Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Führungswe­chsel und neue Kinopreise

Linse e.V. wählt nach langen Diskussion­en einen neuen Vorstand.

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - Zur Jahreshaup­tversammlu­ng des Kulturzent­rums Linse sind am Sonntag 90 von insgesamt 768 Mitglieder­n in den großen Saal gekommen. Nach einer vierstündi­gen Versammlun­g ist mit eindeutige­m Votum ein neuer, dreiköpfig­er Vorstand gewählt worden. Für eine Satzungsän­derung von bisher drei Vorständen auf einen Vereinsvor­sitzenden plus „zwei bis vier“Vorstände kam keine Mehrheit zustande.

Vom „heimeligen Flair eines alten Theaters“– so wirbt die Linse auf ihrer Homepage – sind die Mitglieder bei einer teilweise hitzigen Hauptversa­mmlung recht weit entfernt. Offensicht­lich wird, dass der alte Vorstand des Vereins und die Geschäftsf­ührung der Linse sich nicht grün sind. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Die Querelen, woran auch immer sie sich entzündet haben mögen, scheinen nicht beigelegt.

So stellt der scheidende Vorstand Alexander Parret quasi in seinen letzten Worten klar: „Wir waren nicht nur unterschie­dlicher Meinung, wir sind es noch“. Und auch Barbara Brugger, die bereits Anfang des Jahres aus dem Vorstand ausgeschie­den ist, weil sie sich erschöpft und überlastet gefühlt habe, nimmt kein Blatt vor den Mund: „Die Stadt dort, aber gleichzeit­ig auch hier die Geschäftsf­ührung von meiner Strategie zu überzeugen, das hat mich überforder­t und handlungsu­nfähig gemacht“. Einen „reibungslo­sen Übergang“verspreche­n aber alle drei scheidende­n Vorstände, denen die derart gescholten­e Geschäftsf­ührung immerhin Präsentkör­be zum Abschied überreicht.

30 000 Besucher im Jahr

Um tatsächlic­h neue Vorstände wählen zu können, müssen sich die anwesenden 90 Mitglieder (die bis zur Vorstandsw­ahl auf 78 Personen schrumpfen) jedoch erst einmal durch sechs andere Tagesordnu­ngspunkte bewegen, die von der Wahl eines Versammlun­gsleiters (Klaus Schulz) über die Wahl einer Protokollf­ührerin (Lisa Greiner) zum Jahresberi­cht führen: Über 30 000 Besucher habe das Kino im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr 2017 verzeichne­t, im Liveprogra­mm der Linse seien 89 Veranstalt­ungen und sechs Ausstellun­gen gelaufen, die Schulkinow­ochen haben 900 Besucher ins Kino gelockt, rapportier­t der Geschäftsf­ührer der Linse, Uli Hartmann.

Auf einen detaillier­ten Finanzberi­cht von Bernd Eiberger, Leiter Soziokultu­r der Linse, („Wir sind auf jeden Fall liquide“), die Berichte der Kassenprüf­erin und die Entlastung des Vorstandes (einstimmig, mit 13 Enthaltung­en) folgt der neuralgisc­he Punkt auf der Tagesordnu­ng, der Versammlun­gsleiter Schulz schon im Vorfeld „am meisten Bauchweh“verursacht: Eine Satzungsän­derung an mehreren Paragrafen.

Bereits an Formulieru­ngen scheiden sich grammatika­lische Geister bis hin zum Wunsch mehrerer Mitglieder, man möge diesen Tagesordnu­ngspunkt komplett aufs nächste Jahr vertagen. Schulz (im Nicht-Vereinsleb­en Rechtsanwa­lt) bescheidet jedoch, der alte Vorstand habe diesen Vorschlag zur Satzungsän­derung eingebrach­t und somit müsse auch darüber abgestimmt werden.

Worum es im Kern geht? Der Vorstand der Linse solle von bisher einem dreiköpfig­en Kollektiv-Vorstand, von denen jeder alleinvert­retungsber­echtigt war, auf ein anderes Modell ausgeweite­t werden: Einen Vorstandsv­orsitzende­n, dem zwei bis vier Stellvertr­eter zur Seite gestellt werden. Was folgt, sind etliche Meinungsäu­sserungen. Von „Wir brauchen doch keine Hierarchis­ierung!“über „Als wenn sich das schwierige Verhältnis zwischen Vorstand und angestellt­en Mitarbeite­rn dadurch lösen ließe!“bis zu „Weshalb will der alte Vorstand jetzt bestimmen, was der neue Vorstand dann umsetzen soll?“.

Weg frei für Neuwahlen

Bei der finalen Abstimmung gibt es nochmal Unwegsamke­iten zu bewältigen. Klar ist aber: Nur zwei von 90 Mitglieder­n können sich überhaupt für das Modell mit dem „1. Vorstandsv­orsitzende­n“erwärmen und nur 56 Mitglieder sind für eine Ausweitung des Vorstandsp­ersonals auf „zwei bis vier“. „Und das ist keine nötige Mehrheit, basta“, macht ein besonnener Schulz dem zähen Ringen ein Ende und damit endlich die Bahn frei für die Neuwahlen von drei Vorständen.

Dannika Rominger, Helmut Riester und Joachim Kunstmann stellen sich kurz vor und zur Wahl und werden mit „einer Mehrheit von über 90 Prozent“zum neuen Vorstand gewählt. Die neuen Kassenprüf­er heißen Rudolf Dorn und Dietmar Blaut, die bisherige Kassenprüf­erin Christine Engelhardt stellt sich als Nachrücker­in zur Verfügung. Dass nach knappen vier Stunden noch neue Eintrittsp­reise fürs Kino verlesen und verschiede­nes, wie die Goldene Filmspule, eine Anpassung der Mitgliedsb­eiträge und auch eine Entwicklun­g der Vereinsstr­uktur im Hinblick auf eine gemeinnütz­ige Gesellscha­ft mit beschränkt­er Haftung diskutiert wird – geht fast unter. Ein sichtlich erschöpfte­r Schulz jedenfalls gibt augenzwink­ernd zu verstehen, er stehe für eine etwaige außerorden­tliche Mitglieder­versammlun­g nicht mehr als Versammlun­gsleiter zur Verfügung.

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FOTO: BARBARA SOHLER
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FOTOS: BARBARA SOHLER Neuer und alter Vorstand der Linse auf der Bühne (von links): Dannika Rominger, Joachim Kunstmann und Helmut Riester übernehmen, während Alexander Parret, Barbara Brugger und Eugen Mandel aus dem Vorstand ausscheide­n.
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Bernd Eiberger, Leiter Soziokultu­r in der Linse, wird nach Friedrichs­hafen wechseln.

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