Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Erweitertes Führungszeugnis soll Schutz garantieren
Vereine mit Kinder- und Jugendarbeit müssen Präventionskonzepte vorlegen
KREIS RAVENSBURG - Ausbilder und Betreuer, die in Vereinen Kontakt zu Kindern haben, müssen künftig ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Das besagen die neuen gesetzlichen Regelungen im Kinder- und Jugendschutz. Der Musikverein Wilhelmskirch hat diese neuen Vorgaben recht schnell umgesetzt. „Wir wollen als Verein für Kinder attraktiv bleiben und haben eine Verantwortung gegenüber den Eltern“, sagt Vorsitzender Frank Brielmaier. Rund 700 Vereine und Gruppierungen sind im Landkreis von den neuen gesetzlichen Bestimmungen betroffen. Nicht alle stehen ihnen positiv gegenüber.
Eins ist Frank Brielmaier wichtig: „Für unsere Ausbilder legen wir die Hand ins Feuer.“Alle im Verein tätigen Personen seien absolut vertrauenswürdig, betont der Vorsitzende. Weil der Musikverein das Thema Kinder- und Jugendschutz aber aktiv unterstützen möchte, war schnell entschieden, dass die neuen Vorgaben des Bundeskinderschutzgesetzes Einzug in die Vereinsarbeit finden sollen – und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern so konkret wie möglich.
Der Vorstand hat deshalb ein fünfseitiges Konzept erstellt, in dem Grundsätze zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen festgehalten sind. Dazu gehört zum Beispiel, dass beim Musikunterricht keine Türen verschlossen werden, dass der Unterricht nicht in Privaträumen stattfindet und dass Körperkontakt immer vorher angekündigt wird, beispielsweise mit dem Satz „Ich fasse dich jetzt am Arm an, um Hilfestellung zu geben“. Bei gemeinsamen Aktivitäten wie zum Beispiel Freizeiten übernachten Ausbilder und Betreuer außerdem nicht gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen in Zimmern, wenn es die räumliche Situation zulässt.
Fast 80 Kinder und Jugendliche sind im Wilhelmskircher Musikverein, sagt Frank Brielmaier. Rund 15 Ausbilder und Betreuer sind von den neuen Regeln betroffen. Sie müssen dem Vereinsvorstand nun alle fünf Jahre ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen – „dieses Zeugnis ist kostenlos, wenn man es für den Verein benötigt“, so Brielmaier. Die Ausbilder würden sich deshalb nicht persönlich angegriffen fühlen, und von Eltern penstunden vorlegen. Die neue Regelung soll zur Prävention von sexualisierter Gewalt beitragen. Das Thema war deshalb aufgekommen, weil eine Studie der deutschen Sporthochschule in Köln ergeben hatte, dass ein Drittel aller befragten Kadersportler in Deutschland schon einmal eine Form von sexualisierter Gewalt im Sport erfahren hat. (sz) gebe es positive Rückmeldungen auf das umfangreiche Jugendschutzkonzept des Vereins, sagt der Vorsitzende.
Die Hälfte der Vereine hat unterschrieben
Landkreisweit seien rund 700 Vereine und Gruppierungen aus Bereichen wie Sport, Musik, Kirche, Jugendfeuerwehren und Jugendrotkreuz von den neuen gesetzlichen Regeln betroffen, sagt Franz Hirth, Pressesprecher des Landratsamts, auf SZ-Anfrage. Alle Vereine, die eine öffentliche Förderung für ihre Jugendarbeit bekommen, würden zum Abschluss einer Vereinbarung zum Kinder- und Jugendschutz aufgefordert, erklärt Hirth. Dazu gehöre die Erstellung eines Präventionskonzeptes zum Kinder- und Jugendschutz sowie die Festlegung der Tätigkeiten, die geprägt sind von sehr intensiven und länger andauerndem Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen des Vereins.
„Es haben bereits mehr als 50 Prozent aller Musikvereine und Sportvereine des Landkreises die Vereinbarung mit dem Landkreis unterschrieben und sich damit zu deren Umsetzung verpflichtet“, so Hirth. Die Rückmeldungen zum neuen Gesetz seien indes sehr unterschiedlich und reichten von „sehr gut, dass dieses Thema endlich auch in die Vereine hineingetragen wird“bis zu „was sollen die Vereine noch alles zusätzlich zu ihrem Vereinszweck leisten“. Manche Vereinsvertreter würden auch um Unterstützung bitten.
Die Gruppierungen der katholischen Kirche seien bereits vor rund fünf Jahren von ihrem Bischof dazu verpflichtet worden, den Kinder- und Jugendschutz in den Kirchengemeinden und anderen Gruppierungen umzusetzen, so Hirth. Die evangelische Kirche im Kirchenbezirk Ravensburg habe vor zwei Jahren damit begonnen.
Viele Dachverbände haben Modell-Konzepte zum Jugend- und Kinderschutz erstellt, um den Vereinen Hilfestellungen zu bieten.