Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Politikstudium an der PH : Endgültige Entscheidung vertagt
Trotz des Senatsbeschlusses ist die Zukunft der Politikwissenschaften unsicher – Neue Gelder müssen her
WEINGARTEN - Der Senat der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH) hat sich unlängst für den Erhalt der Politikwissenschaft an der Hochschule ausgesprochen. Doch auch wenn die Entscheidung einstimmig ausfiel, offenbart sie doch eine gehörige Portion Unentschlossenheit. Schließlich wurde der Zulassungsstopp, der zum Wintersemester 2016/17 ausgerufen wurde, verlängert. Eine Einschreibung an der PH Weingarten im Fach Politik ist also weiterhin nicht möglich. „Das bedarf einer Einordnung“, sagt Helmar Schöne, Fachsprecher für Politikwissenschaft aller sechs Pädagogischen Hochschulen im Land.
Grundsätzlich begrüße er das Bekenntnis der PH zum Fach Politik. Allerdings könne das nur ein erster Schritt sein. „Die Gefahr besteht nach wie vor“, sagt Schöne hinsichtlich der möglichen Abschaffung des Studienganges Politik. „Über die Zukunft wurde noch nicht abschließend beschieden.“Denn Fakt ist: Der Senat hat das Fach zwar nicht geschlossen, aber auch nicht wieder zur Zulassung geöffnet. Letztlich wurde damit die endgültige Entscheidung hinausgeschoben. „Es stimmt, dass die Entscheidung vertagt wurde“, sagt auch Werner Knapp, Rektor der PH Weingarten, auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. „Es bestehen immer noch Hoffnungen auf die Erschließung zusätzlicher Finanzquellen. Solange wir Hoffnungen haben, wollen wir kein endgültiges Aus beschließen.“
Dabei ruhen die Hoffnungen auf gesondertern Förderungen durch das Land oder der Unterstützung durch gesellschaftliche Kräfte, wie etwa Betriebe oder Stiftungen. „Beispielsweise wäre eine Stiftungsprofessur denkbar. Wir sind bemüht derartige Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen“, erklärt Knapp, dem es selbst ein großes Anliegen ist, alle Bereiche sauber zu übergeben. Schließlich steht die Wahl eines neuen Rektors noch aus. Knapp wäre eigentlich schon in den Ruhestand gegangen. Da sich die Wahl eines neuen Rektors aber hinzieht (die SZ berichtete), übt Knapp das Amt weiterhin aus. Auch diese Konstellation spielte für den Senat wohl eine Rolle, die endgültige Entscheidung über das Fach Politik zu vertagen. Das zumindest deutet auch Knapp an: „Als Rektor lege ich Wert darauf, dem künftigen Rektorat keine Hypothek zu hinterlassen. Dazu gehört auch, keine Verpflichtung einzugehen, die nicht ausfinanziert ist.“
Darüber hinaus betont Knapp, dass er das Fach Politik persönlich als sehr bedeutsam erachte und sich gewünscht hätte, nicht über einen Zulassungsstopp nachdenken zu müssen. Allerdings habe er gegenüber der gesamten Hochschule und allen Fachbereichen eine Verantwortung. Die finanziellen Mittel seien nicht gerade üppig und letztlich bestimme der Student das Angebot der Hochschule. „Entscheiden sich Studierende nicht für ein Studiengang oder ein Fach, können diese langfristig nicht erhalten bleiben. Das gilt unabhängig davon, ob dieser Studiengang eine hochgradige gesellschaftliche Relevanz besitzt“, sagt Knapp.
„Worten müssen Taten folgen“
Das sieht Helmar Schöne etwas anders. „Jetzt müssen den Worten auch Taten folgen. Wir brauchen die Einschreibung zur Politikwissenschaft und die Wiederbesetzung der Professur“, fordert er. Zwar lobt er die Entscheidung des Senates, die Fakultät und das Prorektorat mit der Vorbereitung eines Erweiterungsstudiums im Umfang des früheren Nebenfachs zu beauftragen. „Aber um ein Fach zu retten, braucht es mehr“, sagt Schöne.
Die Bedeutung der Politikwissenschaften habe sich bereits vor der Senatssitzung gezeigt. „Wir freuen uns, dass sich so viele öffentliche Personen, wie auch Verbände, im Vorfeld der Entscheidung dafür eingesetzt haben“, sagt Schöne. Unter anderem hatten Grünen-Kreisrat Siegfried Spangenberg, Gordon Carmele, der aktuell die Vertretung der Professur für Politikwissenschaft und ihre Didaktik an der PH innehat sowie Monika Oberle, Vorsitzende der Gesellschaft für Politikdidaktik und Politische Jugend- und Erwachsenenbildung (GPJE), öffentlich gefordert, am Fach Politik festzuhalten.
Auslöser für die ganze Debatte war ein Tagesordnungspunkt in der Senatssitzung gewesen, bei dem grundsätzlich über die Abschaffung des ganzen Faches Politik entschieden werden sollte. Denn bereits zum Wintersemester 2016/17 hatte die PH einen Zulassungsstopp für die Fächer Politikwissenschaft und Technik – mit Verweis auf die geringen Einschreibezahlen – verhängt. Im Studienjahr 2015/16 hatten sich von rund 400 Studienanfängern im Lehramt gerade einmal sechs für ihre Vertiefung Politikwissenschaft und zehn für die Technik entschieden. Doch während der Zulassungstopp für den Bereich Technik wieder aufgehoben wurde, hielt die PH für die Politikwissenschaften an der Sperre fest.