Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Erinnerungen an einen Ravensburger
Wenn er sein Studium in Tübingen erfolgreich abschließen würde, würde er eine mehrtägige Wallfahrt von seiner Heimatstadt Ravensburg zum Kloster Einsiedeln in der Schweiz absolvieren, lautete einst sein Gelübde. Statt Priester zu werden, wie ursprünglich beabsichtigt, wurde er Lehrer. Seine große Liebe galt der Kunst. Die Rede ist von Dr. Manfred Erb.
Im Laufe der Jahrzehnte erstand er als Sammler Werke bedeutender Künstler(innen) und machte sein Wohnhaus in der Ravensburger Unterstadt zu einem Museum, das allerdings nur enge Freunde kannten. Zu den Schülern, denen er einst mit Freude und Stolz neu erworbene Kunstschätze vorführte, verbunden mit fachkundigen Erklärungen, zählte auch ich. Beeindruckend für mich und andere Besucher seines im Lauf der Zeit zum Kunstmuseum gewordenen Wohnhauses war es auch, dass er in der Fastenzeit alle Kunstwerke mit Leintüchern verhüllte. So wurde der Ostermorgen zu einem noch größeren Fest!
Den Lehrer und Kunstsammler auf seiner Wallfahrt nach Einsiedeln begleiten und dort einige Tage im Kloster verbringen durften auch zwei seiner Schüler. Wie so mancher Pädagoge war er umstritten. Seine umfassende Kunstsammlung, die in seiner Heimatstadt leider nie gewürdigt worden ist, wird nun nach seinem Tod aufgelöst und versteigert.