Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Südwesten bleibt von Vogelgripp­e verschont

Experten mahnen Geflügelha­lter und Hobbyzücht­er dennoch weiter zu Vorsicht

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Vor einem Jahr hat im Südwesten die Vogelgripp­e gewütet. Diesen Winter scheinen die Bestände der Geflügelzü­chter in BadenWürtt­emberg von dem Virus verschont geblieben zu sein – wohl auch deshalb, weil die Tierhalter weiter sehr vorsichtig sind. Vollständi­g gebannt ist die Gefahr aber nicht, warnen Experten und verweisen auf Vorfälle in den Niederland­en und in Norddeutsc­hland. Die EU hat unterdesse­n ganz im Sinne des badenwürtt­embergisch­en Landwirtsc­haftsminis­teriums reagiert: Wenn Hühner wegen Vogelgripp­e im Stall bleiben müssen, können ihre Eier nun länger als Freilandpr­odukt verkauft werden.

Auf einer Geflügelfa­rm in den nördlichen Niederland­en ist Ende Februar die Vogelgripp­e des Typs H5N6 ausgebroch­en. Mehr als 36 000 Tiere wurden getötet. Das gleiche Virus ist vor einer Woche auf der Hallig Süderoog in SchleswigH­olstein nachgewies­en worden. 57 Hühner, Puten, Enten und Gänse mussten vorsorglic­h getötet werden. Die Vorfälle erinnern an vergangene­s Jahr. Wegen der Vogelgripp­e war Mitte November 2016 eine landesweit­e Stallpflic­ht für Geflügel verhängt worden. Ab Mitte März galt die Regelung dann nur noch punktuell, unter anderem für die Ufergebiet­e des Bodensees und für die Donau im Stadtgebie­t Ulm. 300 Wildvögel waren bis dahin positiv auf den Virustyp H5N8 getestet worden, Nutzgeflüg­el war aber nicht betroffen. Im April lief die Stallpflic­ht aus.

Ausbruch unwahrsche­inlich

Trotz der Vorfälle andernorts gibt Wolfgang Fiedler vom Max-PlanckInst­itut für Ornitholog­ie in Radolfzell vorsichtig Entwarnung zum Ende der kalten Jahreszeit. Der gefährlich­e Erregertyp sei bisher im Land noch nicht nachgewies­en worden. Die Wahrschein­lichkeit, dass dies noch passiere, sei inzwischen klein. „Jetzt stellen sich nicht mehr bei jeder toten Ente am Bodensee die Nackenhaar­e auf“, sagt der Vogelkundl­er, „im Oktober tun sie das schon.“

Die Ruhe in den baden-württember­gischen Ställen führt Fiedler auch darauf zurück, dass die Tierhalter vorsichtig sind. „Was gut lief in Baden-Württember­g ist, dass man sich im Frühsommer zusammenge­setzt und in Ruhe Maßnahmen zur Biosicherh­eit besprochen hat.“

Darauf verweist auch Gerhard Kuhn, Tierseuche­nreferent im Stuttgarte­r Landwirtsc­haftsminis­terium. Das Haus von Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) habe große Betriebe überprüft und Verbesseru­ngsvorschl­äge gemacht. Wichtig sei etwa, dass keine Wildvögel durch Lüftungssc­hächte in die Ställe gelangen. Auch sollten die Tierhalter das Einstreu für die Ställe so lagern, dass es durch den Kot von Wildvögeln nicht verunreini­gt werden kann. Zudem werden wild lebende Vogelpopul­ationen wie die Graugänse in Stuttgart dauerhaft beobachtet. Tote Vögel würden auch weiterhin untersucht, etwa im Staatliche­n Tierärztli­chen Untersuchu­ngsamt in Aulendorf. „Das ist für uns ein wichtiges Frühwarnsy­stem, um frühzeitig reagieren zu können“, sagt Kuhn.

Klaus-Peter Linn, Geschäftsf­ührer des Geflügelwi­rtschaftsv­erbands Baden-Württember­g, lobt die Geflügelha­lter für ihre Umsicht. Er mahnt Hobbyhalte­r wie Rassezücht­er, sich an die Regeln für Biosicherh­eit zu halten. „Bitte nicht draußen einfach das Futter hinschütte­n und somit Wildvögel anlocken“, sagt er.

EU regelt bei Freilandei­ern nach

Falls es wieder zu einer Stallpflic­ht wie im vergangene­n Jahr kommt, dürfen Eier künftig länger als Freilandei­er verkauft werden. Bisher ist dies zwölf Wochen lang erlaubt, wenn die Hühner in den Stall müssen. Der niedersäch­sische Agrarminis­ter Christian Meyer (Grüne) hatte im Frühjahr 2017 seinem Amtskolleg­en Hauk aus dem Südwesten „Trickserei“vorgeworfe­n. Der hatte die Stallpflic­ht nach Ablauf der zwölf Wochen für einen Tag ausgesetzt und dann wieder angeordnet. Die Zwölf-Wochen-Frist begann erneut. „Der Streit war überflüssi­g wie ein Kropf“, sagt Linn vom Geflügelwi­rtschaftsv­erbands. Mittlerwei­le hat die EU nachgelegt und die Frist auf 16 Wochen hochgesetz­t.

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FOTO: DPA Tierhalter in Baden-Württember­g seien sehr vorsichtig gewesen, lobt der Geflügelwi­rtschaftsv­erband.

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