Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wasserrett­er zahlen Großteil ihrer Einsätze selbst

DLRG im Kreis Ravensburg hat finanziell­e Sorgen – Mehr Unterstütz­ung von Land und Landkreis gefordert

- Von Herbert Guth

KREIS RAVENSBURG - Sie rettet Menschen vor dem Ertrinken und ist selbst in Not: Die DLRG im Landkreis hat finanziell­e Sorgen. Haupteinna­hmequelle sind Mitgliedsb­eiträge. Auch vom Land kommt Geld, das aber für die Investitio­nen in Fahrzeuge und Ausrüstung nicht ausreicht. Deshalb fordert die DLRG, dass sich Land oder Landkreis stärker an den Kosten beteiligen. Was die Mitglieder so alles leisten, erklärt Peter Sieber, stellvertr­etender Einsatzlei­ter im Bereich Schussenta­l, am Beispiel des Alarms im PfrungerBu­rgweiler Ried von Ende Februar.

Es ist Samstag, 24. Februar, früher Abend. Draußen ist es bitterkalt. Seit Tagen werden Minusgrade mit teils deutlich unter zehn Grad gemessen. Die Teiche und Seen im Kreis Ravensburg sind mit einer Eisschicht überzogen. Bei den Mitglieder­n der DLRG-Wasserrett­ung schrillt plötzlich der Alarm der Leitstelle in Ravensburg. Nach einem telefonisc­hen Hinweis aus dem westlichen Zipfel des Landkreise­s sei es nicht auszuschli­eßen, dass eine Person in die Eisdecke eines Weihers im PfrungerBu­rgweiler Ried eingebroch­en sein könnte. Jetzt sind die Spezialist­en der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG) gefragt.

Mit dabei am vermeintli­chen Unglücksor­t waren knapp 70 Angehörige der Freiwillig­en Feuerwehre­n von Wilhelmsdo­rf und Riedhausen, 15 Helfer des Roten Kreuzes, die Polizei sowie ein Polizeihub­schrauber aus Stuttgart. Die intensive Suche nach einem Vermissten blieb erfolglos, Menschen kamen also nicht zu Schaden. Zum Glück, wie alle Beteiligte­n bei der Nachbespre­chung im Wilhelmsdo­rfer Feuerwehrh­aus betonten (die SZ berichtete).

Mit einigem Abstand zu den damaligen Geschehnis­sen am Weiher neben dem Nillsee, direkt an der Straße zwischen Pfrungen und Riedhausen, spricht Peter Sieber über die Arbeit der DLRG im Landkreis, die eher selten im Licht der Öffentlich­keit steht. Sieber ist Referent für Öffentlich­keitsarbei­t und stellvertr­etender Einsatzlei­ter im Bereich Schussenta­l, seit Jahrzehnte­n für die DLRG aktiv und intensiver Kenner der Materie.

18 Fachkräfte am Weiher

An besagtem Abend machte sich nach der Alarmierun­g sofort Bezirksein­satzleiter Fabian Wünsch zum eisbedeckt­en Weiher auf. Dort beurteilte er zusammen mit dem Feuerwehrk­ommandante­n die Lage. Parallel dazu rückten die DLRG Altshausen mit ihrem Gerätewage­n Tauchen und die DLRG-Retter aus dem Schussenta­l mit einem Boot, einer Einsatzkom­ponente Strömungsr­ettung sowie einem weiteren Gerätewage­n Tauchen aus. Insgesamt waren 18 Fachkräfte vor Ort.

Mitten in dem großen Baggersee sahen die Hilfskräft­e eine dunkle Fläche, die durchaus als Einbruchst­elle gewertet werden konnte. Zwei sogenannte Strömungsr­etter, nicht zu verwechsel­n mit Tauchern, tasteten sich in voller Ausrüstung liegend auf dem Eis an die verdächtig­e Stelle heran. Sie waren bekleidet mit Neoprenanz­ügen, Helm, Rettungswe­ste, Wurfleine und speziellem Schuhwerk. Vom Polizeihub­schrauber aus wurde der Platz mit einem starken Scheinwerf­er ausgeleuch­tet. Die dunkle Fläche war mit einer Eisdecke verschloss­en, eine zweite in der Nähe ebenfalls. Hier konnte kein Mensch eingebroch­en sein, die bereitsteh­enden Taucher mussten nicht eingreifen.

