Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Reise in unbekannte Gefilde

Die U21 spielt als erstes deutsches Team im Kosovo

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BRAUNSCHWE­IG (SID) - Stefan Kuntz weiß um die ungewöhnli­che Aufgabe. „Im Kosovo erwartet uns eine ganz besondere Atmosphäre“, sagte der Trainer der deutschen U21Nationa­lmannschaf­t vor dem Abflug in unbekannte Gefilde. Erstmals in der DFB-Geschichte gastiert am heutigen Dienstag (18.45 Uhr/Sky Sport News HD) eine deutsche Elf in dem jüngsten UEFA-Mitgliedsl­and. Gespielt wird nicht in der Hauptstadt Pristina, sondern in Mitrovica, einer geteilten Stadt – geteilt in den Köpfen, vor allem aber im Fußball.

Trainieren und spielen werden Jonathan Tah, Mahmoud Dahoud und Co. im Stadion Adem Jashari. Die Arena, benannt nach einem ehemaligen Kommandant­en der Befreiungs­armee UCK, liegt am Ufer des Flusses Ibar. Der Strom trennt die Stadt in zwei Welten: Nördlich des Ibar leben fast nur christlich-orthodoxe Serben, gezahlt wird mit serbischem Dinar. Im Süden, wo das Stadion steht, wohnen vor allem muslimisch­e Kosovaren.

Noch komplizier­ter wird es in Mitrovica, sobald es um Fußball geht. Als Folge der Spaltung gibt es in der 80 000-Einwohner-Stadt derzeit drei Vereine, die alle irgendwie miteinande­r verbandelt sind: KF Trepca, KF Trepca'89 und FK Trepca. Alle drei tragen Grün und Schwarz als Vereinsfar­ben, und alle drei berufen sich mit ihrem Namen auf die Trepca-Mine, die einst mehr als 20 000 Bergleuten Arbeit bot.

Die Lage ist verworren: KF Trepca spielt derzeit in der 2. Liga, in jenem viel zu großen Stadion, in dem die deutsche U21 um Punkte für die EMQualifik­ation kämpft. Jene Arena beanspruch­t auch der von Serben geführte Club FK Trepca für sich – der am serbischen Ligasystem teilnimmt, derzeit als Viertligis­t. Beide Clubs tragen ein nahezu identische­s Logo, beanspruch­en das Erbe jener Trepca-Mannschaft, die 1977 als erstes Team aus dem Kosovo in Jugoslawie­ns Topliga aufstieg. Damals spielten Serben, Bosnier, Kroaten und Kosovo-Albaner Seite an Seite.

KF Trepca’89 schließlic­h ist der jüngste Club des Trios – und der aktuell erfolgreic­hste. 2017 wurde der Verein sogar Meister und nahm als erste Mannschaft aus dem Kosovo an der Qualifikat­ion zur Champions League teil. Dort war nach zwei Niederlage­n gegen Vikingur Gota von den Färöern jedoch Endstation. Und dann wäre da noch die Sache mit dem Namen des Stadions. Für die Kosovo-Albaner ist Adem Jashari ein Held, für die Serben ein Terrorist. In der nicht-albanische­n Bevölkerun­g heißt die Arena daher weiterhin Trepca-Stadion. So wie früher.

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