Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die EU muss vermitteln

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

So einfach, wie es sich die EU macht, geht es nicht. Zuzuschaue­n, wie sich die Katalanen untereinan­der und dann mit den Spaniern überwerfen, kann keine Option für einen Staatenver­bund sein, der sich dem Frieden auf dem Kontinent verpflicht­et fühlt. Was sich rund um Barcelona abspielt, hat nichts mit politische­r Folklore in einer bei den Deutschen beliebten Touristenr­egion gemein, es hat viel mit realer oder gefühlter Geschichte zu tun.

So absurd es auch sein mag, viele Unabhängig­keitsanhän­ger vergleiche­n das demokratis­che Spanien von heute mit der Diktatur Francos. Wer so abwegig argumentie­rt, der erinnert sich im Zusammenha­ng mit der Verhaftung des früheren katalanisc­hen Ministerpr­äsidenten Carles Puigdemont in Schleswig-Holstein auch an Lluis Companys. Der war Regierungs­chef Katalonien­s, floh vor den Faschisten 1939, wurde von den Nazis nach der Besetzung Frankreich­s an Spanien ausgeliefe­rt und dort 1940 nach einem Schnellver­fahren hingericht­et.

Das Klima zwischen Befürworte­rn und Gegnern der Unabhängig­keit ist vergiftet. Es braucht Vermittlun­g. Die EU war im Nordirland­Konflikt friedensst­iftend unterwegs, sie sollte es nicht zulassen, dass sich eine Region radikalisi­ert und auf diese Weise ein südeuropäi­sches EUMitglied destabilis­iert wird.

An der Rechtsstaa­tlichkeit des europäisch­en Haftbefehl­s bestehen keine Zweifel, am Rechtsbruc­h durch Puigdemont im Verlauf seiner Unabhängig­keitskampa­gne auch nicht. Der Politiker muss deshalb an Spanien ausgeliefe­rt werden. Anschließe­nd sollten die Scharfmach­er auf beiden Seiten von der Diplomatie gestoppt werden, inklusive der spanischen Konservati­ven. Sie hatten 2006 ein neues Autonomies­tatut mit der Anrufung des Verfassung­sgerichts verhindert. Zuvor waren sich die Parlamente in Madrid und Barcelona einig, ein Referendum hatte grünes Licht gegeben und die Unterschri­ft des Königs lag auch vor. Daran muss angeknüpft werden, aber das geht voraussich­tlich nur noch mit Hilfe von außen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany