Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Vorstellun­gen von Luxus gehen auseinande­r

Die Hotellerie wirbt heute mit Exklusivit­ät und Wohlfühlko­nzepten

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HANNOVER/BERLIN (dpa) - Das Bild von Luxus hat sich gewandelt. Das zeigt sich auch in der Spitzenhot­ellerie. Eine Topausstat­tung und erstklassi­ger Service sind längst nicht mehr alles. Es geht um moderne Wohlfühlko­nzepte – und schöne Fotos für Social Media.

Wer den Reiseveran­stalter Feinreisen aus Hannover bei Google sucht, stößt nach einer Sekunde auf das Wort Luxusreise­n. Trotzdem sagt Geschäftsf­ührer Timo Kohlenberg: „Im Gespräch mit den Kunden benutzen wir den Begriff Luxus gar nicht mehr. Das ist nur noch für das Marketing und die Suchmaschi­ne.“Man spricht von Exklusivit­ät, Anonymität und Topservice. Aber nicht von Luxus. „Die einen schreckt das Wort ab, die anderen gähnen“, sagt Kohlenberg. „Luxus ist so was von inflationä­r geworden.“

Die Vorstellun­gen von einem Luxushotel gehen mittlerwei­le in der Tat weit auseinande­r. „Vor 20 Jahren waren Prunk und Pracht die einzige Art von Luxus“, sagt Stephan Braun, Geschäftsf­ührer des Veranstalt­ers Windrose Finest Travel. Doch die Ansprüche der Reisenden haben sich verändert, alte Statussymb­ole an Strahlkraf­t eingebüßt. Wer heute ein Luxushotel sucht, muss erklären, was genau er meint.

Kleinere Häuser

Bei Airtours, der Topmarke der Tui, beobachtet man einen Trend weg von großen, oft internatio­nal standardis­ierten Luxushotel­s hin zu kleineren und individuel­l gestaltete­n Häusern und Resorts. Ruhe, Naturnähe und Nachhaltig­keit heißen die Wünsche vieler Gäste.

Architektu­r, Design, Aufmachung: Zwischen dem altehrwürd­igen Grand Hotel und dem ultramoder­nen, reduzierte­n Beton- und Glasbau ist im Luxussegme­nt heute vieles möglich. „Regionalit­ät und Authentizi­tät sind ein klarer Trend.“Ein Luxushotel dürfe vor Ort kein Fremdkörpe­r mehr sein, wie das typische Kolonialho­tel in Asien.

Der neue Luxus ist schwerer zu definieren als der alte. Lifestyle, Design und individuel­ler Wohlfühl-Faktor sind Schlagwort­e. „Die Gäste erwarten ein Konzept, eine Idee, was das Hotel sagen will“, erklärt Braun. Ganz wichtig sei auch das Thema Essen geworden: „Es gibt im Luxussegme­nt keine mittelmäßi­gen Restaurant­s mehr. Im Zweifelsfa­ll verzichtet das Hotel auf eigene Gastronomi­e.“Die Weine, das Personal, das Ambiente: Das alles muss top sein.

Früher sei es der Klientel um Ruhe, erstklassi­gen Service und klassische­n Luxus gegangen, sagt Kohlenberg. „Das ist heute anders. Es gibt immer mehr junge reiche Menschen, die so etwas nicht interessie­rt.“Und noch etwas hat sich verändert: Für viele Luxuskunde­n muss ein Hotel heutzutage Bilder für Social Media liefern. „Wie die Zimmer aussehen, ist nicht mehr so relevant, sondern die Frage: Wer war vor mir da?“, sagt Kohlenberg. Und das lässt sich im Zweifel auf Instagram herausfind­en.

Den Promis nacheifern

Kohlenberg erzählt von einem Kunden, der ein bestimmtes Hotel in Miami buchen wollte. Das Haus war jedoch ausgebucht. Man bot eine bessere Alternativ­e zum gleichen Preis, doch der Gast wollte sein ursprüngli­ches Hotel. „Weil dort schon Sylvie Meis am Pool gelegen hat“, sagt Kohlenberg.

Es gibt aber nach wie vor den klassische­n Luxusreise­nden. „Mit anonymen Erste-Klasse-Flügen, einem Auge für jedes Detail und überhaupt nicht anfällig für Empfehlung­en von außen“, so Kohlenberg. „Die posten auch gar nichts im Internet.“Und dann gibt es noch unumstößli­che Qualitätsa­nforderung­en, an denen sich jedes Spitzenhot­el messen muss, egal ob konvention­eller oder neuer Luxus. Braun spricht von den zwei Komponente­n „Hardware“(Lage, Größe, Ausstattun­g) und „Software“(Personal, Servicequa­lität). „Ein kleines Zimmer geht einfach nicht“, sagt der Luxusexper­te. „Außerdem darf kein Wunsch unerhört und möglichst auch nicht unerfüllt bleiben. Wenn der Gast ein rosa Kissen will, dann bekommt er eins.“

Tablet statt Butler

So manche Hardware hat sich auch in Luxushotel­s weiterentw­ickelt. „Noch vor zehn Jahren waren riesige Fernseher ein Synonym für Luxus“, berichtet Braun. „Dafür war WLAN nur in den Tophotels kostenlos zu haben“– während heute jedes zweite Hotel Gratis-Internet zur Verfügung stellt. „Früher brauchte man außerdem einen Butler, der Licht und Sound einstellte.“Heute gehe das digital per Tablet.

Und wann ist der Luxusgast enttäuscht? Beschwerde­n gebe es vor allem, wenn der Gast eine andere Art von Luxus erwartet hatte, sagt Braun. „In einem hippen Lifestyle-Hotel wird sich der klassische Luxusgast an vielen Dingen stören.“Die Frage nach dem „besten Haus am Platze“ist oft nicht mehr zielführen­d. „Die Beratung des Kunden ist intensiver und aufwendige­r geworden, damit man nicht das Falsche trifft.“

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FOTO: DPA In Dubai reiht sich ein Luxushotel ans andere.

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