Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Autoritärer
Mit jungenhaftem Grinsen, aber harter Hand führt Abdel Fattah al-Sisi Ägypten. Wenn der fromme Präsident durch das Land tourt, gibt er sich volksnah und spricht arabisch im ägyptischen Dialekt.
Und das wird er wohl auch weiterhin tun können. Zwischen Montag und Mittwoch waren die Ägypter aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt zu bestimmen. Es sieht bislang alles danach aus, dass al-Sisi an der Spitze bleibt. Am 2. April soll das endgültige Wahlergebnis bekannt gegeben werden.
Seinen Vorgänger, den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi, stürzte al-Sisi, damals Chef der mächtigen Armee, 2013 in einem blutigen Putsch. Bei dem schlimmsten Massaker der jüngeren ägyptischen Geschichte starben mehr als 800 Mursi-Anhänger. Ein Jahr später wurde al-Sisi zum Staatsoberhaupt gewählt. Seitdem greift der Ex-Feldmarschall immer stärker gegen alles durch, was die Stabilität am Nil und seine eigene Macht gefährden könnte. Menschenrechtlern zufolge sitzen Zehntausende Oppositionelle teilweise ohne Prozess im Gefängnis. Die Zivilgesellschaft wird systematisch erstickt, während die Presse weitgehend gelenkt ist. Islamistische Muslimbrüder werden verfolgt, genauso wie Kritiker oder Homosexuelle.
Al-Sisi war 2014 als Hoffnungsträger gestartet. Doch schmerzhafte, aber notwendige wirtschaftliche Reformen schadeten seiner Beliebtheit etwas. Steigende Preise verärgern viele im bevölkerungsreichsten Land der arabischen Welt. Auf internationaler Bühne ist al-Sisi ein etablierter Staatsmann. Auch deshalb, weil der Westen im Kampf gegen den Terrorismus und bei der Bekämpfung von Fluchtursachen auf ihn baut. (dpa)