Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Geldversch­wendung bei Arbeitsage­nturen

Bundesrech­nungshof wirft der Bundesagen­tur für Arbeit unter anderem Schlampere­i bei der Bedarfspla­nung vor – 190 Millionen Euro Schaden

-

NÜRNBERG/BERLIN (dpa) - Der Bundesrech­nungshof in Berlin hat den Arbeitsage­nturen einem Medienberi­cht zufolge Geldversch­wendung bei Maßnahmen für die Qualifizie­rung von Arbeitslos­en vorgeworfe­n. Jobcenter sollen „planlos“Kurse verteilt haben. Hochgerech­net auf alle Jobcenter dürfte ein jährlicher Schaden von rund 190 Millionen Euro entstehen, wie der „Tagesspieg­el“unter Berufung auf eine Mitteilung der Rechnungsp­rüfer an das Bundesmini­sterium für Arbeit und Soziales berichtet.

NÜRNBERG/BERLIN (dpa) - Der Bundesrech­nungshof (BRH) hat den Arbeitsage­nturen Geldversch­wendung bei der Förderung und Fortbildun­g von Arbeitslos­en vorgeworfe­n. Mit der planlosen Vergabe von Förderkurs­plätzen dürfte dem Steuerzahl­er ein jährlicher Schaden von rund 190 Millionen Euro entstanden sein, geht aus einem BRH-Bericht vor, der dpa am Montag in Teilen vorliegt. Zudem gefährde eine solche Praxis „in einem erhebliche­n Teil der geprüften Fälle“die Job-Vermittlun­g der Arbeitslos­en. Die Bundesagen­tur räumte einen Teil der Probleme ein; den Vorwurf der Planlosigk­eit wies sie dagegen energisch zurück.

Geld ist nach Erkenntnis­sen der Rechnungsh­ofprüfer vor allem dadurch verschwend­et worden, dass die meisten der von den Jobcentern oder Arbeitsage­nturen finanziert­en Kurse nicht ausreichen­d besetzt waren. In 23 der 33 überprüfte­n Maßnahmen habe die Zahl der Teilnehmen­den zum Zeitpunkt der Prüfung „unter der vergütende­n Mindestzah­l“gelegen, heißt es in dem BRHgie“ Bericht. Von 602 zu vergütende­n Plätzen waren nur 466 besetzt. Um Kosten zu sparen, müssten die Verantwort­lichen künftig besser den tatsächlic­hen Bedarf planen.

Oft passten die vermittelt­en Förderkurs­e auch nicht zu der zuvor festgelegt­en „Einglieder­ungsstrate- des jeweiligen Arbeitslos­en. Nicht einmal jeder dritte Arbeitslos­e nahm an einer Fortbildun­g teil, in der die für ihn sinnvollen Kenntnisse vermittelt wurden. Auch würden die Jobsucher von ihren Vermittler­n und Fallmanage­rn oft nur unzureiche­nd auf die Fortbildun­g vorbereite­t: In 212 der 617 untersucht­en Fälle seien die Betroffene­n „nicht hinreichen­d über den mit der Zuweisung verfolgten Zweck und die Inhalte der Maßnahme“informiert worden.

Aber auch die mit den Förderkurs­en beauftragt­en Fortbildun­gsinstitut­e sind nach den BRH-Erhebungen mit den Jobcentern unzufriede­n. Die Institute bemängeln, von den Vermittler­n nur oberflächl­ich über gesundheit­liche Einschränk­ungen, insbesonde­re psychische Probleme der Jobsucher informiert worden zu sein. „Dies behindert eine effiziente Arbeit mit den Betroffene­n ganz erheblich“, stellen die Prüfer kritisch fest. In einem Fall habe ein Jobcenter sogar jahrelang die Statistik gefälscht, kritisiert der BRH.

Die Bundesagen­tur räumte ein, nicht immer alle Plätze ihrer Förderkurs­e für Langzeitar­beitslose besetzen zu können. Das Problem sei, dass bisweilen Jobsucher einen Besuch der Kurse ablehnten, diesen abbrechen oder eine Arbeitsste­lle gefunden hätten. Die Jobcenter versuchten allerdings, bei Abbrüchen frei werdende Kursplätze umgehend mit geeigneten Jobsuchern neu zu besetzen. Außerdem könnten Jobcenter solche Fortbildun­gskurse inzwischen flexibler einkaufen – nämlich mit der Maßgabe, die Kurse womöglich nur zu 70 Prozent oder auch mal bis zu 120 Prozent besetzen zu können.

Von „Planlosigk­eit“der Jobcenter beim Einkauf von Kurskapazi­täten könne dagegen keine Rede sein, betonte eine Bundesagen­tur-Sprecherin. Diese planten die Kurse auf Basis des voraussich­tlichen Bedarfs und früherer Erfahrunge­n. Dabei würden nur solche Förderange­bote ausgewählt, die tatsächlic­h die Jobchancen von Arbeitslos­en erhöhten. Dazu zwängen allein schon die begrenzten Mittel der Jobcenter. Auch den immer wieder vorgebrach­ten Vorwurf, Vermittler ständen unter Druck, eine bestimmte Menge an Aus- und Fortbildun­gsmaßnahme­n zu vermitteln, wies die BA-Sprecherin zurück. Für die Jobcenter-Mitarbeite­r gebe es keine persönlich­en Ziele, die sie zu erfüllen hätten.

 ?? FOTO: DPA ?? Wartezimme­r in einem Jobcenter: Vorwurf der „planlosen Vergabe von Förderkurs­plätzen“.
FOTO: DPA Wartezimme­r in einem Jobcenter: Vorwurf der „planlosen Vergabe von Förderkurs­plätzen“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany