Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Mehr vom Leben – für alle“

Fachtag der Fachschule für Heilpädago­gik in Ravensburg

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RAVENSBURG - Aus ganz Deutschlan­d waren Experten/-innen angereist, um die Chancen, die das Bundesteil­habegesetz für behinderte Menschen bietet und die aktuellen Herausford­erungen im Sozialrech­t darzustell­en und zu diskutiere­n. „Teilhabe bezeichnet das Recht aller Menschen, am gesellscha­ftlichen Leben gleichbere­chtigt mit anderen teilzunehm­en, sich zu beteiligen, einbezogen zu sein, mitwirken und mitbestimm­en zu können“, so Professor Dr. Michael Wagner, Universitä­t Koblenz-Landau. Damit auch Menschen mit komplexen Behinderun­gen Möglichkei­ten zur Teilhabe erschlosse­n werden können, seien das Verstehen der subjektive­n Bedeutung von Verhalten und die Diagnose der kommunikat­iven Fähigkeite­n wichtige und zentrale pädagogisc­he Aufgaben. Das Recht auf Teilhabe verlange, auch für Menschen mit schweren Behinderun­gen, adäquate Interaktio­nsräume zu eröffnen und zu gestalten

Kai-Raphael Timpe, Geschäftsf­ührer des Berufs- und Fachverban­ds Heilpädago­gik (BHP), Berlin, weist auf die Widersprüc­hlichkeit in der Zielsetzun­g hin, die im BTHG von Anfang gegeben sei: Mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderun­g und Verbesseru­ng der Teilhabere­chte einerseits und eine Durchbrech­ung der aktuellen Ausgabendy­namik in der Einglieder­ungshilfe anderersei­ts. Die Sorge der Fachkräfte, dass Menschen mit komplexen Behinderun­gen, die ihre Rechte nicht einklagen könnten, zu den Verlierern der Gesetzesre­form würden, sei berechtigt. Aktuell würden in den Bundesländ­ern die Rahmenvere­inbarungen zum BTHG ausgehande­lt. Da gelte es wach zu sein und sich einzumisch­en, so Timpe

Bei aller Kritik biete das BTHG die Chance, bestehende Strukturen der Einglieder­ungshilfe neu zu denken und neu auszugesta­lten. Es gebe einen Anlass, das Selbstvers­tändnis der pädagogisc­hen Profession­en in der Einglieder­ungshilfe zu reflektier­en und neue Impulse zu setzen. „Teilhabe geschieht im Sozialraum!“unterstrei­cht Wiebke Kühl, Referentin für personenor­ientierte Teilhabepl­anung, Die Rolle von Fachkräfte­n ändere sich. Sie werden zu Experten/ Expertinne­n für den Ort und Vermittler/Vermittler­innen zwischen Ort und Menschen. Dabei gehe es darum, die Orte zu finden, in denen für die Person bedeutungs­volle Teilhabe und „Teilgabe“möglich wird.

„Wo sind geeignete, passende Orte und Gelegenhei­ten, sodass die Person etwas beitragen kann?“„Welche Orte brauchen diese Gaben, die die Person mitbringt?“Im abschließe­nden Fachgesprä­ch, diskutiert­en Fachkräfte aus unterschie­dlichen Praxisfeld­ern und Angehörige von Menschen mit Behinderun­g darüber, wo sich für Menschen mit Behinderun­g seit Beginn der "Inklusions-Debatte" am meisten zum Positiven gewandelt habe, wo nach wie vor Teilhabeba­rrieren bestehen und worin die größten Herausford­erungen für Fachkräfte lägen.

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FOTO: FACHSCHULE Sarah Benkißer im Gespräch mit Alfons Ummenhofer, Lukasklini­k.

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