noch Zölle gegen Europa verhängen kann. Ein Pyrrhussieg, weil es Trump zu gelingen scheint, die anderen Länder zu spalten. Einige nimmt er jetzt von Strafzöllen aus, gleichzeitig geht er aggressiv gegen andere vor, vor allem gegen China.
Wie groß ist die Gefahr, dass die EU in einen Handelskrieg an der Seite der USA hineingerät?
Die Gefahr ist erheblich, und zwar aus zwei Gründen. Erstens verlangt Trump von den Europäern, dass sie ihn im Konflikt mit China unterstützen. Zweitens werden Produkte aus China, die nicht mehr in den USA abgesetzt werden, stärker auf europäische Märkte drängen. Europäische Firmen werden nach Schutzmaßnahmen rufen. Darauf würde China sicherlich reagieren.
Sind die Strafmaßnahmen gegen China berechtigt?
Es ist sicherlich berechtigt, von China zu verlangen, dass geistiges Eigentum ausländischer Firmen respektiert und geschützt wird. Man sollte auch verlangen, dass ausländische Investoren chinesische Firmen übernehmen können, wie chinesische Firmen umgekehrt in den USA und Europa Firmen erwerben. Um das zu erreichen, sind Handelssanktionen aber die Ultima Ratio, es sollte möglich sein, auf dem Verhandlungsweg zum Ziel zu kommen.
Droht eine globale Finanzkrise?
Wenn der Protektionismus sich ausweitet, droht eine Krise der Realwirtschaft, die dann auch auf den Finanzsektor ausstrahlt, aber keine Krise, die aus dem Finanzsektor kommt. Das macht es allerdings kaum besser.
Wäre es jetzt nicht Zeit für einen Neuanlauf für ein Freihandelsabkommen wie TTIP?
Ja. Man sollte eine andere Überschrift als TTIP wählen, aber man sollte den USA besseren Marktzugang für ihre Produkte in der EU und in anderen Ländern anbieten. Das wäre besser als das Schaffen neuer Handelshemmnisse, die letztlich allen schaden.