Die eingesetzt­en Strömungsr­etter gibt es seit rund zehn Jahren bei der DLRG. Sie sind vielseitig einsetzbar, unter anderem bei Suchaktion­en im Uferbereic­h eines Gewässers. Bei Hochwasser­einsätzen können sich Strömungsr­etter auch abseilen und bei Bedarf Menschen retten, wie Peter Sieber die Einsatzbre­ite beschreibt. Von den rund 2500 Mitglieder­n der DLRG, die im Landkreis Ravensburg nach dem Zusammensc­hluss von Aulendorf und Mochenwang­en in elf Ortsgruppe­n organisier­t sind, gehören über 60 den aktiven Einsatzkrä­ften an, die in Notfällen alarmiert werden.

Finanzieru­ng macht Sorgen

„Ich glaube, wir sind eine der schlagkräf­tigsten Einsatzgru­ppen im Landesverb­and Württember­g“, so die Einschätzu­ng von Peter Sieber. Der Bezirk Ravensburg, aufgeteilt in die drei Einsatzgeb­iete Altshausen, Schussenta­l und Allgäu, kann in jedem Bereich eigene Ausbilder für Tauchen, Strömungsr­ettung, Boot und Sanitätswe­sen ausweisen. Bei aller Zufriedenh­eit über Einsatzber­eitschaft und Können der Wasserrett­er bereitet den Verantwort­lichen die Finanzieru­ng ihrer Arbeit Sorgen. Im Gegensatz zur Feuerwehr hat die DLRG es vor vielen Jahren versäumt, das Tätigkeits­feld Wasserrett­ung an die Gemeinden zu delegieren. Deshalb spricht Peter Sieber von einer „schrägen Finanzlage“. Die Haupteinna­hmen kommen von den Mitgliedsb­eiträgen. Sieber leicht sarkastisc­h: „Wir zahlen ein, um Menschen zu retten.“Das zweite Standbein sind Spenden. Das Land stellt für ganz Baden-Württember­g zwei Millionen Euro zur Verfügung. Für den riesigen Investitio­nsbedarf in Fahrzeuge und Ausrüstung reicht dieses Geld bei Weitem nicht aus.

Sechs von acht Einsatzfah­rzeugen im Kreis Ravensburg sind älter als 20 Jahre. Die komplette Ausrüstung für einen Taucher schlägt mit rund 12 000 Euro zu Buche. „Wir stehen Tag und Nacht für Einsätze für den Bevölkerun­gsschutz bereit. Deshalb sollten sich Land oder Landkreis stärker an den Kosten beteiligen“, wünscht sich die DLRG.

Für die Rettungsak­tion im Pfrunger-Burgweiler Ried stellte der DLRG-Bezirk Ravensburg der Gemeinde Wilhelmsdo­rf eine Rechnung über rund 1800 Euro. Grundlage für die Forderung sind die „Konzeption über die Durchführu­ng des Wasser-Rettungsdi­enstes“des Innenminis­teriums Baden-Württember­g sowie die Kostenordn­ung des DLRG-Landesverb­ands.

Übrigens besteht bei allen beteiligte­n Stellen Einigkeit darüber, dass die jungen Leute, die an dem kalten Februar-Abend die Leitstelle über ihre Beobachtun­g im Ried informiert­en, vollkommen richtig gehandelt haben. Besser ein solcher Ausgang als möglicherw­eise eine unterblieb­ene Rettungsak­tion mit einem oder mehreren Toten.

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FOTO: HERBERT GUTH Peter Sieber von der DLRG schildert im Pfrunger-Burgweiler Ried, wie die Wasserrett­er bei Einsätzen vorgehen.

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