Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Großer Auftritt mit großem Programm

Oberschwäb­isches Kammerorch­ester feierte sein 50-jähriges Bestehen

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - Man hätte mal wieder am vergangene­n Samstagabe­nd auf mehreren Hochzeiten tanzen können, was das Musikhören in Ravensburg betrifft. Es gibt einfach zu wenige Samstage im Frühjahr! Aber trotz der Konkurrenz füllte sich das Konzerthau­s beim Festkonzer­t zum 50. Jubiläum des Oberschwäb­ischen Kammerorch­esters bis auf wenige Plätze zur Gänze.

Der Abend hatte eine regelrecht­e Choreograf­ie: Mit englischer Musik aus dem 18. Jahrhunder­t von William Boyce begann er im Kammerorch­ester mit kleinem Bläsersatz, wechselte dann zum reinen Streichere­nsemble für Reiner Schuhenns „Descesa“von 1994, danach kam in der Suite „Masques et Bergamasqu­es“von Gabriel Fauré ein kleines Sinfonieor­chester zum Einsatz und schließlic­h bei Antonin Dvoráks neunter Sinfonie war die ganze Bühne ausgefüllt mit einem doppelt besetzten großen Orchester. Es machte Freude zu erleben, wie dieser unterschie­dlich große Klangkörpe­r auf die Anforderun­gen der drei Dirigenten reagierte.

Die beiden Stücke des weitgehend vergessene­n William Boyce, ein Allegro aus der Ode „The Birthday“und eines aus der Ode „St. Cecilia's Day“bildeten die festliche Einleitung vorab: Typische Festmusik von getragener voluminöse­r Würde, welche die „Stammbeset­zung“des Kammerorch­esters präzis ausspielte. Danach sprach der Dirigent Marcus Hartmann - er ist nun auch schon zehn Jahre dabei - seinen Dank an die anwesenden Schirmherr­en aus, die Oberbürger­meister und ehemaligen OBs der Städte Ravensburg und Weingarten, und verpackte in seine charmante Dankesrede den durchaus ernst gemeinten und verständli­chen Wunsch nach einem Proberaum, in dem das Orchester in Ruhe üben könne. Eigentlich nicht zu viel verlangt nach 50 Jahren, oder?

Ein dem Orchester gewidmetes und 1994 in der PH Weingarten uraufgefüh­rtes Werk von Reiner Schuhenn, der damals als Dirigent des Orchesters von 1990 bis 1994 sein Abschiedsk­onzert gegeben hatte, durfte natürlich im Festkonzer­t nicht fehlen. „Descesa“für Streichorc­hester op. 14 hat es der Komponist genannt, was auf seinen Weggang anspielt. Raue Bratschen und Violinen in absteigend­en Zweitonfol­gen mit größeren Pausen, dann macht sich plötzlich eine elegische Grundstimm­ung breit, ein Rufen erhebt sich in den Geigen, jetzt mit aufsteigen­dem Duktus, von wuchtigem Kontrabass grundiert, aus dem Dunkel der Cellotöne klingt eine Bratsche. Eine in den Tempi sehr bedächtige Musik, von Reflexione­n strukturie­rt und von den knapp 30 Streichern präzise und inspiriert ausgeführt.

Hinreißend­e Dialoge

Vier Teile in veränderte­r Reihenfolg­e aus Gabriel Faurés Orchesters­uite op. 112 dirigierte Michael Wieder danach mit Schwung und ließ die einzelnen Holzbläser, die Hörner und Flöten sowie die Harfe in der „Pastorale“wunderbar zur Geltung kommen. Markus Hartmann und das mit doppelten Bläsersätz­en verstärkte Orchester, in dem auch einige Gründungsm­itglieder mitspielte­n, führten dann nach der Pause Antonin Dvoráks 1892 in Amerika komponiert­e „Symphonie Nr. 9 Aus der Neuen Welt“mit Bravour auf. Das Orchester bewältigte nicht nur die häufigen Crescendi und Accelerand­i musikalisc­h souverän, sondern gab auch in den hinreißend­en Dialogen zwischen Streichern sowie Holzund Blechbläse­rn Beispiele für eine schöne künstleris­che Zusammenar­beit. So blitzten auch zum Schluss die unzähligen Instrument­enstimmen im ganz wörtlich verstanden­en „Allegro con fuoco“noch einmal auf. Von ebenso starkem Ausdruck war der rauschende Beifall des begeistert­en Publikums.

 ?? FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER ?? Zum Abschluss nahmen die drei Dirigenten des Jubiläumsk­onzerts den großen Beifall des vollen Konzerthau­ses entgegen: Marcus Hartmann, Michael Wieder und Reiner Schuhenn mit dem Oberschwäb­ischen Kammerorch­ester, das sein 50-jähriges Bestehen feierte.
FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER Zum Abschluss nahmen die drei Dirigenten des Jubiläumsk­onzerts den großen Beifall des vollen Konzerthau­ses entgegen: Marcus Hartmann, Michael Wieder und Reiner Schuhenn mit dem Oberschwäb­ischen Kammerorch­ester, das sein 50-jähriges Bestehen feierte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany