Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Russland und seine seelenvolle Literatur in sechs Etappen
Die Veranstaltungsreihe „neu aufgeblättert“führt zu Meisterwerken des 20. Jahrhunderts
RAVENSBURG - Kenner und Botschafter der russischen Literatur führen bei sechs Veranstaltungen in unbekannte Abgründe und neue Gefühlswelten. Beginn ist am Dienstag, 10. April, um 19.30 Uhr im Kornhaus: Dann taucht man mit Leo Tolstois „Anna Karenina“in die russische Gesellschaft ein. Am 20. November lässt ein Abend mit Text und Lied die Reihe ausklingen. Ein Programmflyer liegt aus.
Die Veranstalter von Stadtbücherei, Kulturamt und Anna Rahm mit Büchern unterwegs haben das Thema erneut vom Bodenseefestival aufgegriffen: nach „Amerika“im Vorjahr, jetzt „Russland“. Immer dienstags kann man mit Figuren wie Anna Karenina oder den Helden in Tschechows Erzählungen hoffen, leiden und sich fragen: „Was sollen wir tun?“Veranstaltungsort ist außer im Mai das Kornhaus Ravensburg, Beginn um 19.30 Uhr.
Der Streifzug beginnt mit einem Roman der Weltliteratur. Die leidenschaftliche Literaturvermittlerin Karla Hielscher stellt am 10. April „Anna Karenina“von Leo Tolstoi vor. „Das macht sie wunderbar“, versichert Buchhändlerin Anna Rahm beim Pressegespräch. Das Seelendrama um die Ehebrecherin und Liebende berührt seit seinem Erscheinen 1878 mit enormer erzählerischer Kraft Leser und Kinogänger.
Büchereileiterin freut sich über die Lyrik im Programm
„Wir sind glücklich, auch Lyrik im Programm zu haben“, hebt Büchereileiterin Berthilde Scherer hervor. Unter dem Titel „Mit dem Strohhalm trinkst du meine Seele“stellt Ralph Dutli am 8. Mai um 20 Uhr in der Zehntscheuer bedeutende Texte der russischen Lyrik vor. Im Laufe der Jahre hat der Übersetzer und Lyriker sie ins Deutsche übertragen. Neben Ossip Mandelstam, Marina Zwetajewa und Joseph Brodsky sind dies auch Gedichte von Anna Achmatowa und anderen. Diese Veranstaltung ist Teil des Bodenseefestivals. Scherer verweist außerdem auf den Vortrag vom 23. Oktober um 19.30 Uhr mit Kurator Thomas Schmidt, der über „Rilke und Russland“spricht. Zweimal war Rainer Maria Rilke in Russland. In seinem Todesjahr 1926 wechselte er intime Briefe mit der Dichterin Marina Zwetajewa.
Dem Roman „Die Baugrube“von Andrej Platonow (1899-1951) widmet sich am 5. Juni Übersetzerin Gabriele Leupold. „Das Werk zeigt, wie das Leben der Hauptfigur aus den Fugen geht“, erklärt Kulturamtsleiter Franz Schwarzbauer. Der Schriftsteller Platonow scheiterte, weil die sowjetische Zensur die Systemkritik seiner Romane durchschaute. Mit dem Roman „Väter und Söhne“von Iwan Turgenjew (1818-1883) gilt es am 25. September eine Neuübersetzung und den 200. Geburtstag des Autors zu feiern. Übersetzerin Ganna-Maria Braungardt stellt den Vertreter des russischen Realismus vor. Der 1861 erschienene Roman beschreibt gewaltige Umbrüche, Generationenkonflikte und Reformideen.
Zwei Schwestern, die Verlegerin Friederike Jacob und die Sängerin Pauline Jacob, führen am 20. November in Text und Lied durch den Abend. Der Erzähler und Dramatiker Anton Tschechow (1860-1904) fordert: „unbedingt muss Liebe vorkommen“.