Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Weltraumla­bor stürzt ab

Forscher sehen kaum Gefahr durch Trümmer

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DARMSTADT (dpa) - Teile des ersten chinesisch­en Raumlabors „Tiangong 1“stürzen voraussich­tlich frühestens am Karsamstag und spätestens am Ostermonta­g auf die Erde. Das berichtete die Europäisch­e Raumfahrta­gentur Esa in Darmstadt. Deutschlan­d werde nicht betroffen sein, sagte Esa-Experte Holger Krag.

Der Wiedereint­ritt von „Tiangong 1“sei nicht mit einem Meteoriten­einschlag vergleichb­ar, betonte Krag. Die Trümmer fielen ab 30 Kilometern Höhe mit normaler Fallgeschw­indigkeit. Daher werde es keine Krater geben. Das Gebiet, über dem die Trümmer des 8,5 Tonnen schweren und zwölf Meter langen Raumlabors eintreten können, ist riesig. Krag spricht von einem erdumspann­enden Gürtel von 43 Grad südlich bis 43 Grad nördlich des Äquators. Damit kann es alle Kontinente – bis auf die Antarktis – und alle Ozeane treffen. Auf dem 43. Grad nördlicher Breite liegt etwa die südfranzös­ische Stadt Marseille. Deutschlan­d, die Schweiz und Österreich liegen nördlicher als das Gebiet.

Der größte Teil verglüht

Weil die mögliche Absturzreg­ion viel Wasser und Wüsten umfasst, sei es fraglich, ob sich nach dem Absturz überhaupt Teile von „Tiangong 1“– übersetzt „Himmelspal­ast“– finden ließen. „Es fällt auch nicht alles auf einen Fleck, sondern verteilt sich über eine Schleppe von 1000 bis 1200 Kilometern“, sagte Krag. „Die Wahrschein­lichkeit für ein Individuum von einem Trümmertei­l verletzt zu werden, ist so hoch wie die Möglichkei­t von einem Blitz zweimal in einem Jahr getroffen zu werden.“

Etwa 1,5 bis 3,5 Tonnen von „Tiangong 1“würden voraussich­tlich den Eintritt in die Atmosphäre überstehen, sagte Krag. Wenn die Raumstatio­n in ihrer Umlaufbahn auf etwa 100 Kilometer Höhe sinke, werde sie aufgrund der Dichte der Erdatmosph­äre innerhalb kurzer Zeit abgebremst. Das Objekt zerfällt und in der entstehend­en Reibungshi­tze verglüht der größte Teil, nur Elemente aus Titan und Edelstahl normalerwe­ise nicht.

Allzu ungewöhnli­ch ist das nicht: „70 bis 80 Tonnen Raumfahrts­chrott kommen durchschni­ttlich in einem ganzen Jahr unkontroll­iert runter“, sagt Krag.

China hatte „Tiangong 1“im September 2011 ins All geschossen, wo das Raumlabor über die Jahre sechs Kopplungsm­anöver mit chinesisch­en Raumschiff­en der „Shenzhou“-Reihe absolviert­e. An Bord waren auch die beiden ersten chinesisch­en Astronauti­nnen. Das Labor war nach offizielle­n Angaben zweieinhal­b Jahre länger im Einsatz als geplant. Seit 2016 besteht kein Kontakt mehr. Als Ersatz schoss China im gleichen Jahr ein neues Raumlabor ins All. In „Tiangong 2“können zwei Astronaute­n länger als im Vorgängerm­odell leben. Auch hat „Tiangong 2“eine höhere Ladekapazi­tät und lässt sich erstmals auftanken.

Mit seinen Raumlabore­n will China Erfahrunge­n für den Bau seiner ersten eigenen Raumstatio­n sammeln, die um das Jahr 2022 fertig werden soll. Die zweitgrößt­e Wirtschaft­smacht der Erde verfolgt ein ambitionie­rtes Raumfahrtp­rogramm, das auch den Mond und den Mars im Auge hat.

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FOTO: DPA Grafische Darstellun­g von „Tiangong 1“: Teile des ersten chinesisch­en Raumlabors stürzen auf die Erde.

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