Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Junge Profis aus aller Welt vereint in der Musik
HochschulSinfonieOrchester aus Stuttgart zu Gast im Kultur- und Kongresszentrum in Weingarten
WEINGARTEN - Durch den Kontakt des Kulturamtsleiters Peter Hellmig hatte der Kulturkreis Weingarten das Orchester der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Stuttgart, kurz HSO genannt, für ein Konzert im KuKo gewinnen können. In Abänderung des ursprünglichen Programms war statt Wagner eine Verdi-Ouvertüre und statt Beethovens Fünfter die Zweite von Brahms zu hören. Jedoch blieb das höchst selten gespielte Stück, Schumanns Konzert für vier Hörner und Orchester, als Kern des Programms erhalten.
Schon der Einzug so vieler junger Leute bereitet einem älteren Publikum viel Freude. Dazu teilt sich eine besondere Energie mit, eine Spannung, gemischt mit Erwartung, Temperament und Motivation, die in den Gesichtern liegt und auf die Zuhörer abstrahlt. Das HSO, das alle möglichen Nationalitäten versammelt und nur die besten Studenten aufnimmt, besitzt für die Hochschule in Stuttgart neben der professionellen Orchesterausbildung auch eine „repräsentative Funktion“, stand im Programm zu lesen.
Der Beginn mit der aus feinstem Pianissimo aufsteigenden Ouvertüre zur Verdi-Oper „Les Vêpres siciliennes“war schon vielversprechend und mit Robert Schumanns Konzert F-Dur op. 86 betrat ein starkes Hornquartett die Bühne. Alle vier – Marlene Pschorr, Friedrich zu Dohna sowie Philipp Schmelzle und Petras Bruzga – stammen aus der Klasse von Christian Lampert und der wunderbar warme und sonore Ton ihres für die Romantik typischen Blasinstruments erfüllte fast zur Gänze den Raum, was bisweilen den Orchesterklang fast in den Hintergrund treten ließ. In den drei Sätzen entwickelte sich das Zusammenspiel mit dem Orchester bis zum begeisternden dritten Satz sehr schön. Für den ebenso begeisterten Applaus bedankten sich die vier mit einer kurzen und feinen Jazzeinlage.
Faszinierend war auch die Gestik des Gastdirigenten Richard Wien, der nach seinem Studium in Mannheim, Heidelberg und Stuttgart an vielen Festspielen in Deutschland und Europa mitgewirkt und bei berühmten Dirigenten wie Marc Minkowski oder Daniel Barenboim Assistenzen oder Meisterkurse absolviert hat. Man merkt seiner akzentuierten Gestik an, dass es ihm um Deutlichkeit der Angaben geht, nicht um Selbstdarstellung. Fest und breitbeinig steht er auf dem Podest wie ein Fels in der Brandung, nur den Oberkörper bewegt und dreht er seitwärts, die Linke formt die musikalischen Linien und skulptiert elegant die Volumina, die Rechte gibt mit Taktstock leichthändig die Struktur vor. Mit dieser klaren gestischen Sprache hat er nicht nur den knapp 60 Köpfe zählenden Orchesterapparat im Griff, sondern wirkt jederzeit präsent und hoch konzentriert.
Perfektes Zusammenspiel
Das merkte man noch einmal besonders bei der Sinfonie Nr. 2 in D-Dur op. 73 von Johannes Brahms in vier Sätzen, in der das Orchester zu einem perfekten Zusammenspiel der verschiedenen Instrumentengruppen fand. Richard Wien dirigierte ohne Partitur – kurz vor seinem Eintritt wurde das Notenpult entfernt – und gleich im ersten Satz war man eingehüllt in einen warmen Streicherton, der mit sechs Kontrabässen und sechs Celli auch schwelgerisch ausgestattet war. Gerade die Streicher folgten den Tempi aufs Genaueste, auch die Holzbläser und die Hornistin nahmen die Themen wunderbar auf, wenn auch manchmal das Blech etwas zu forciert klang. Viel Sensibilität bewiesen die großen Bläser im zweiten Satz, wobei sie Unterstützung von den schönen Bratschen erfuhren. Im dritten und vierten Satz lief alles auf die Schlussapotheose und die Zusammenführung aller Instrumentenstimmen zu. Und am lauten Jubel wurde klar, dass auch ein nicht so zahlreiches Publikum große Begeisterung zeigen kann.