Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bahnhof Fischbach steht vor Neueröffnung
Heute öffnet die Gastronomie am Bodensee wieder ihre Türen – Pächter Reinhard Klumpp setzt auf brasilianische Küche
FRIEDRICHSHAFEN - Vier Jahre waren die Türen zu, jetzt wird das Restaurant im Bahnhof Fischbach wieder eröffnet. Vieles ist neu, und doch fühlt man sich sofort an altvertrauter Stelle. Die Sitzbänke an den Tischen sind noch da – aber sie sind neu gepolstert. Auch die geschmackvoll schrägen Tapetenmuster meint man zu kennen, doch auch hier Fehlanzeige: alles neu. Nicht minder neu ist die Geräumigkeit im Eingangsbereich. „Da hätten noch fünf Tische Platz gehabt“, sagt der Gastronom und Steueranwalt Reinhard Klumpp. „Aber stattdessen kommt hier eine schmale Theke mit Vorspeisen und Desserts hin. Damit noch Platz zum Tanzen ist.“
Etwa 300 000 Euro habe er in die Renovierung gesteckt, sagt Klumpp. Jetzt will er mehr als Speisen und Getränke bieten: „Essen könnten die Leute im Grunde auch daheim. Was wir hier eigentlich verkaufen, sind zwei schöne Stunden.“Die Umgebung dafür stimmt: Das massive Fischgrät-Parkett ist klassisch-stilvoll, im Wintergarten zwischen Hauptraum und Biergarten stehen alte Tische vom Antiquitätenhändler auf frisch abgezogenem Parkett und im Biergarten wartet ein schwarzes Monstrum darauf, angeworfen zu Sonderveröffentlichung werden: ein Grill in Form einer Lokomotive – wenn das mal nicht zum Bahnhof passt.
Grillfleisch in allen Varianten
Auch die komplette Küche hat Klumpp ausgetauscht. Er macht den Bahnhof Fischbach zu einem sogenannten Rodizio-Restaurant nach brasilianischem Vorbild. Im Zentrum steht dabei gegrilltes Fleisch. Herzstück der neuen Küche ist deshalb ein riesiger, blitzender Grill mit Spießen, auf denen sich ab Samstag das Fleisch drehen wird – „Rind, Schwein, Lamm, Hähnchen, Würstchen“, zählt der Pächter auf. Serviert werden die Spieße direkt am Tisch. Wer satt ist, dreht einfach seinen Bierdeckel um, von „ja“auf „nein“– und wird dann auch von den Kellnerinnen nicht mehr um Nachschub angefragt.
Die Küche ist sehr offen gestaltet. „Bei uns kann jeder sehen, wie gekocht wird“, sagt Klumpp und weist vom Grill hinüber durch ein freigelegtes Bogenfenster: Die Offenheit gilt auch für den Abwasch. „Alles muss sauber und transparent sein.“An der großen Caipi-Bar werden gerade die Zapfhähne angeschlossen. „Die Bar soll unabhängig vom Restaurant funktionieren“, sagt Klumpp. Wer nach der Vorstellung vom Lokschuppen rüberkommt, um noch etwas zu trinken, hat auch bei vollen Tischen die Bar gleich im Blick. Natürlich wird in Gaststätten in den letzten Jahren immer weniger Alkohol konsumiert. „Es ist trotzdem ein riesiger Vorteil, dass am Bahnhof die Züge bis um 23.45 Uhr in beide Richtungen verkehren“, sagt Reinhard Klumpp. „Und ich glaube, dieser Vorteil wird noch wichtiger werden.“
Mittagstisch wird es im Bahnhof Fischbach nicht geben, weil sich das in dieser Lage garantiert nicht rechne. „Ich öffne um 17 Uhr, Montag und Dienstag ist geschlossen“, sagt Klumpp. Ein Rodizio-Restaurant aufzumachen, war für den BrasilienLiebhaber ein schon lang gehegter Wunsch. Jetzt bot sich die Gelegenheit. Gute Ratschläge befreundeter Gastronomen schloss er aus. Gutbürgerliche Küche mit Maultaschen wird es bei ihm ebenso wenig geben wie gebratene Burger. „Ich glaube, dass die Gastronomie im Bahnhof nur eine Chance hat, wenn sie sich unterscheidet“, meint Klumpp.
Dann ist da noch das Kulturprogramm. 45 Veranstaltungen im Jahr will Klumpp selbst auf die Beine stellen. In seinem Auftrag übernehmen das Peter Berchtold und Max Grasberger. „Die Stadt Friedrichshafen als Verpächter hat verstanden, dass ich den Bahnhof ohne Peter Berchtold im kulturellen Bereich garantiert nicht anpacke“, erklärt Klumpp. Berchtold kümmert sich in bewährter Weise um die Live-Veranstaltungen, um Kabarett und Konzerte. Grasberger ist für die junge Programmschiene zuständig – für die gut eingeführten 80er/90er-Partys, aber auch für Salsa-Nächte. Allerdings will Klumpp es langsam angehen lassen. Von 22 bis 2 Uhr sollen die Parties dauern. „Vier tolle Stunden“, aber mit Blick auf die Anwohner nicht mehr, meint der Pächter. Einmal pro Woche werde außerdem ein DJ zur After-Work-Party im Restaurant auflegen.
Das städtische Kulturbüro wird pro Jahr ebenfalls 45 Programmpunkte organisieren. Diese verbindlicher Zusage hat Klumpp bei der Stadt durchgesetzt. „Das werden oft Veranstaltungen sein, für die die Grundgagen zu hoch und deshalb für uns das Risiko zu groß ist“, sagt Klumpp. Wenn man 350 Karten verkaufen müsste, aber nur 270 los wird, dann wird es eng. „Aber genau da beginnt die Kulturförderung. Dafür ist dieser Topf da“, erklärt Klumpp die Zuständigkeit des Kulturbüros, das für diese Aufgabe eine 75-Prozent-Stelle ausgeschrieben hat.
Auf 90 Events kommt Reinhard Klumpp so pro Jahr – ein „Grundrauschen“, das er als Pächter brauche. Etwa 250 Tage im Jahr sei geöffnet; „mit 90 Veranstaltungen ist ein Drittel davon abgedeckt“, rechnet er vor. „Viele, die zu den Veranstaltungen gehen, essen davor noch was oder gehen danach an die Bar“, begründet er die Wichtigkeit der Event-Schiene für die Gastronomie. „Wenn es sich nicht rechnet, lasse ich es“, sagt er. „Aber ich bin überzeugt, dass den Leuten unser Konzept gefallen wird.“Heute ist Eröffnung.
Die Gastronomie im Bahnhof Fischbach wird heute, Samstag, um 18 Uhr eröffnet. Ab 20 Uhr spielt im Lokschuppen die brasilianische Band Anavantou. Die Öffnungszeiten von Restaurant und Bar sind Mittwoch bis Samstag von 17 bis 2 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 12 bis 21 Uhr. Der Biergarten ist Mittwoch bis Samstag jeweils von 17 Uhr bis Mitternacht geöffnet, an Sonn- und Feiertagen von 12 bis 21 Uhr. Montags und dienstags bleiben Restaurant, Bar und Biergarten geschlossen.