Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wenn Regen keine Rolle spielt
Seit Beginn der Städtepartnerschaft reiten Mantuaner Cavalieri beim Blutritt mit
WEINGARTEN - Sie gehören zu den Ersten, die die historischen Verbindungen wieder aufgenommen haben. Seit 21 Jahren reiten die Mantuaner Cavalieri beim Blutritt mit, innerhalb der Weingartener Gruppe. Sie sind fasziniert vom religiösen wie glanzvollen Charakter von Europas größter Reiterprozession. Im Gegenzug fährt eine Weingartener Standarten-Abordnung jeden Karfreitag nach Mantua zur dortigen Heiligblutverehrung. Trotz Sprachbarrieren sind Freundschaften entstanden. Zum 20-jährigen Bestehen der Partnerschaft reisen die Cavalieri mit der Banda Città zum Blutfreitag an, dem Stadtorchester Mantuas.
Sie waren sozusagen die Vorhut aus Italien, die Cavalieri aus Mantua. Schon ein Jahr vor der offiziellen, 1998 besiegelten Städtepartnerschaft ritt eine Gruppe von vier Reitern aus Weingartens italienischer Partnerstadt beim Blutritt mit. Initiiert von Professor Klaus Berg, einem der Gründerväter der Wiederbelebung der europäisch-historischen Verbindungen in die Gonzaga-Stadt, die auf die gemeinsame Verehrung der geteilten Heiligblut-Reliquie gründen.
Gian Mario Mozzanega, ein langjähriger Cavalieri, war so berührt von seiner ersten Blutritt-Teilnahme, dass er den Dauerregen während der gesamten Prozession überhaupt nicht wahrgenommen hat. Noch Tage danach habe er unter dem Eindruck dieses besonderen Ereignisses gestanden.
Dieser Mischung aus Festlichkeit, Musik und Wahrgenommenwerden hoch zu Ross, während sich die Prozession durch die Stadt bewege, und dann die Stille und das Gebet im Ösch. „Wir Mantuaner Reiter sind uns bewusst, dass wir an einem religiösen Ereignis teilnehmen und nicht an einer Reiterdarbietung.“Mit ihren weißen MantuaStandarten und -Schärpen sind die Reiter innerhalb der Weingartener Gruppe gut zu erkennen.
Eine Reitstunde zu Beginn
Die Pferde stiftet ihnen die Blutfreitagsgemeinschaft. Das Erste, wenn die Mantuaner an Christi Himmelfahrt ankommen, ist eine Reitstunde in der Reithalle Rösch, woher die Tiere stammen. Sind sie auch alle geübte Reiter, ist dieser Erstkontakt zu den Pferden wichtig.
Übernachtet wird bei den Weingartener Blutreitern. „Auch wenn es sprachliche Schwierigkeiten gibt, finden wir Mittel und Wege, uns unter Reiterkameraden zu verständigen“, sagt Pellegrino Sereni, Präsident der Associazione Mantova-Weingarten, der seit Jahren auch mitreitet.
Rituale stärken ferner die Reiterfreundschaften. So ist ein fester Termin nach Rückkehr der Prozession stets der Empfang der Weingartener Blutreiter im Stall von Habisreutinger bei Bier, Wurst und Wecken oder das abendliche Ausklingen des Blutfreitags beim gemeinsamen
Blutritt in Weingarten
Abendessen. Der Cavalieri, Gianni Campitelli, der im Herzen Mantuas eine Bar betreibt, hat Bilder vom Blutfreitag in seinem Café hängen und erzählt den Gästen stolz von seinem jährlichen Abenteuer Blutritt, zu dem er mit Motorrad anreist.
Eine Abordnung von Weingartener Blutreitern und der Stadtgarde reist im Übrigen jedes Jahr zum Karfreitag nach Mantua. Wenn auch ohne Pferde, so doch mit Standarten, verleihen die Weingartener der dortigen Zeremonie Glanz und erinnern an die gemeinsame Geschichte, die vor 1000 Jahren mit der Teilung der Mantuaner Reliquie und Schenkung an das Kloster Weingarten begann.
Religiöse Verbindung
Dekan und Blutreiter Ekkehard Schmid ist beeindruckt von diesen jährlichen gegenseitigen Besuchen seit Gründung der Partnerschaft. „Wie eine Medaille zwei Seiten hat, so gibt es an beiden Orten einen besonderen Tag und eine eigene Form für die jeweilige Heiligblut-Verehrung“, sagt er.
Die Nähe der Mantuaner Cavalieri zum Heiligblut-Reiter unterstreiche sinnfällig die Verbindung mit derselben Reliquie. Und für den Cavalieri Gian Mario Mozzanega wird dank der Reliquie die Idee von Europa besser verständlich.
Alle Texte, Videos und Hintergrundinformationen gibt es in einem Online-Dossier unter: www.schwäbische.de/blutritt