Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kreistag diskutiert über „Kurzzeitpflege“
Räte stimmen spontan über weiteres Vorgehen in Sachen fehlende Pflegeplätze ab
KREIS RAVENSBURG - Bis zu 210 Langzeit-, 140 Kurzzeit- und 89 Tagespflegeplätze werden im Landkreis Ravensburg im Jahr 2025 fehlen. Das hat eine Analyse des Landratsamtes ergeben. Und das sei auch eines der drängendsten Themen im nun vorgestellten Seniorenkonzept, erklärte Sozialdezernentin Diana Raedler in der jüngsten Sitzung des Kreistags. 40 Handlungsempfehlungen für die kommenden Jahre listet das seniorenpolitische Konzept auf, unter anderem die Deckung des Bedarfs an Pflegeplätzen bis zum Jahr 2025.
Um das Defizit in der Kurzzeitpflege zu lösen, hat der Kreistag über dem Sozialausschuss den zusätzlichen Auftrag gegeben, sich nun intensiv mit Maßnahmen und der Finanzierung für weitere Kurzzeitpflegeplätze zu beschäftigen. Eben diese fehlenden Kurzzeitpflegeplätze beschäftigten die Kreisräte beim Thema Seniorenkonzept am meisten. „Vor Ort brennt es“, sagte Siegfried Scharpf (ÖDP). Sehr oft würden zum Beispiel Pflegebedürftige aus Krankenhäusern entlassen, die sich alleine nicht mehr versorgen könnten. Er forderte daher Sofortmaßnahmen für die Kurzzeitpflege im Landkreis. Sein Lösungsvorschlag: Zwei zusätzliche Einrichtungen für Kurzzeitpflege, die noch im Herbst 2018 auf den Weg gebracht werden sollten.
Scharpf stellte mit Ergänzungen von Rudolf Bindig (SPD) den Änderungsantrag, dass das Landratsamt sich dazu verpflichte, sich aufgrund des dringenden Bedarfs um mehr dezentrale Kurzzeitpflegeplätze im Landkreis zu kümmern. Dieser zusätzliche Antrag wurde mehrheitlich angenommen. „Die Verpflichtung verstehen wir so, dass es im Sozialausschuss nun eine Vorlage geben wird, um genauer zu beleuchten und zu entscheiden, was in Sachen Kurzzeitpflege zu tun ist“, erläuterte Landrat Harald Sievers das weitere Vorgehen des Landratsamtes nach der Abstimmung. Der Sozialausschuss werde auch beraten, wie die Kurzzeitpflege im Kreis finanziert werden könnte.
Weitere Themen: Mobilität und Solidarität
Zusätzlich sei noch wichtig, dass sich die Wertschätzung für die Pflegeberufe ändere, sagte Roland Schmidinger (FWV): „Ohne zusätzliches Geld, ohne mehr Anerkennung und wenn sich das politische Konzept nicht ändert, fahren wir die Pflege an die Wand.“Zwei Jahre lang hat das Landratsamt das Seniorenkonzept vorbereitet und mehrfach beraten. Die Themen, die in den kommenden Jahren am dringendsten bearbeitet werden müssen, sind neben den Pflegeplätzen auch die Mobilität in Form von Fahrdiensten und öffentlichen Verkehrsmitteln sowie das große Feld Solidarität und nachbarschaftliche Hilfe, stellte Sozialdezernentin Raedler weiter vor.
Der Prozess hin zum Seniorenkonzept sei sehr aufwendig gewesen, sagte Kreisrätin Gisela Müller (SPD): „Das ist jetzt eine gute Arbeitsgrundlage. Gut, dass es so breit angelegt ist.“Für sie sei es künftig besonders wichtig, dass die vielen pflegenden Familien und Angehörigen im Landkreis noch besser unterstützt werden und mehr Beratung angeboten bekommen. Eine weitere Lücke sehe sie noch im Bereich Mobilität, denn diese „schützt vor Vereinsamung“, so Müller. Das Angebot von öffentlichen Verkehrsmitteln dürfe sich nicht nur am Schülerverkehr orientieren.
Das Thema Übergangspflege will der Landkreis im Rahmen des Innovationsprogramms Pflege 2018 des Bundessozialministeriums angehen. Dafür hat der Landkreis sich mit einem Projekt beworben. Sollte dieses zum Zuge kommen, wird die finanzielle Unterstützung vom Bund laut Landratsamt in die genaue Analyse des Bestands und Bedarfs in der Übergangspflege fließen.