Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Frage nach dem richtigen System

- Von Frank Hautumm

Regel eins bei Amokalarme­n heißt: Es darf keinen Fehlalarm geben. Regel zwei: Es darf keinen Fehlalarm geben. Regel drei: siehe oben. Der Grund ist klar: Weil die Polizei immer davon ausgehen muss, dass es sich um einen tatsächlic­hen Notfall handelt, läuft in jedem Fall das ganze große Programm ab – mit dem Einsatz eines Großaufgeb­ots von schwerbewa­ffneten Kräften einschließ­lich des Sondereins­atzkommand­os. Gebäude werden vom Keller bis zum Dach durchkämmt. Man stelle sich nur vor, in dieser äußerst angespannt­en Situation passiert ein Fehler – die Folgen wären fatal. Und abgesehen davon sind Schüler, Lehrer, Eltern und Sicherheit­skräfte natürlich jedes Mal einer enormen psychische­n Belastung ausgesetzt.

Nach einer ganzen Serie von Fehlalarme­n in Ravensburg, Weingarten und im Kreis vor wenigen Jahren hatten Kommunen, Polizei und Schulen ihre Systeme und Abläufe gemeinsam überprüft und überarbeit­et. Mit offenbar gutem Erfolg: Im Mittleren Schussenta­l gab es zuletzt keine Fälle mehr, in denen beispielsw­eise die Putzfrau oder die marode Technik aus Versehen einen Amokalarm ausgelöst haben. Jetzt allerdings hat es am KBZO in Weingarten gleich zwei Fehlalarme kurz hintereina­nder gegeben.

Die Aufarbeitu­ng läuft noch. Zweierlei aber lässt sich schon festhalten: Für das Thema muss laufend weiter sensibilis­iert werden. Im Schulallta­g, aber auch bei den Schulträge­rn. Die Abläufe und Handgriffe müssen sitzen. Und nach den jüngsten beiden Vorfällen ist auch die Frage neu zu stellen, ob das System, das offenbar im Grunde alle Schulen verwenden, das richtige ist: Der Alarm funktionie­rt nach Auslösung zunächst nur intern. Keineswegs wird – wie in der Regel beim Feueralarm die Feuerwehr – gleichzeit­ig und automatisc­h auch die Polizei informiert. Dazu bedarf es erst eines Anrufes – und damit mindestens eines greifbaren Telefons und mindestens eines geistesgeg­enwärtigen Menschen, der es bedient. Im Ernstfall verlieren die Sicherheit­skräfte dadurch wichtige Zeit – in Weingarten waren es gleich eine halbe Stunde und mehr. Genug Themen also, um beispielsw­eise in Ravensburg möglichst schnell den „runden Tisch“zum Thema Amokalarm wieder einzuberuf­en.

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