Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Erste Ausstellung unter neuer Leitung
Großes Publikum im Ravensburger Kunstmuseum zu „Bildlicht“von Hermann Waibel
RAVENSBURG - Trotz schönsten Wetters hat sich eine große Schar von Besuchern zur Vernissage der Ausstellung „Bildlicht“und der Retrospektive auf das Werk von Hermann Waibel im Ravensburger Kunstmuseum versammelt. Diesmal fand die Eröffnung im oberen Stockwerk statt, wo die großen Farbobjekte des nun 93 Jahre alten Künstlers aus Ravensburg zu sehen sind. Dicht gedrängt standen noch viele Gäste hinter den eng besetzten Stuhlreihen.
Bevor Ute Stuffer, seit März Direktorin des Kunstmuseums, in ihre erste Ausstellung einführte, die zusammen mit der Volontärin Kristina Groß und der Vorarbeit von Nicole Fritz entstanden ist, begrüßte Oberbürgermeister Daniel Rapp die Anwesenden und erinnerte noch einmal an die Intention des Ravensburger Museums, nämlich ein „Museum mit nationaler Ausstrahlungskraft“zu sein. Hermann Waibels Werk sei in diesem Zusammenhang nicht deshalb hier ausgestellt, weil er Ravensburger sei, sondern weil er als ein international bedeutender Vertreter der konkreten Kunst gelte. Er persönlich sei besonders dankbar für die vor vielen Jahren erfolgte Leihgabe einer Arbeit in Gold für sein Amtszimmer und erfreue sich täglich daran.
Das Eigenleben statischer Formen
Ute Stuffer drückte zunächst ihren umfassenden Dank an die Stadt sowie deren Vertreter und vor allem an das kleine, aber „unglaublich motivierte“Museumsteam aus und begrüßte zur Ausstellung wie zum neuen Museumsformat, das gleichzeitig vier zeitgenössische Künstler des Mediums Film in einem eigens dafür im Foyer eingerichteten Kinoraum parallel präsentiere.
In einer überwiegend freien, konzisen und inspirierenden Rede ging sie dann auf den „Waibel’schen Kosmos“und sein konsequentes Lebenswerk ein, das Anfang der 1960er-Jahre den Abschied von der gegenständlichen Malerei brachte; ein Beispiel für ein frühes Porträt von 1957 im Stil von Jawlensky hängt übrigens am Beginn der Ausstellung in der ersten Etage, die ganz den weißen und schwarzen Arbeiten vorbehalten ist. Die Hinwendung zur konkreten Form, die „weder Abbild noch Abstraktion“bedeute, biete Waibel eine Vielzahl von Ausdrucksmöglichkeiten unter dem Hauptthema „Licht“, das schon früh zum Lebensthema wurde. Die „Sichtbarmachung des Lichts“, seine Choreografie in den „Lichtstrukturen“, seine Reflexion, sein Schwinden oder seine zerstörerische Kraft in den von „Feuer und Wasser modellierten“Papierarbeiten betrachtete Ute Stuffer als Beispiele für seine „wandlerische Wirkung“. Waibel schenke der „statischen Form ein Eigenleben“, also der geometrischen Grundform durch das Licht eine ständige Verwandlung, die der Betrachter im Vorübergehen oder in der Einnahme einer anderen Sehposition nachleben oder zu ihr dialogisch in Beziehung treten könne. Mit dem Ausblick auf ein reichhaltiges Begleitprogramm für alle Generationen und Interessen und ein neues Vortragsformat in Form einer mittäglichen Kurzführung lud die neue Direktorin zum Besuch der Ausstellung in den nächsten Monaten ein.
„Voller Dank ist mein ganzes Herz“, sagte zum Schluss Hermann Waibels Frau und brachte die Freude des Künstlers, der seit dem vergangenen Jahr durch einen Hirninfarkt in seiner Motorik eingeschränkt ist, in herzlichen und anrührenden Worten zum Ausdruck.
Die Ausstellung läuft bis zum 30. September, Di bis So von 11 bis 18 Uhr, Do von 11 bis 19 Uhr, Mo geschlossen, an allen Feiertagen geöffnet. Termine zum Begleitprogramm und Führungen gibt es im Internet unter