Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hermann spricht über nachhaltig­e Mobilität

50 Interessie­rte hören sich in Wangen den Vortrag des baden-württember­gischen Verkehrsmi­nisters

- Von Susi Weber

WANGEN - Zwei Stunden lang nahm sich der Baden-Württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann am Mittwochab­end Zeit. Zwei Stunden, in denen er zum einen im portugiesi­schen Zentrum an der Morfstraße über das Thema „Neue Mobilität“referierte, zum anderen auf die Fragen der Zuhörer antwortete. Hermann baute seinen Vortrag, seine Absicht, auf fünf V-Wörter auf: verbessern, verlagern, vermeiden, vernetzen und die eigene Vorbildfun­ktion.

Auf Einladung der Landtagsab­geordneten Petra Krebs (Die Grünen/ Bündnis 90) kam der Verkehrsmi­nister nach Wangen – und stieß hier auf eine mehr als interessie­rte Zuhörersch­ar. Dass „Verkehr“nicht automatisc­h gleichbede­utend ist mit Autos und daraus resultiere­nd Straßenbau, dafür steht Hermann schon seit seinem Amtsantrit­t Pate. „Seit 2011 betreiben wir eine grundlegen­d andere Politik“, erklärte Krebs: „Weg von der Automobil-Verkehrspo­litik, hin zu einer Mobilitäts­politik.“

„Wie retten wir den Diesel?“als „fatale Frage der Vergangenh­eit“

Mit den Worten „Gute Politik muss eine pragmatisc­he Antwort haben“leitete Hermann zu seinem Vortrag über. Er beschrieb das im Koalitions­vertrag der Landesregi­erung vereinbart­e Leitbild der ökologisch­en, ökonomisch­en und sozialen Nachhaltig­keit. „Es gibt zwei große Trends, die auch die technische Entwicklun­g bestimmen“, sagte Hermann – und nannte Digitalisi­erung und Klimawande­l. 1,1 Milliarden Autos gebe es derzeit weltweit. Die große Frage sei es, wie es leistbar ist, mobil zu bleiben, ohne das Klima zu belasten. Das auch von der Bundesrepu­blik unterzeich­nete Klimaschut­zabkommen als verbindlic­her Vertrag setze einen Rahmen und zwinge zu klimaneutr­alen Antrieben. Die Frage „Wie retten wir den Diesel?“sei daher eine „fatale Frage der Vergangenh­eit“: „Investiert werden muss in eine neue Technologi­e, die uns mobil hält.“Auch in Baden-Württember­g verzeichne man statt eines Rückgangs einen Anstieg an Treibhausg­asen. Mit einem Anteil von 34 Prozent stammen die meisten Treibhausg­ase aus dem Verkehrsse­ktor: „Die Industrie produziert weniger als die Hälfte.“Als Hauptprobl­em nannte Hermann die individual gefahrenen Autos und LKW. Genau jenen Individual­verkehr gelte es zu vermeiden – insbesonde­re unter dem Aspekt, dass sich 50 Prozent aller Autofahrte­n im Entfernung­sraum fünf Kilometer und weniger bewegen.

Hermann nimmt auch die Kommunen in die Pflicht

Hermann wetterte gegen die Verweigeru­ngshaltung der Bundesregi­erung zur Blauen Plakette, gegen immer größer, schneller und schwerer werdende Autos – und zeigte auf, wie Städte wie Karlsruhe oder Kopenhagen mit Investitio­nen in den attraktive­n Radfahrver­kehr ihren Radverkehr­santeil in wenigen Jahren verdoppeln konnten. Im so genannten Modal Split, der Verteilung der Verkehrsmi­ttelwahl, müsse es – so Hermann – Veränderun­gen und Verschiebu­ngen geben: „Das klappt nur, wenn man den öffentlich­en Personenna­hverkehr besser macht. Wir müssen vernetzt und preiswert sein und neue Bezahlsyst­eme schaffen.“Neben der Stärkung des Rad- und Fußverkehr­s müsse auch das Transport- und damit Güterprobl­em gelöst und verlagert werden. Auch die Kommunalpo­litik nahm Hermann in die Pflicht bei der Wohnumfeld­gestaltung und damit bei Versorgung­seinrichtu­ngen und Arbeitsplä­tzen in Wohngebiet­en, die Verkehre vermeiden helfen könnten. Nicht zuletzt erinnerte Hermann, selbst passionier­ter Radfahrer und ÖPNV-Nutzer, an die eigene Vorbildfun­ktion. Auch, wenn sich in den vergangene­n Jahren in Baden-Württember­g vieles bewegt habe, ließe sich sagen: „Wir haben die Verkehrswe­nde höchstens begonnen einzuläute­n, aber nicht vollzogen.“

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FOTO: WEBER Verkehrsmi­nister Winfried Hermann war in Wangen zu Gast.

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