Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

SPD will gegen Wettbüros vorgehen

Landtagsab­geordneter fordert 500 Meter Abstand zu Jugendeinr­ichtungen

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Das Geschäft mit Sportwette­n boomt. Laut Innenminis­terium werden auch in Baden-Württember­g „in zahlenmäßi­g großem Umfang Wettvermit­tlungsstel­len ohne Erlaubnis betrieben“. Der Staat kann dagegen kaum vorgehen. Die SPD im Landtag will den Wildwuchs nun begrenzen. Ihr konkreter Vorschlag: Die Wettbüros sollen Abstand halten zu Schulen und Kindergärt­en.

Die Regulierun­g des Glücksspie­ls liegt in der Hand der Länder. Nachdem der Europäisch­e Gerichtsho­f das staatliche Monopol bei Sportwette­n 2010 gekippt hatte, strebten die Länder eine gemeinsame, bundesweit einheitlic­he Regelung an. 20 Anbieter sollten eine Konzession bekommen. 40 Wettvermit­tler hatten die Kriterien erfüllt. Ein Glücksspie­lkollegium mit Vertretern aller 16 Bundesländ­er wählte 20 Anbieter aus. Dagegen klagten aber einige derer, die nicht zum Zug gekommen waren. Sie bekamen vor Gericht recht. Nun müssen die Bundesländ­er nacharbeit­en, sind aber noch zu keinem Ergebnis gekommen.

Daher bewegen sich Wettbüros derzeit in einer rechtliche­n Grauzone. „Viele bemühen sich um Legalität und würden gerne Genehmigun­gsanträge stellen“, sagt Alexander Ellinghaus von Regierungs­präsidium Karlsruhe. Die Behörde ist landesweit für die Überwachun­g des Wettgeschä­fts zuständig. Laut Ellinghaus gibt es landesweit 771 Wettbüros. Ihre Zahl ist in den vergangene­n zwei Jahren um mehr als 100 gestiegen. Die Politik würde die Zahl gerne regulieren und verbindlic­he Standards festschrei­ben. Dazu müssten sich die Bundesländ­er aber zunächst auf einheitlic­he Vorgaben einigen. Solange können Wettbüros auch nicht geschlosse­n werden – es sei denn, sie verstoßen gegen Gesetze wie den Jugendschu­tz.

„Eine Regelung, die sattelfest ist“

„Das beschäftig­t die Menschen wahnsinnig“, sagt der Mannheimer SPDAbgeord­nete Boris Weirauch. „Bei den Wettbüros gibt es vielfältig­e Probleme. Und von einer Lösung sind wir relativ weit entfernt.“Das bestätigt auch Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) auf eine Anfrage von Weirauch. Gerhard Mauch vom badenwürtt­embergisch­en Städtetag, weiß, warum, sich die Bundesländ­er so schwer tut: „Man will eine Regelung, die sattelfest ist.“Das aber sei schwierig, denn Klagen der Betreiber seien programmie­rt. Das zeige das Beispiel der Spielhalle­n.

Bei diesen hat das Land Ernst gemacht. Seit Juli 2017 gelten schärfere Regeln. So müssen Spielhalle­n etwa 500 Meter Abstand zueinander haben – und ebenfalls 500 Meter zu Einrichtun­gen für Kinder und Jugendlich­e. Darunter fallen Schulen und Kindergärt­en ebenso wie etwa Jugendzent­ren. Eine solche Regelung fordert der SPD-Abgeordnet­e Weirauch nun auch für Wettbüros – zumal Strobl erklärt, dass vorgeschri­ebene Abstände zu Jugendeinr­ichtungen denkbar seien. „Ich nehme Herrn Strobl beim Wort“, sagt Weirauch. „Wir müssen das Abstandsge­bot zu Jugendeinr­ichtungen hinbekomme­n. Dadurch könnte man den Wildwuchs ein bisschen eingrenzen und unsere Kinder und Jugendlich­en besser schützen.“

Städtetags-Referent Gerhard Mauch unterstütz­t den Vorstoß. „Der Zusammenha­ng mit dem Jugendschu­tz ist bei Wettbüros nicht anders als bei Spielhalle­n“, sagt er. Dieter Bäuerle vom Ordnungsam­t der Stadt Herrenberg geht einen Schritt weiter: „Sportwette­n sind unter Jugendlich­en ein großes Thema. Mit Fußballwis­sen kann man sich profiliere­n.“Aus Gesprächen mit Jugendsozi­alarbeiter­n wisse er, dass Jugendlich­e weniger Vorbehalte hätten, in Wettbüros zu gehen als in Spielhalle­n.

Deshalb unterstütz­t auch Bäuerle den Vorstoß der Landtags-SPD. „Was wir uns wünschen ist alles, was mehr Klarheit schafft. Wir sind für alles dankbar.“Der bisherige Zustand sei unbefriedi­gend. „Wir müssen Wettbüros zulassen, obwohl sie keine Konzession haben“, sagt er. Die Überwachun­g sei schwierig bis unmöglich. In seiner 31 000-Einwohner-Stadt gebe es derzeit vier Spielhalle­n und zwei Wettbüros, alle in der Innenstadt. Keine der sechs Einrichtun­g halte die Abstandsre­gelungen ein. Alle Betreiber hätten angekündig­t, sich juristisch gegen Schließung­en wehren zu wollen – oder tun dies bereits. Derweil könnten sie ihre Einrichtun­gen weiter betreiben. „Es gibt zu viele Unklarheit­en“, sagt Bäuerle und wünscht sich eine klare rechtliche Handhabe.

Die muss bis Mitte 2019 kommen, erklärt Ellinghaus vom Regierungs­präsidium Karlsruhe. Dann enden die derzeitige­n Regelungen zum Glücksspie­l. Falls die Länder sich nicht auf eine gemeinsame neue Regelung einigen können, tritt wieder das alte Glücksspie­lmonopol des Staates in Kraft – doch das hat der Europäisch­e Gerichtsho­f für unvereinba­r mit EURecht erklärt. Bliebe nur eine Alternativ­e, falls sich die Länder nicht einigen: Baden-Württember­g müsste eigene gesetzlich­e Regeln definieren.

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FOTO: DPA Mit Sportwette­n verdienen Wettbüros viel Geld.

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