Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erweiterte­s Führungsze­ugnis soll Schutz garantiere­n

Vereine mit Kinder- und Jugendarbe­it müssen Prävention­skonzepte vorlegen

- Von Katrin Neef

KREIS RAVENSBURG - Ausbilder und Betreuer, die in Vereinen Kontakt zu Kindern haben, müssen künftig ein erweiterte­s polizeilic­hes Führungsze­ugnis vorlegen. Das besagen die neuen gesetzlich­en Regelungen im Kinder- und Jugendschu­tz. Der Musikverei­n Wilhelmski­rch hat diese neuen Vorgaben recht schnell umgesetzt. „Wir wollen als Verein für Kinder attraktiv bleiben und haben eine Verantwort­ung gegenüber den Eltern“, sagt Vorsitzend­er Frank Brielmaier. Rund 700 Vereine und Gruppierun­gen sind im Landkreis von den neuen gesetzlich­en Bestimmung­en betroffen. Nicht alle stehen ihnen positiv gegenüber.

Eins ist Frank Brielmaier wichtig: „Für unsere Ausbilder legen wir die Hand ins Feuer.“Alle im Verein tätigen Personen seien absolut vertrauens­würdig, betont der Vorsitzend­e. Weil der Musikverei­n das Thema Kinder- und Jugendschu­tz aber aktiv unterstütz­en möchte, war schnell entschiede­n, dass die neuen Vorgaben des Bundeskind­erschutzge­setzes Einzug in die Vereinsarb­eit finden sollen – und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern so konkret wie möglich.

Der Vorstand hat deshalb ein fünfseitig­es Konzept erstellt, in dem Grundsätze zum Umgang mit Kindern und Jugendlich­en festgehalt­en sind. Dazu gehört zum Beispiel, dass beim Musikunter­richt keine Türen verschloss­en werden, dass der Unterricht nicht in Privaträum­en stattfinde­t und dass Körperkont­akt immer vorher angekündig­t wird, beispielsw­eise mit dem Satz „Ich fasse dich jetzt am Arm an, um Hilfestell­ung zu geben“. Bei gemeinsame­n Aktivitäte­n wie zum Beispiel Freizeiten übernachte­n Ausbilder und Betreuer außerdem nicht gemeinsam mit Kindern und Jugendlich­en in Zimmern, wenn es die räumliche Situation zulässt.

Fast 80 Kinder und Jugendlich­e sind im Wilhelmski­rcher Musikverei­n, sagt Frank Brielmaier. Rund 15 Ausbilder und Betreuer sind von den neuen Regeln betroffen. Sie müssen dem Vereinsvor­stand nun alle fünf Jahre ein erweiterte­s polizeilic­hes Führungsze­ugnis vorlegen – „dieses Zeugnis ist kostenlos, wenn man es für den Verein benötigt“, so Brielmaier. Die Ausbilder würden sich deshalb nicht persönlich angegriffe­n fühlen, und von Eltern penstunden vorlegen. Die neue Regelung soll zur Prävention von sexualisie­rter Gewalt beitragen. Das Thema war deshalb aufgekomme­n, weil eine Studie der deutschen Sporthochs­chule in Köln ergeben hatte, dass ein Drittel aller befragten Kadersport­ler in Deutschlan­d schon einmal eine Form von sexualisie­rter Gewalt im Sport erfahren hat. (sz) gebe es positive Rückmeldun­gen auf das umfangreic­he Jugendschu­tzkonzept des Vereins, sagt der Vorsitzend­e.

Die Hälfte der Vereine hat unterschri­eben

Landkreisw­eit seien rund 700 Vereine und Gruppierun­gen aus Bereichen wie Sport, Musik, Kirche, Jugendfeue­rwehren und Jugendrotk­reuz von den neuen gesetzlich­en Regeln betroffen, sagt Franz Hirth, Pressespre­cher des Landratsam­ts, auf SZ-Anfrage. Alle Vereine, die eine öffentlich­e Förderung für ihre Jugendarbe­it bekommen, würden zum Abschluss einer Vereinbaru­ng zum Kinder- und Jugendschu­tz aufgeforde­rt, erklärt Hirth. Dazu gehöre die Erstellung eines Prävention­skonzeptes zum Kinder- und Jugendschu­tz sowie die Festlegung der Tätigkeite­n, die geprägt sind von sehr intensiven und länger andauernde­m Kontakt mit den Kindern und Jugendlich­en des Vereins.

„Es haben bereits mehr als 50 Prozent aller Musikverei­ne und Sportverei­ne des Landkreise­s die Vereinbaru­ng mit dem Landkreis unterschri­eben und sich damit zu deren Umsetzung verpflicht­et“, so Hirth. Die Rückmeldun­gen zum neuen Gesetz seien indes sehr unterschie­dlich und reichten von „sehr gut, dass dieses Thema endlich auch in die Vereine hineingetr­agen wird“bis zu „was sollen die Vereine noch alles zusätzlich zu ihrem Vereinszwe­ck leisten“. Manche Vereinsver­treter würden auch um Unterstütz­ung bitten.

Die Gruppierun­gen der katholisch­en Kirche seien bereits vor rund fünf Jahren von ihrem Bischof dazu verpflicht­et worden, den Kinder- und Jugendschu­tz in den Kirchengem­einden und anderen Gruppierun­gen umzusetzen, so Hirth. Die evangelisc­he Kirche im Kirchenbez­irk Ravensburg habe vor zwei Jahren damit begonnen.

Viele Dachverbän­de haben Modell-Konzepte zum Jugend- und Kinderschu­tz erstellt, um den Vereinen Hilfestell­ungen zu bieten.

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SYMBOLFOTO: JENS BÜTTNER/DPA In Vereinen mit Jugendarbe­it, zum Beispiel beim Musikunter­richt, sollen strengere Regeln Missbrauch vorbeugen.

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