Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nach Protest: Stadt passt Öffnungszeiten der Friedhöfe an
Künftig haben die Friedhöfe in Weingarten an den höchsten kirchlichen Feiertagen bis 22 Uhr geöffnet
WEINGARTEN - Gute Nachrichten für alle Friedhofsbesucher. In Abstimmung mit der Kirche hat die Stadtverwaltung die Öffnungszeiten für die beiden Weingartener Friedhöfe an den höchsten kirchlichen Feiertagen verlängert. So können die Bürger künftig an Christi Himmelfahrt, Allerheiligen, Allerseelen und Weihnachten bis 22 Uhr auf den Marienoder Kreuzbergfriedhof gehen. Allerdings reagierte die Stadtverwaltung erst, als sich SZ-Leser Herbert Broichmann im Januar dieses Jahres an die „Schwäbische Zeitung“wendete und durch einen Artikel öffentliche Aufmerksamkeit erfuhr. „Das ist ein Erfolgserlebnis und freut mich sehr. Das bestätigt, dass wir diesen Weg gegangen sind“, sagt Herbert Broichmann heute. „Es zeigt, dass man manchmal einfach über seinen Schatten springen muss.“
Doch war es bis dahin ein mühevoller Weg, der für die Familie Broichmann und andere Friedhofsbesucher mit vielen Ärgernissen verbunden war. 60 Jahre lang war Herbert Broichmann, anfangs noch als kleiner Junge mit den Eltern, später mit Ehefrau Isolde, am Heiligen Abend auf den Kreuzbergfriedhof gegangen, um die verstorbenen Familienangehörigen zu besuchen. Doch am 24. Dezember 2017 endete diese Tradition. Gegen 18.15 Uhr standen die Broichmanns mit einem kleinen Christbaum in der Hand vor verschlossenen Friedhofstoren. Als Begründung führte die Stadtverwaltung damals „städtische Verkehrssicherungspflicht“an, die vorsah, dass der Friedhof im Winter um 18 Uhr geschlossen werden müsse. Schnee und Eis in Kombination mit Dunkelheit seien zu gefährlich, da nach der Schließzeit nicht mehr geräumt werde – auch am Weihnachtsabend. „Es ist schlichtweg eine Haftungsfrage, dass an Heiligabend um 18 Uhr die Tore geschlossen werden“, teilte die Stadtverwaltung damals auf SZNachfrage mit.
Dafür hatten die Broichmanns wenig Verständnis. Schließlich sei auch in den vergangenen 60 Jahren nie etwas passiert – und es habe die Schließregelung auch nicht gegeben. An dieser Stelle gingen die Meinungen auseinander. Die Broichmanns verwiesen auf 60 Jahre Erfahrung. Vonseiten der Stadt hieß es, dass es in den vergangenen Jahren keine Änderungen der Öffnungszeiten gegeben habe. Allerdings seien die Öffnungsund damit auch Schließzeiten erst Mitte der 1990er-Jahre eingeführt worden. Seitdem sei der Friedhof an Heiligabend stets von 7 bis 18 Uhr geöffnet gewesen.
Allerdings konnte Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald, das Bedürfnis der Bürger nachvollziehen, an Heiligabend auch etwas später auf den Friedhof zu gehen. Daher stellte er schon im Januar in Aussicht, dass man sich um eine Sonderregelung bemühen wolle. Schließlich stand die Familie Broichmann – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht alleine da. Am Heiligen Abend 2016 war der Kreuzbergfriedhof auch schon um 18 Uhr geschlossen worden. Schon damals standen etwa 30 Bürger vor verschlossenen Toren. Erst als die anwesenden Bürger ihren Unmut äußerten, machte die von der Stadt mit der Schließung beauftragte Frau eine Ausnahme und öffnete nochmals die Tore.
Doch das sollte mit der neuen Regelung in Zukunft kein Problem mehr sein. Daher weiß Herbert Broichmann jetzt schon, was er am 24. Dezember 2018 machen wird. „Ich werde meinen verstorbenen Eltern nach der Kirche einen Besuch abstatten. Das ist mir einfach ein Bedürfnis.“