Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Caritas sucht Wohnraum für die Armen

Der Sozialarbe­iter Christian Mayer stellt die kirchliche Initiative „herein“vor

- Von Anton Wassermann Red.). (Name geändert, d.

WEINGARTEN - Über fehlenden Wohnraum in allen Preissegme­nten auch in Weingarten klagen nicht nur Sozialverb­ände, sondern auch Betriebe, die neue Mitarbeite­r einstellen wollen, und die Stadt, bei der sich die Anfragen häufen. Mit ihrer Initiative „herein“bemüht sich die Caritas, jenen zu helfen, die sich nur eine kleine Miete leisten können, weil sie auf staatliche Beihilfen angewiesen sind.

Wie die Caritas dabei vorgeht und welche Erfolge diese Initiative seit ihrem Start im Mai 2017 erzielt hat, erläuterte der Sozialarbe­iter Christian Mayer. Er leitet das Projekt im Bereich des katholisch­en Dekanats Allgäu-Oberschwab­en. Eingebette­t war der Informatio­nsabend in eine Veranstalt­ung der Volkshochs­chule Weingarten. Ihren Bildungsau­ftrag versteht sie auch darin, gesellscha­ftspolitis­ch brisante Themen nutzbringe­nd aufzugreif­en.

6000 Wohnungen pro Jahr

Eingangs stellte Mayer eine Studie zur Wohnraum-Situation in BadenWürtt­emberg vor, welche die Prognos AG im Auftrag der Architekte­nkammer erstellt hatte. Sie geht davon aus, dass jedes Jahr landesweit bis zu 6000 zusätzlich­e Wohneinhei­ten entstehen müssten, um den Bedarf zu decken. Mit einem Bevölkerun­gswachstum von jährlich sieben Prozent gehört Weingarten zu den Städten mit einem hohen Zuzug.

„Die Flüchtling­e fallen dabei kaum ins Gewicht“, betonte Mayer: „Die meisten Menschen kommen hierher, weil es viele attraktive Arbeitsplä­tze gibt.“Das habe die Mieten und die Baupreise so stark in die Höhe getrieben, dass ein ordentlich verdienend­er Facharbeit­er sich die angebotene­n Wohnungen kaum noch leisten könne. Deshalb sei die Caritas auch dem Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum beigetrete­n, das die Städte Ravensburg und Weingarten geschlosse­n haben. „Wir kümmern uns speziell um die Menschen, die auf das unterste Preissegme­nt angewiesen sind“, sagte Mayer.

Ein erster Schritt sei, ungenutzte­n Wohnraum neu zu erschließe­n und ihn in Zusammenar­beit mit der jeweiligen Kommune zu vermitteln. Auf Dekanatseb­ene habe er bisher 15 Wohnungen aufgetan, davon vier in Ravensburg und zwei in Weingarten. Gegenüber den Eigentümer­n tritt die Caritas, so Mayer weiter, als Mieter auf und lasse sich bei der jeweiligen Kommune Familien oder Einzelpers­onen vorschlage­n, die für die jeweilige Wohnung in Frage kommen.

Sicherheit für Vermieter

„Wir schauen uns die Bewerber genau an, um zu vermeiden, dass irgendwelc­he Mietnomade­n oder Messies die Wohnung verwüsten“, betonte der Sozialarbe­iter. Auch müsse kein Wohnungsei­gentümer Mietausfäl­le befürchten.

Wer eine solche Wohnung sucht, und Anspruch auf Sozialleis­tungen wie Wohngeld oder Bezüge nach Hartz IV erhält, kann sich aber nicht direkt an die Caritas wenden, sondern an das städtische Sozialamt. Diesen Rat gab Mayer auch der Rentnerin Sabine S.

Sie lebt derzeit allein in einer 90-Quadratmet­er-Wohnung, die ihr zu groß und zu teuer geworden ist, und möchte gern in eine kleinere und billigere Wohnung ziehen. „Ich stocke meine kleine Rente bereits mit einem Minijob auf. Aber es reicht trotzdem nicht“erzählte sie.

In einer Einzelbera­tung zeigte ihr Christian Mayer Möglichkei­ten auf, wie Sabine S. an die gewünschte billigere Wohnung kommen kann. Wenn die kirchliche Wohnraumin­itiative noch besser im öffentlich­en Bewusstsei­n verankert ist, dann hofft Mayer, deutlich mehr leer stehende Wohnungen vermitteln zu können.

Ein nächster Schritt wäre, solche Wohnungen in der Regie der Caritas zu renovieren. Als dritte Stufe des Projekts ist vorgesehen, in enger Partnersch­aft mit Kirchen, Investoren und Kommunen auch in den Bau von Sozialwohn­ungen einzusteig­en. Einen Zeitplan dafür gebe es allerdings noch nicht, erklärte Christian Mayer. Dass die Caritas das Wohnungspr­oblem nicht allein lösen kann, ist auch ihm bewusst: „Was wir tun, mag vielen nur als ein Tropfen auf den heißen Stein erscheinen. Aber in einem großen Verbund mit vielen Partnern können wir einiges bewirken“, ist sich der Caritas-Mitarbeite­r sicher.

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ARCHIVFOTO: VIN Mit einem Bevölkerun­gswachstum von jährlich sieben Prozent gehört Weingarten zu den Städten mit einem hohen Zuzug. Eine Wohnung zu finden, ist da schwierig.

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