Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein buchstäbliches Pläsier oder: Wenn Sie diese Wörter kennen, sind Sie alt
Haben Sie sich schon mal dünkelhaft benommen? Wer hat
Sie zuletzt in den Wahnsinn getrieben, weil er Fisimatenten machte? Und wissen Sie, was ein Hagestolz ist? Es gibt Hunderte von Wörtern die vom Aussterben bedroht sind: Adjektive, Substantive, Verben. Dabei handelt es sich um sogenannte Archaismen – also um Wörter, die aus der Sprache verschwinden, weil sie nicht mehr gebraucht werden oder gemeinhin als altmodisch gelten. Oft wissen nur noch die älteren Generationen etwas damit anzufangen. Schade eigentlich. Denn selbst wenn Begriffe wie „I bims“, „fly sein“und „Smombie“mittlerweile en vogue – Verzeihung: hip – sind, so haben die antiquierten Wörter doch nach wie vor eine Menge Charme.
Da wäre zum Beispiel der Ausruf „Schockschwerenot“, um Unwillen oder Entrüstung auszudrücken, oder der Ausdruck „Mumpitz“als ein Synonym für Unsinn . Im wahrsten Sinne des Wortes schön ist auch das Substantiv „Kleinod“, das im Jahr 1880 das erste Mal im Duden stand und eine Kostbarkeit beziehungsweise ein Schmuckstück meint.
Zu meinen Lieblingswörtern gehört das wundervolle „blümerant“, das einen elenden Gemütszustand beschreibt. Es kommt von dem französischen „bleu mourant“und bedeutet wörtlich übersetzt „sterbendes Blau“. Denn wenn sich eine Dame einst schwach und unwohl fühlte und sie in Ohnmacht fiel, dann wurde ihr nicht schwarz vor Augen, sondern „bleu mourant“– blümerant eben. Heute sagen dazu alle nur noch: „Mir ist ganz komisch.“
Womit ich persönlich hingegen gar nichts anzufangen weiß, sind Mitmenschen, die Maulaffen feilhalten. Mit anderen Worten: Gaffer oder Nichtstuer.
Ein Kollege meinte neulich, er würde ja gerne mal das Verb „erquicken“oder die Formulierung „es erquicket meine Seele“in einem seiner Zeitungsartikel verwenden. Allein: Er hat es gern kommod, ist ein bisschen larmoyant und traut sich nicht. Er fürchtet, wegen dieser Petitesse großes Ungemach zu erleiden. Welch ein Hasenherz!
Derweil schreite ich mutig fürbass: Ein anderes Wort für Erquickung ist „Labsal“. Es bezeichnet eine Form von Erfrischung, Segen oder Wohltat. Nicht zu verwechseln mit Drangsal, Mühsal oder Trübsal.
Besonders liebenswert, aber meist wenig beachtet, ist ja das Faktotum (von lateinisch „fac totum!“– „mache alles!“): Das ist jemand, der in einem Betrieb oder im Haushalt alle anfallenden Arbeiten und Besorgungen erledigt. Ein „Mädchen für alles“quasi. Zu sagen hat das Faktotum nur selten etwas. Es folgt ganz den Anweisungen seines Vorgesetzten, der in der Jugendsprache heutzutage „Babo“heißt.
Das ist Ihnen alles zu hanebüchen? Keine Sorge: Das Fräulein von der Zeitung macht an dieser Stelle einen Punkt. Und sollten Sie einen seltenen Begriff kennen, dann freue ich mich über eine Depesche an j.buehler@schwaebische.de. Ihnen viel Spaß auf dem Viktualienmarkt und einen schönen Sonnabend!