Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein buchstäbli­ches Pläsier oder: Wenn Sie diese Wörter kennen, sind Sie alt

- Von Jasmin Bühler

Haben Sie sich schon mal dünkelhaft benommen? Wer hat

Sie zuletzt in den Wahnsinn getrieben, weil er Fisimatent­en machte? Und wissen Sie, was ein Hagestolz ist? Es gibt Hunderte von Wörtern die vom Aussterben bedroht sind: Adjektive, Substantiv­e, Verben. Dabei handelt es sich um sogenannte Archaismen – also um Wörter, die aus der Sprache verschwind­en, weil sie nicht mehr gebraucht werden oder gemeinhin als altmodisch gelten. Oft wissen nur noch die älteren Generation­en etwas damit anzufangen. Schade eigentlich. Denn selbst wenn Begriffe wie „I bims“, „fly sein“und „Smombie“mittlerwei­le en vogue – Verzeihung: hip – sind, so haben die antiquiert­en Wörter doch nach wie vor eine Menge Charme.

Da wäre zum Beispiel der Ausruf „Schockschw­erenot“, um Unwillen oder Entrüstung auszudrück­en, oder der Ausdruck „Mumpitz“als ein Synonym für Unsinn . Im wahrsten Sinne des Wortes schön ist auch das Substantiv „Kleinod“, das im Jahr 1880 das erste Mal im Duden stand und eine Kostbarkei­t beziehungs­weise ein Schmuckstü­ck meint.

Zu meinen Lieblingsw­örtern gehört das wundervoll­e „blümerant“, das einen elenden Gemütszust­and beschreibt. Es kommt von dem französisc­hen „bleu mourant“und bedeutet wörtlich übersetzt „sterbendes Blau“. Denn wenn sich eine Dame einst schwach und unwohl fühlte und sie in Ohnmacht fiel, dann wurde ihr nicht schwarz vor Augen, sondern „bleu mourant“– blümerant eben. Heute sagen dazu alle nur noch: „Mir ist ganz komisch.“

Womit ich persönlich hingegen gar nichts anzufangen weiß, sind Mitmensche­n, die Maulaffen feilhalten. Mit anderen Worten: Gaffer oder Nichtstuer.

Ein Kollege meinte neulich, er würde ja gerne mal das Verb „erquicken“oder die Formulieru­ng „es erquicket meine Seele“in einem seiner Zeitungsar­tikel verwenden. Allein: Er hat es gern kommod, ist ein bisschen larmoyant und traut sich nicht. Er fürchtet, wegen dieser Petitesse großes Ungemach zu erleiden. Welch ein Hasenherz!

Derweil schreite ich mutig fürbass: Ein anderes Wort für Erquickung ist „Labsal“. Es bezeichnet eine Form von Erfrischun­g, Segen oder Wohltat. Nicht zu verwechsel­n mit Drangsal, Mühsal oder Trübsal.

Besonders liebenswer­t, aber meist wenig beachtet, ist ja das Faktotum (von lateinisch „fac totum!“– „mache alles!“): Das ist jemand, der in einem Betrieb oder im Haushalt alle anfallende­n Arbeiten und Besorgunge­n erledigt. Ein „Mädchen für alles“quasi. Zu sagen hat das Faktotum nur selten etwas. Es folgt ganz den Anweisunge­n seines Vorgesetzt­en, der in der Jugendspra­che heutzutage „Babo“heißt.

Das ist Ihnen alles zu hanebüchen? Keine Sorge: Das Fräulein von der Zeitung macht an dieser Stelle einen Punkt. Und sollten Sie einen seltenen Begriff kennen, dann freue ich mich über eine Depesche an j.buehler@schwaebisc­he.de. Ihnen viel Spaß auf dem Viktualien­markt und einen schönen Sonnabend!

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