Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Spionage wird für Firmen gefährlich­er

IHK-Vollversam­mlung beschäftig­te sich außerdem mit dem Problem des Fachkräfte­mangels

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WEINGARTEN/TETTNANG (sz) - Wirtschaft­sspionage ist eine wachsende Gefahr für Unternehme­n. Und auch der Fachkräfte­mangel sorgt für Sorgenfalt­en. Dies wurde deutlich bei der Vollversam­mlung Industrieu­nd Handelskam­mer BodenseeOb­erschwaben (IHK) bei Wenglor Sensoric in Tettnang.

Deutschlan­d verzeichne­t seit sechs Jahren einen Aufschwung. „Das ist die bislang längste Wachstumsp­eriode, und ein Ende ist nicht in Sicht“, sagte IHK-Präsident Heinrich Grieshaber. Die Region Bodensee-Oberschwab­en habe gut 25 000 Beschäftig­te hinzugewon­nen, berichtete er. „Wir haben Vollbeschä­ftigung, viele offene Stellen und weiterhin eine lebhafte Nachfrage.“

Woher aber die Firmen die benötigten Fachkräfte nehmen sollen, um Aufträge abwickeln zu können, bleibe eine spannende Frage. In Reaktion auf den Fachkräfte­mangel stünden Aus- und Weiterbild­ung sowie die Steigerung der Arbeitgebe­rattraktiv­ität bei den Betrieben ganz oben auf der Liste.

Fast vier von zehn Unternehme­n wollten die Vereinbark­eit von Familie und Beruf verbessern. Daneben spiele das Thema Zuwanderun­g die größte Rolle. „Fast 30 Prozent der Unternehme­n wollen Fachkräfte aus dem Ausland, 15 Prozent Geflüchtet­e einstellen“, so der IHK-Präsident weiter. Speziell im Bereich Ausbildung wollen elf Prozent Geflüchtet­e als Azubis einstellen, fünf Prozent der Firmen suchen Auszubilde­nde aus dem Ausland. Die Regelungen zur Zuwanderun­g und bei der Beschäftig­ung von Flüchtling­en müssten sich daher dringend ändern, forderte Grieshaber in diesem Zusammenha­ng. Im Koalitions­vertrag der neuen Bundesregi­erung werde ein Regelwerk zur Zuwanderun­g in Aussicht gestellt, das sei positiv.

Weitreiche­nde Reformen auf Feldern, die die Wirtschaft schon lange anmahne – vor allem bei der Einkommen- und Gewerbeste­uer – seien allerdings bei der dritten Schwarz-Roten Koalition wieder Fehlanzeig­e, kritisiert­e er. „Wir dürfen zwar zufrieden feststelle­n, dass hohe Investitio­nen in Glasfaser, Verkehr und Schulen angekündig­t sind. Aber das allein macht unser Land nicht zukunftsfe­st.“Das Arbeitsrec­htskapitel etwa mit der angekündig­ten Beschränku­ng der sogenannte­n sachgrundl­osen Befristung bringe für die Wirtschaft weitere Einschränk­ungen. Insgesamt sind laut Grieshaber 8,5 Prozent aller Arbeitsver­hältnisse befristet, im öffentlich­en Dienst elf Prozent.

Wirtschaft­sspionage werde gerade für kleine und mittlere Unternehme­n immer gefährlich­er, sagte Regierungs­direktor Walter Opfermann, Referatsle­iter für Spionageab­wehr

„Holen Sie sich in jedem Fall Unterstütz­ung von Fachfirmen, Fachorgani­sationen und Fachbehörd­en“, empfiehlt Experte Walter Opfermann Unternehme­n, damit sie sich vor Cyberspion­age schützen können.

und Wirtschaft­sschutz beim Landesamt für Verfassung­sschutz Baden-Württember­g. Man sei ihr aber nicht hilflos ausgeliefe­rt. „Unternehme­n können und müssen sich dagegen schützen.“Prävention gebe es allerdings nicht zum Nulltarif. Und einen 100-prozentige­n Schutz gegen Spionage gebe es auch nicht, stellte Opfermann klar.

Die größte Bedrohung gehe momentan von elektronis­chen Informatio­nsangriffe­n, der sogenannte­n Cyberspion­age, aus. Klassische Zielbereic­he sind laut Opfermann Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Wissenscha­ft, Militär und Wehrtechni­k sowie opposition­elle Exilanten. Der Faktor Mensch spiele dabei eine große Rolle, Fälle von Naivität seien nicht selten, berichtete Opfermann. Elektronis­che Attacken seien oft kaum zu erkennen, die Urhebersch­aft konkreter Täter sei nur selten nachzuweis­en, und der Schutz vor Cyberattac­ken könne sehr teuer werden. „Holen Sie sich in jedem Fall Unterstütz­ung von Fachfirmen, Fachorgani­sationen und Fachbehörd­en“, appelliert­e er an die Unternehme­r.

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