Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Frage nach dem richtigen System
Regel eins bei Amokalarmen heißt: Es darf keinen Fehlalarm geben. Regel zwei: Es darf keinen Fehlalarm geben. Regel drei: siehe oben. Der Grund ist klar: Weil die Polizei immer davon ausgehen muss, dass es sich um einen tatsächlichen Notfall handelt, läuft in jedem Fall das ganze große Programm ab – mit dem Einsatz eines Großaufgebots von schwerbewaffneten Kräften einschließlich des Sondereinsatzkommandos. Gebäude werden vom Keller bis zum Dach durchkämmt. Man stelle sich nur vor, in dieser äußerst angespannten Situation passiert ein Fehler – die Folgen wären fatal. Und abgesehen davon sind Schüler, Lehrer, Eltern und Sicherheitskräfte natürlich jedes Mal einer enormen psychischen Belastung ausgesetzt.
Nach einer ganzen Serie von Fehlalarmen in Ravensburg, Weingarten und im Kreis vor wenigen Jahren hatten Kommunen, Polizei und Schulen ihre Systeme und Abläufe gemeinsam überprüft und überarbeitet. Mit offenbar gutem Erfolg: Im Mittleren Schussental gab es zuletzt keine Fälle mehr, in denen beispielsweise die Putzfrau oder die marode Technik aus Versehen einen Amokalarm ausgelöst haben. Jetzt allerdings hat es am KBZO in Weingarten gleich zwei Fehlalarme kurz hintereinander gegeben.
Die Aufarbeitung läuft noch. Zweierlei aber lässt sich schon festhalten: Für das Thema muss laufend weiter sensibilisiert werden. Im Schulalltag, aber auch bei den Schulträgern. Die Abläufe und Handgriffe müssen sitzen. Und nach den jüngsten beiden Vorfällen ist auch die Frage neu zu stellen, ob das System, das offenbar im Grunde alle Schulen verwenden, das richtige ist: Der Alarm funktioniert nach Auslösung zunächst nur intern. Keineswegs wird – wie in der Regel beim Feueralarm die Feuerwehr – gleichzeitig und automatisch auch die Polizei informiert. Dazu bedarf es erst eines Anrufes – und damit mindestens eines greifbaren Telefons und mindestens eines geistesgegenwärtigen Menschen, der es bedient. Im Ernstfall verlieren die Sicherheitskräfte dadurch wichtige Zeit – in Weingarten waren es gleich eine halbe Stunde und mehr. Genug Themen also, um beispielsweise in Ravensburg möglichst schnell den „runden Tisch“zum Thema Amokalarm wieder einzuberufen.