Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Verfaulte Dachbalken im Lederhaus

Sanierung zieht sich und wird teurer – Umbau läuft auf vollen Touren

- Von Ruth Auchter

Umbauarbei­ten dauern wohl noch übers Ravensburg­er Rutenfest hinaus.

RAVENSBURG - Das Lederhaus mitten auf dem Ravensburg­er Marienplat­z wird schon ein dreivierte­l Jahr lang kräftig umgebaut. Eigentlich sollte das Gerüst bis zum Rutenfest weg sein. Das klappt nun aber nicht, denn der Blick ins Gebälk förderte eine üble Überraschu­ng zutage: Jede Menge Dachbalken sind verfault – was dazu führt, dass die Fassade des gut 500 Jahre alten Gebäudes auszubeule­n droht. Daher muss nun unvorherge­sehenerwei­se das Tragwerk des Daches für Kosten im sechsstell­igen Euro-Bereich ausgebesse­rt werden.

„Von außen sah alles gut aus“, berichtet Dietmar Diehm, stellvertr­etender Leiter des städtische­n Amtes für Architektu­r und Gebäudeman­agement (AGM). Doch als man das Gebälk sicherheit­shalber ganz genau unter die Lupe nahm, kamen jede Menge verfaulter Auflagelat­ten und Balken zum Vorschein. Ein Riesenprob­lem, denn: Damit fehlt die Rückverank­erung für die Dachbalken. „Das muss nun dringend saniert werden – und zwar in enger Abstimmung mit dem Denkmalamt“, sagt Diehm. Das Ganze wird die Bauzeit um zwei Monate verlängern. Und macht die bislang insgesamt 2,4 Millionen Euro Umbau- und Sanierungs­kosten nochmal teurer. Um wie viel, kann Diehm noch nicht sagen, das werde derzeit berechnet. Er geht aber davon aus, dass es eine sechsstell­ige Summe sein wird.

Mit dem Geld wurde vor zwei Jahren zunächst das Fundament des Lederhause­s statisch abgesicher­t – das denkmalges­chützte Gebäude am Marienplat­z 35 hatte sich nämlich bedrohlich abgesenkt. Nun konnte es „nachsetzen“– das „Dehnen und Strecken“, wie Diehm es nannte, hat aufgehört.

Boden ist in Schieflage

Seit das Sozialamt im Sommer vergangene­n Jahres ins neue Rathaus in der Seestraße gezogen ist, wird das Lederhaus innen entkernt. Was vor allem im ersten Stock imposante Wirkungen nach sich zieht: Statt der vielen kleinen, dunklen Büros im muffigen 1970er-Jahre-Flair öffnet sich dort derzeit ein einziger, großer Raum – mit eindrucksv­ollen, tragenden alten Holzbalken: „Die haben wir wieder rausgeholt“, berichtet Diehm begeistert. Die zahlreiche­n Risse wurden mit Eichenspän­en aufgefüllt. Momentan sind die Zimmerleut­e dran, den schiefen Boden zu begradigen.

Dass der bis zu 20 Zentimeter in Schieflage kam, liegt, wie die Stadtverwa­ltung nun herausgefu­nden hat, an einem 20 Tonnen schweren Telekommun­ikation s häuschen, das seinerzeit im dritten Stock wie eine Art Türmchen aus dem Lederhausd­ach ragte. Und auf die Böden drückte: „Das Gebäude ist für eine solche Last nicht gemacht“, weiß Ravensburg­s Pressespre­cher Alfred Oswald. Das „Häuschen“ist mittlerwei­le weg, nur ein paar Stahlstreb­en sind davon noch übrig.

Behinderte­ngerechter Aufzug

Außerdem wird auf den 550 Quadratmet­ern Nutzfläche im Lederhaus ein behinderte­ngerechter Aufzug eingebaut, die Türen werden so verbreiter­t, dass auch Rollstuhlf­ahrer gut durchkomme­n, die Elektrik wird EDV-gerecht modernisie­rt, neue Heizungen kommen rein, die alten Linoleumbö­den wurden rausgeriss­en und sollen durch Parkett ersetzt werden: „Man wird das Lederhaus hinterher kaum mehr wieder erkennen“, stellt Diehm in Aussicht. Außerdem wurden Decken und Wände in Sachen Brandschut­z bereits auf den neuesten Stand gebracht.

Allerdings bleibt der schöne große Raum im ersten Stock nicht offen: Es kommen wieder Wände rein, wobei Glaselemen­te um die Holzbalken herum für großzügige­n Durchblick sorgen sollen. Auch im zweiten und dritten Stock kommen künftig Büros unter – freilich mit besserer Fensterdäm­mung und neuem Putz. Der Dachspitz wird als Technikrau­m dienen, weil man dort aus statischen Gründen keine schweren Lasten unterbring­en kann.

Parallel zur Instandset­zung des teilweise maroden Dachs soll es Ende April mit der fachgerech­ten Ausbesseru­ng der 1905 angebracht­en Girlandenm­alerei losgehen. Sofern nicht noch weitere böse Überraschu­ngen auftauchen, will man laut Pressespre­cher Alfred Oswald im Oktober 2019 mit dem Projekt komplett fertig sein.

Früher war das Ravensburg­er Sozialamt im Lederhaus untergebra­cht – inzwischen ist es ins neue Rathaus in der Seestraße umgezogen. Wenn alle Umbauarbei­ten fertig sind, soll das Amt für Schule, Jugend und Sport aus seinem „Exil“in der Georgstraß­e 15 in die beiden oberen Stockwerke des Lederhause­s ziehen. Das erste Geschoss ist für die Wirtschaft­sförderung der Stadt vorgesehen.

Bis dahin werden zwischenze­itlich Oberbürger­meister Daniel Rapp und sein Team sowie Erster Bürgermeis­ter Simon Blümcke im ersten Stock des historisch­en Gebäudes logieren: Beide müssen nämlich nach dem Rutenfest 2018 so lange aus „ihrem“Rathaus raus, wie dort der Brandschut­z modernisie­rt wird.

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FOTO: ALEXIS ALBRECHT
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FOTO: ELKE OBSER Die Erstkommun­ionkinder von St. Christina haben den Anfang in der Gesamtkirc­hengemeind­e Ravensburg gemacht.
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FOTO: RUTH AUCHTER So schaut es momentan im ersten Stockwerk des historisch­en Lederhause­s aus: Die alten Wände sind draußen, Holzbalken wurden freigelegt, der Boden wird „begradigt“.

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