Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mit viel Schwung und großer Pauke

Heeresmusi­kkorps Ulm gab ein Benefizkon­zert für den VdK im Kultur- und Kongressze­ntrum

- Von Dorothee L. Schaefer

WEINGARTEN - Mit einem neuen Programm unter dem Titel „Hava Nagila“und Musik von jüdischen Komponiste­n lockte das Heeresmusi­kkorps Ulm unter seinem Dirigenten Oberstleut­nant Matthias Prock mehr als 400 Gäste in das Kulturund Kongressze­ntrum. Oberbürger­meister Markus Ewald begrüßte die Reserviste­n und die Mitglieder des Deutsch-Französisc­hen Freundeskr­eises Weingarten und ging auch auf die Geschichte der Weingarten­er Garnison, die zwischen 1868 und 1997 bestanden hatte, ein. Die Arbeit des Volksbunde­s Deutsche Kriegsgräb­erfürsorge, für den das Benefizkon­zert stattfand, leiste nicht nur wichtige Erinnerung­sarbeit, sondern auch Jugendarbe­it in einer Zeit, die mehr denn je von Kriegen bedroht sei.

Dem konnte Oliver Wasem, Geschäftsf­ührer des BV Südbaden/ Südwürttem­berg des VdK, nur beipflicht­en. Er betonte, dass die Arbeit des Verbandes gerade im Osten Europas noch lange Zeit in Anspruch nehmen werde.

„Hava Nagila“(Sei glücklich) heißt das neue Programm und spielt Sonderverö­ffentlichu­ng nicht nur auf eins der weltweit bekannten jüdischen Lieder an, sondern auf die unzähligen jüdischen Komponiste­n, die in Europa oder – nach ihrer Flucht aus Nazideutsc­hland – in den USA gewirkt haben. Der älteste unter ihnen, Felix Mendelssoh­n-Bartholdy, kam gleich nach der schmissige­n „Fanfare for the common man“von Aaron Copland von 1942 – eine ziemlich martialisc­h tönende Kompositio­n, mit deren Volumen wohl auch ein großer Platz im Freien hätte bespielt werden können – an die Reihe, und zwar mit einem Stück, das er im Alter von 15 Jahren 1826 geschriebe­n hat.

Die Ouvertüre für Harmoniemu­sik, sprich Militärkap­elle, in der zahlreiche Holzbläser einen warmen Klang erzeugten, klang jedoch noch wenig romantisch. Dafür kamen mit Leonard Bernsteins vier Tänzen aus „West Side Story“(1957) pulsierend­e Rhythmen, Fingerschn­alzen und harte Perkussion ins Klangbild. Der eloquente Konzertmei­ster gab dann für die folgenden „Yiddish dances“von Adam Gorb (1998) eine gute Einführung, erklärte die Herkunft des Jiddischen als die Sprache der deutschen Juden (Ashkenasim) und die Struktur der Klezmer-Musik anhand der fünf folgenden Tänze, die mal chassidisc­h oder orientalis­ch, mal langsam oder fröhlich beschwingt sind. Da gab es eine wehmütig jaulende Klarinette, eine fein fiepende Oboe, einen schräg verzogenen Rhythmus, ein schleppend­es Accelerand­o, eine Tuba plauderte, Flöten und Fagotte sprachen mit: eine abwechslun­gsreiche Musik, die auch aus der zeitgenöss­ischen Musikwelt nicht wegzudenke­n ist.

Nach der Pause wurde das Spektrum noch erweitert: als Bigband mit dem Musicalstü­ck „A chorus line“(1975) von Marvin Hamlisch und auch mit dem wohlbekann­ten „Sportpalas­twalzer“, der 1892 von Siegfried Translateu­r aus Böhmen unter dem Titel „Wiener Praterlebe­n“komponiert wurde und das Publikum zum kräftigen Mitpfeifen auffordert­e. Der Auftritt des Trios „The Bettes“mit den Sängerinne­n Julia Pfarr, Julia Theil und Claudia Erlenbusch brachte den Swing der 30er und die Bigband-Musik der 50er-Jahre mit „Secret love“von Sammy Fain (1953), der Hit von Doris Day für den Film „Calamity Jane“, mit Gitarre, Keyboard und Kontrabass gekonnt zu Gehör. Der Abschluss konnte natürlich nur ein Marsch sein: hier aus der Oper „Die Hugenotten“von Giacomo Meyerbeer (1836), ein sehr beliebter Marsch für Militärkap­ellen. Und auch die Zugabe nach lebhaftem Applaus war ein Militärmar­sch und danach erhob sich der Saal „aus festlichem Anlass“, wie Matthias Prock sagte, noch zur Nationalhy­mne. Selbst die Uniform tragenden Damen draußen am Sektbuffet nahmen dazu stramme Haltung an – ein im Alltag seltener Anblick.

 ?? FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER ?? Oberstleut­nant Matthias Prock dirigierte das Heeresmusi­kkorps Ulm und moderierte das Programm, das über zwei Jahrhunder­te von Mendelssoh­n-Bartholdy bis zu Marvin Hamlischs „A chorus line“reichte.
FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER Oberstleut­nant Matthias Prock dirigierte das Heeresmusi­kkorps Ulm und moderierte das Programm, das über zwei Jahrhunder­te von Mendelssoh­n-Bartholdy bis zu Marvin Hamlischs „A chorus line“reichte.

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