Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kultur leben
Wenn ein verwegen daher kommender RootsBlueser wie Brother Dege aus Louisiana / USA im beschaulichen Langenargen ein Konzert gibt, geraten ja fast sämtliche Erwartungsmuster durcheinander. Dieser Typ in diesem Urlaubernest? Macht aber nichts. „Gebt dem Münzhof LA eine Chance“.
Einer größeren Öffentlichkeit wurde Dege Legg alias Brother Dege durch seine Soundtracknummer „Too old to die young“für Quentin Tarantinos Kinohit „Django unchained“bekannt. Aber diese Performance kam natürlich nicht aus dem Nichts. Dege hatte schon zuvor etliche CDs veröffentlicht, war Buchautor und Journalist. Der Mann weiß, was er tun will und wie er es tun muss. Schließlich wuchs er im Herzen von Louisiana mit Cajunmusik und Bluestraditionen auf.
Heute spielt er eine lässige Slidegitarre in der Tradition der Altmeister und haucht dem Deltablues neues Leben ein. Mit dem rauen 'twang' seiner Dobro beschwört er die Geister der Vergangenheit und singt von seinen Erfahrungen im Süden der USA. Man spürt den Staub der Landstraßen, hört gar das Knistern einer Scheune, die bald einer Feuersbrunst zum Opfer fallen wird. Southern Rock und Psychedelic-Sounds sind nie weit. Und das alles am Mittwoch, 16. Mai, im Münzhof Langenargen. Unglaublich!
Eine der raren Gelegenheiten Kabarettist und Schauspieler („Rosenheim Cops“, „München 7“) Andreas Giebel außerhalb Bayerns zu erleben, bietet sich am 18. Mai im Haus am Stadtsee / Bad Waldsee. Dort zerlegt Giebel uns und unser aller so häufig belämmertes Dasein als dauerabgelenkte Konsumund Organisationsweltmeister in seinem Solo „Das Rauschen in den Bäumen“.
Vielleicht eignet sich das sogar als alternatives Therapieprogramm für Kurgäste, denn wer hetzt nicht durch den alltäglichen Kleinkram, versucht fieberhaft alles richtig zu machen?
Man kennt das: schnell auf den Berg steigen, kurz die Aussicht genießen, dann aber weiter zum Tagesziel. Oder einem kleinen Bildschirm das ganze Leben anvertrauen, sogar mit einer Hand am Steuer in der Kurve.
Die Krake des „Immer schnellerhöher-weiter“greift ständig nach uns, permanent werden wir unterbrochen oder unterbrechen uns selbst. Und da wir in dem ganzen Kleinkram der täglichen Herausforderungen kaum noch Land sehen, lauern an der nächsten Ecke schon diverse Anbieter, die vermeintlich den Durchblick haben. Als Suchender findet man sich dann etwa auf dem Weg zur inneren Einkehr in absoluter Stille vor einer Wand hockend wieder – für viel Geld natürlich.
Giebel erzählt in seinem Programm davon wie wir immer wieder aufs Neue versuchen uns dieses Kunstwerk Leben zurecht zu schnitzen; von der Jagd nach falschen Versprechungen, hohen Erwartungen und der Hoffnung auf glückliche Momente.
Und von einem, der wissend lächelnd auf einer Parkbank sitzt und nichts hört, als das Rauschen in den Bäumen!