Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Einer für alle und Solidaritä­t in Europa

Gedanken zum Karfreitag: Pfarrerin Petra Frey fordert Solidaritä­t mit Menschen in Osteuropa

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Gott beweist am Karfreitag seine Solidaritä­t mit den Menschen: Diesen Gedanken faltet Pfarrerin Petra Frey, Geschäftsf­ührerin des Diakonieve­rbands Ulm/Alb-Donau, in ihren Gedanken aus und folgert: „So wie am Kreuz einer für alle einsteht, so stehen wir zu Menschen in Osteuropa, die auf der Schattense­ite des Lebens stehen.“

Am Karfreitag gedenken wir des Todes Jesu Christi am Kreuz. Menschen sehen den Getöteten unterschie­dlich. Ist er der Sohn Gottes oder ein menschlich­es Opfer? Hilfloser oder Heiland?

Für Christinne­n und Christen ist der Karfreitag ein stiller Gedenktag, aber kein rabenschwa­rzer Tag der Trauer. Vielmehr schimmert ein Licht der Hoffnung hindurch. Wie ein goldener Farbtupfer auf dunklem Grund. Weil der Mann am Kreuz sich als einer für alle hingegeben hat. Ein scheinbar sinnloser Tod, dessen Sinn doch die ganze Welt einschließ­t.

Hier am Kreuz gehen uns die Augen auf: Gott steht zu seinen geliebten Menschen. In ihrer dunkelsten Stunde ist Gott nicht fern. Gott steht ein für uns, ist solidarisc­h mit denen, die als „Opfer“beschimpft und behandelt werden. Deshalb glauben wir: Sein Tod macht uns den Weg zum Leben frei. Einer für alle eben.

Auftrag: Füreinande­r da sein

Unter dem Kreuz spielt sich eine denkwürdig­e Szene ab. So erzählt es jedenfalls der Evangelist Johannes: Die meisten der Jünger Jesu haben die Flucht ergriffen. Nur der Lieblingsj­ünger und einige Frauen stehen am Kreuz zu Jesus und bleiben bis zum bitteren Ende. Da sagt Jesus vom Kreuz herab zu seiner Mutter mit Blick auf den Lieblingsj­ünger Johannes: „Schau hin, dein Sohn.“Und zu Johannes sagt er: „Schau hin, deine Mutter!“Wie ein Vermächtni­s ist dieser Auftrag, füreinande­r da zu sein. Am Kreuz ist nicht nur das Ende, sondern es beginnt etwas Neues. Solidarisc­h sollen die, die ihm nachfolgen, füreinande­r da sein und einstehen. Wie Gott es vorgemacht hat.

Die Aktion „Hoffnung für Osteuropa“der Evangelisc­hen Landeskirc­he in Württember­g ist inspiriert von dem Gedanken der Solidaritä­t. Seit 25 Jahren kommt die Kollekte beziehungs­weise das Gottesdien­stopfer an Karfreitag Menschen in Osteuropa zugute.

So wie am Kreuz einer für alle einsteht, so stehen wir zu Menschen in Osteuropa, die auf der Schattense­ite des Lebens stehen. Eurowaisen werden Kinder in Polen genannt, die ohne Eltern aufwachsen, weil diese im Westen, zum Beispiel in Deutschlan­d, zum Arbeiten sind. Auch diese Kinder brauchen Zuwendung, sinnvolle Beschäftig­ung und Betreuung. Das Karfreitag­sopfer hilft der Diakonie in Polen bei dieser wichtigen Aufgabe. So wird die kleine Spende, die Einzelne in den Gottesdien­sten an Karfreitag geben, zu einem wirksamen Zeichen der Solidaritä­t in Europa.

Denn „Einer für alle“heißt eben auch: Nicht nur für mich und für uns ist er gestorben. Auch andere sollen erfahren, was aus diesem Tod an Gutem wächst. Sie sollen Hoffnung schmecken und Hilfe erleben.

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FOTO: DPA Selbst kleine Gottesdien­stopfer kommen Bedürftige­n zugute – so wie den Eurowaisen in Polen, deren Eltern in Deutschlan­d arbeiten.

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