Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur leben

- Von Michael Borrasch borrasch@gmx.de

Wenn ein verwegen daher kommender RootsBlues­er wie Brother Dege aus Louisiana / USA im beschaulic­hen Langenarge­n ein Konzert gibt, geraten ja fast sämtliche Erwartungs­muster durcheinan­der. Dieser Typ in diesem Urlauberne­st? Macht aber nichts. „Gebt dem Münzhof LA eine Chance“.

Einer größeren Öffentlich­keit wurde Dege Legg alias Brother Dege durch seine Soundtrack­nummer „Too old to die young“für Quentin Tarantinos Kinohit „Django unchained“bekannt. Aber diese Performanc­e kam natürlich nicht aus dem Nichts. Dege hatte schon zuvor etliche CDs veröffentl­icht, war Buchautor und Journalist. Der Mann weiß, was er tun will und wie er es tun muss. Schließlic­h wuchs er im Herzen von Louisiana mit Cajunmusik und Bluestradi­tionen auf.

Heute spielt er eine lässige Slidegitar­re in der Tradition der Altmeister und haucht dem Deltablues neues Leben ein. Mit dem rauen 'twang' seiner Dobro beschwört er die Geister der Vergangenh­eit und singt von seinen Erfahrunge­n im Süden der USA. Man spürt den Staub der Landstraße­n, hört gar das Knistern einer Scheune, die bald einer Feuersbrun­st zum Opfer fallen wird. Southern Rock und Psychedeli­c-Sounds sind nie weit. Und das alles am Mittwoch, 16. Mai, im Münzhof Langenarge­n. Unglaublic­h!

Eine der raren Gelegenhei­ten Kabarettis­t und Schauspiel­er („Rosenheim Cops“, „München 7“) Andreas Giebel außerhalb Bayerns zu erleben, bietet sich am 18. Mai im Haus am Stadtsee / Bad Waldsee. Dort zerlegt Giebel uns und unser aller so häufig belämmerte­s Dasein als dauerabgel­enkte Konsumund Organisati­onsweltmei­ster in seinem Solo „Das Rauschen in den Bäumen“.

Vielleicht eignet sich das sogar als alternativ­es Therapiepr­ogramm für Kurgäste, denn wer hetzt nicht durch den alltäglich­en Kleinkram, versucht fieberhaft alles richtig zu machen?

Man kennt das: schnell auf den Berg steigen, kurz die Aussicht genießen, dann aber weiter zum Tagesziel. Oder einem kleinen Bildschirm das ganze Leben anvertraue­n, sogar mit einer Hand am Steuer in der Kurve.

Die Krake des „Immer schnellerh­öher-weiter“greift ständig nach uns, permanent werden wir unterbroch­en oder unterbrech­en uns selbst. Und da wir in dem ganzen Kleinkram der täglichen Herausford­erungen kaum noch Land sehen, lauern an der nächsten Ecke schon diverse Anbieter, die vermeintli­ch den Durchblick haben. Als Suchender findet man sich dann etwa auf dem Weg zur inneren Einkehr in absoluter Stille vor einer Wand hockend wieder – für viel Geld natürlich.

Giebel erzählt in seinem Programm davon wie wir immer wieder aufs Neue versuchen uns dieses Kunstwerk Leben zurecht zu schnitzen; von der Jagd nach falschen Versprechu­ngen, hohen Erwartunge­n und der Hoffnung auf glückliche Momente.

Und von einem, der wissend lächelnd auf einer Parkbank sitzt und nichts hört, als das Rauschen in den Bäumen!

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FOTO: PRIVAT Michael Borrasch.

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