Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Stadt muss von aktiver Wachstumspolitik ablassen“
„Jeden Tag erstickt die Stadt am Verkehr, nur die Nachverdichtung innerhalb der Stadt kann dem entgegenwirken“, heißt es in einem Leserbrief vom 9. April. Die erste Satzhälfte ist fast richtig, die zweite ist falsch. Es gäbe auch andere Gegenmittel. Für alle Einpendler in der Stadt Wohnraum zu schaffen, ist nicht möglich. Die Erstickungsgefahr würde aber sinken, wenn mehr Pendler Fahrgemeinschaften bilden würden, mehr Pendler auf den ÖPNV umsteigen würden, falsche Anreize für den Individualverkehr gesenkt würden, die B 33 zur Drosselung des Schleichverkehrs mautpflichtig würde. Vor allem müsste die Stadt von ihrer aktiven Wachstumspolitik ablassen. Die Ernennung des Wirtschaftsförderers zum Amtsleiter, die gleichzeitige Planung von vier oder fünf Hotels samt Tiefgaragen, die Begründung eines öffentliches WLAN damit, dass Passanten „beim Bummel durch die Fußgängerzonen E-Mails abrufen oder im Netz surfen“können, eine Cafeteria auf dem Holzmarkt und nicht zuletzt weitere Gewerbeflächen sind Indizien für eine Fortsetzung der bisherigen Wachstumspolitik – und führen zu mehr Gedränge, zu mehr Verkehr, zu schlechterer Luft, zu weniger Bäumen und weniger Grün. Man denke an die geplanten Veränderungen an der Seestraße. Immer mehr Menschen brauchen mehr Wohnungen und bringen mehr Verkehr. Nachverdichtung mag den Mangel etwas lindern, mindert aber gleichzeitig die Lebensqualität von jedem. Ist uns die „beglückende“Stadtpolitik diesen Preis wert? Gleichzeitig soll die renomierte Musikschule in der für diesen Zweck zu kleinen Bauhütte untergebracht werden. Ein fadenscheiniger, beschämender Plan! Der OB-Wahlkampf wäre eine Chance gewesen, über diese Politik zu debattieren. Sie wurde leider verschlafen.
Albert Hagn,
Ravensburg
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