Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Demonstrative Einigkeit auf der Zugspitze
Nahles, Kauder und Dobrindt wollen Wohnungsbau und Ankerzentren voranbringen
GRAINAU - Die Regierungskoalition in Berlin will offenbar das Verabschieden des geplanten Wohnungsbauund Mietpakets energisch vorantreiben. Zu Beginn einer Tagung der geschäftsführenden Fraktionsvorstände von CDU/CSU und SPD am Montag auf der Zugspitze sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Diese Maßnahmen werden wir rasch auf die Beine bringen.“Einigkeit herrschte auf Deutschlands höchstem Gipfel auch in der Militär- und Flüchtlingspolitik.
Dobrindt verkündete den baldigen Start des Baukindergeldes. Es soll 12 000 Euro pro Kind geben, gestreckt auf zehn Jahre. Den Beginn des Programms zum Erwerb einer eigenen Immobilie möchte Dobrindt auf den 1. Januar 2018 zurückdatieren. „So können möglichst viele Eltern davon profitieren“, erklärte er. SPD-Chefin und Fraktionsvorstand Andrea Nahles legte Gewicht auf das Ankurbeln des Mietwohnungsbaus. Wie sie sagte, plane die Koalition bessere steuerliche Absetzungsmöglichkeiten bei der Abnutzung von Mietwohnungen. Ihr geht es auch um „die Stärkung von Mieterrechten“.
Forderungen des Verteidigungsministeriums nach mehr Geld fürs Militär wurden auf der Zugspitz-Tagung skeptisch gesehen. CDU-Fraktionschef Volker Kauder verwies auf andere Prioritäten im Koalitionsvertrag. Wenn es aber in den nächsten Jahren einen finanziellen Spielraum gebe, könne man darüber sprechen. „Wir reden aber nicht von diesem Jahr“, betonte Kauder ausdrücklich.
Auch bei der Flüchtlingspolitik waren sich die drei Politiker einig, an den Koalitionsvereinbarungen festzuhalten. Nahles forderte Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf, einen konkreten Plan für die umstrittenen Ankerzentren für Flüchtlinge vorzulegen.
Die Chefs der Unionsfraktionen von Bund und Ländern fordern „Rechtsstaatsklassen“, in denen Flüchtlingskinder gesellschaftliche Werte kennenlernen sollen. Sprach- und Wertevermittlung sollten der Regelbeschulung vorgeschaltet sein und seien unabdingbare Voraussetzung für gelingende Integration, heißt es in einem Beschlussentwurf für die Konferenz der Unionsfraktionschefs in Frankfurt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie Bildungspolitiker von SPD und FDP äußerten sich kritisch zu dem Vorstoß.
In dem Wertekunde-Unterricht, der bundesweit eingeführt werden solle, sollten Flüchtlingen die Grundregeln des Rechtsstaates vermittelt werden, heißt es in dem Papier. Themen sollten etwa die Achtung der Menschenwürde, die freiheitlichdemokratische Grundordnung, Presse- und Meinungsfreiheit, das Gewaltmonopol des Staates und die Gleichberechtigung von Mann und Frau sein.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), unterstützt laut einem Zeitungsbericht die Forderung nach Wertekunde an Schulen. „Ich begrüße es, dass die Unionsfraktionschefs aus Bund und Ländern das Thema Wertevermittlung aufgreifen. Die Werte unserer Verfassung sind die Grundfesten unseres friedlichen Zusammenlebens“, sagte Widmann-Mauz der „Schwäbischen Zeitung“. Sie wolle die Wertekunde nicht allein auf Flüchtlingskinder begrenzen. Die „Begeisterung für Demokratie und Rechtsstaat, für Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und Menschenrechte“müsse „allen Kindern und Jugendlichen von Kindesbeinen an vermittelt werden – ob sie neu zu uns kommen oder schon länger hier leben“, sagte sie. Laut Widmann-Mauz müssten „die Werte unseres Grundgesetzes fester Bestandteil des Schulunterrichts, der politischen Bildung und der Integrationsangebote sein“. (epd/tos)