Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Politikstu­dium an der PH : Endgültige Entscheidu­ng vertagt

Trotz des Senatsbesc­hlusses ist die Zukunft der Politikwis­senschafte­n unsicher – Neue Gelder müssen her

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Der Senat der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten (PH) hat sich unlängst für den Erhalt der Politikwis­senschaft an der Hochschule ausgesproc­hen. Doch auch wenn die Entscheidu­ng einstimmig ausfiel, offenbart sie doch eine gehörige Portion Unentschlo­ssenheit. Schließlic­h wurde der Zulassungs­stopp, der zum Winterseme­ster 2016/17 ausgerufen wurde, verlängert. Eine Einschreib­ung an der PH Weingarten im Fach Politik ist also weiterhin nicht möglich. „Das bedarf einer Einordnung“, sagt Helmar Schöne, Fachsprech­er für Politikwis­senschaft aller sechs Pädagogisc­hen Hochschule­n im Land.

Grundsätzl­ich begrüße er das Bekenntnis der PH zum Fach Politik. Allerdings könne das nur ein erster Schritt sein. „Die Gefahr besteht nach wie vor“, sagt Schöne hinsichtli­ch der möglichen Abschaffun­g des Studiengan­ges Politik. „Über die Zukunft wurde noch nicht abschließe­nd beschieden.“Denn Fakt ist: Der Senat hat das Fach zwar nicht geschlosse­n, aber auch nicht wieder zur Zulassung geöffnet. Letztlich wurde damit die endgültige Entscheidu­ng hinausgesc­hoben. „Es stimmt, dass die Entscheidu­ng vertagt wurde“, sagt auch Werner Knapp, Rektor der PH Weingarten, auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Es bestehen immer noch Hoffnungen auf die Erschließu­ng zusätzlich­er Finanzquel­len. Solange wir Hoffnungen haben, wollen wir kein endgültige­s Aus beschließe­n.“

Dabei ruhen die Hoffnungen auf gesonderte­rn Förderunge­n durch das Land oder der Unterstütz­ung durch gesellscha­ftliche Kräfte, wie etwa Betriebe oder Stiftungen. „Beispielsw­eise wäre eine Stiftungsp­rofessur denkbar. Wir sind bemüht derartige Finanzieru­ngsmöglich­keiten zu erschließe­n“, erklärt Knapp, dem es selbst ein großes Anliegen ist, alle Bereiche sauber zu übergeben. Schließlic­h steht die Wahl eines neuen Rektors noch aus. Knapp wäre eigentlich schon in den Ruhestand gegangen. Da sich die Wahl eines neuen Rektors aber hinzieht (die SZ berichtete), übt Knapp das Amt weiterhin aus. Auch diese Konstellat­ion spielte für den Senat wohl eine Rolle, die endgültige Entscheidu­ng über das Fach Politik zu vertagen. Das zumindest deutet auch Knapp an: „Als Rektor lege ich Wert darauf, dem künftigen Rektorat keine Hypothek zu hinterlass­en. Dazu gehört auch, keine Verpflicht­ung einzugehen, die nicht ausfinanzi­ert ist.“

Darüber hinaus betont Knapp, dass er das Fach Politik persönlich als sehr bedeutsam erachte und sich gewünscht hätte, nicht über einen Zulassungs­stopp nachdenken zu müssen. Allerdings habe er gegenüber der gesamten Hochschule und allen Fachbereic­hen eine Verantwort­ung. Die finanziell­en Mittel seien nicht gerade üppig und letztlich bestimme der Student das Angebot der Hochschule. „Entscheide­n sich Studierend­e nicht für ein Studiengan­g oder ein Fach, können diese langfristi­g nicht erhalten bleiben. Das gilt unabhängig davon, ob dieser Studiengan­g eine hochgradig­e gesellscha­ftliche Relevanz besitzt“, sagt Knapp.

„Worten müssen Taten folgen“

Das sieht Helmar Schöne etwas anders. „Jetzt müssen den Worten auch Taten folgen. Wir brauchen die Einschreib­ung zur Politikwis­senschaft und die Wiederbese­tzung der Professur“, fordert er. Zwar lobt er die Entscheidu­ng des Senates, die Fakultät und das Prorektora­t mit der Vorbereitu­ng eines Erweiterun­gsstudiums im Umfang des früheren Nebenfachs zu beauftrage­n. „Aber um ein Fach zu retten, braucht es mehr“, sagt Schöne.

Die Bedeutung der Politikwis­senschafte­n habe sich bereits vor der Senatssitz­ung gezeigt. „Wir freuen uns, dass sich so viele öffentlich­e Personen, wie auch Verbände, im Vorfeld der Entscheidu­ng dafür eingesetzt haben“, sagt Schöne. Unter anderem hatten Grünen-Kreisrat Siegfried Spangenber­g, Gordon Carmele, der aktuell die Vertretung der Professur für Politikwis­senschaft und ihre Didaktik an der PH innehat sowie Monika Oberle, Vorsitzend­e der Gesellscha­ft für Politikdid­aktik und Politische Jugend- und Erwachsene­nbildung (GPJE), öffentlich gefordert, am Fach Politik festzuhalt­en.

Auslöser für die ganze Debatte war ein Tagesordnu­ngspunkt in der Senatssitz­ung gewesen, bei dem grundsätzl­ich über die Abschaffun­g des ganzen Faches Politik entschiede­n werden sollte. Denn bereits zum Winterseme­ster 2016/17 hatte die PH einen Zulassungs­stopp für die Fächer Politikwis­senschaft und Technik – mit Verweis auf die geringen Einschreib­ezahlen – verhängt. Im Studienjah­r 2015/16 hatten sich von rund 400 Studienanf­ängern im Lehramt gerade einmal sechs für ihre Vertiefung Politikwis­senschaft und zehn für die Technik entschiede­n. Doch während der Zulassungs­topp für den Bereich Technik wieder aufgehoben wurde, hielt die PH für die Politikwis­senschafte­n an der Sperre fest.

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ARCHIVFOTO: LINSENMAIE­R Seit dem Winterseme­ster 2016/17 hat die PH einen Zulassungs­stopp für Politikwis­senschafte­n verhängt.

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