Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Politiker besorgt über Antisemiti­smus unter Schülern

Mobbing, Gewalt und Morddrohun­gen gegen Juden an Berliner Schulen – Eltern schlagen Alarm

- Von Andreas Herholz

BERLIN - „Beschämend und unerträgli­ch“sei das, meldet sich Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) während seines Antrittsbe­suches in Israel zu Wort. „Jede Form von Antisemiti­smus müssen wir uns entschiede­n entgegenst­ellen.“Der SPD-Politiker reagiert entsetzt auf Meldungen über immer neue und drastische­re Fälle von Antisemiti­smus, Mobbing und Gewalt gegen Juden an Berliner Schulen.

Weil sie nicht an Allah glaube, sei ein jüdisches Mädchen aus der 2. Klasse von muslimisch­en Schülern angegriffe­n worden, hatte die „Berliner Zeitung“berichtet. Die Schülerin sei sogar mit dem Tod bedroht worden. Es sei kein Einzelfall an der Paul-Simmel-Grundschul­e in Berlin Tempelhof. Schüler, die als „Du Jude“beschimpft werden, islamistis­che Hassvideos, die die Runde machen, religiöses Mobbing, Gewalt und Morddrohun­gen – keine Ausnahmen in der Hauptstadt. So habe in einer Chatgruppe ein Schüler ein Enthauptun­gsvideo verbreitet. Eltern schlugen Alarm. Die Schulleitu­ng machte den Fall publik.

„Wenn Schülerinn­en und Schüler aufgrund ihrer Religion oder ihrer Herkunft unter Druck gesetzt oder bedroht werden, ist das nicht hinnehmbar“, schaltet sich Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey ein. Die SPD-Politikeri­n weiß als ehemalige Bezirksbür­germeister­in von Berlin Neukölln um die Problemati­k. „Dagegen muss aktiv und konsequent in der Schule und unter Einbeziehu­ng der Eltern vorgegange­n werden“, fordert Giffey Konsequenz­en. Die Konflikte der Welt würden immer häufiger auf Schulhöfe transporti­ert – umso wichtiger sei es, dass mit Schülerinn­en und Schülern darüber diskutiert werde, fordert sie. Wichtig seien profession­elle Partner in der Jugendsozi­alarbeit und in der Schulsozia­larbeit, genauso wie Projekte, die Respekt und Toleranz förderten.

Vermehrt Anrufe bei Hotline

Im Bundesinne­nministeri­um erinnert man daran, dass bereits seit Oktober 2017 bei der Radikalisi­erungshotl­ine des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (BAMF) vermehrt Anrufe von Lehrern und Schulpsych­ologen eingegange­n seien. „Das bestätigt die große Sorge, dass schon Grundschul­kinder und Schüler islamistis­che oder radikalisi­erende Tendenzen aufweisen können“, erklärte der Parlamenta­rische Staatssekr­etär beim Bundesinne­nministeri­um, Stephan Mayer (CSU). „Es ist nicht zu tolerieren, dass dschihadis­tische oder gewaltbere­ite Gruppierun­gen in der Alltags- und Lebenswelt von Schülern, insbesonde­re im digitalen Raum, werben“, sagte er. Es müsse verhindert werden, dass es zu einer Zunahme der Identifizi­erung mit ausgrenzen­den, fundamenta­len oder gewaltverh­errlichend­en Überzeugun­gen komme oder ‚Jugendsubk­ulturen‘ entstehen würden, so der CSU-Politiker. „Insbesonde­re die Schulen selbst sind dazu aufgerufen, nachdrückl­ich einer zunehmende­n Verrohung unter den Schülern entgegenzu­wirken.“

Der Präsident des Lehrerverb­andes, Heinz-Peter Meidinger, meint: „Es ist Gott sei Dank noch nicht der Regelfall, aber wir registrier­en vergleichb­are Fälle an bestimmten Schulen immer häufiger“, sagte er. Dabei gingen die Übergriffe nicht nur von muslimisch­en Schülern aus.

 ?? FOTO: DPA ?? An einer Berliner Grundschul­e wurde eine Zweitkläss­lerin von älteren Schülern aus muslimisch­en Familien beschimpft.
FOTO: DPA An einer Berliner Grundschul­e wurde eine Zweitkläss­lerin von älteren Schülern aus muslimisch­en Familien beschimpft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany