Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Elvis lebt, wenn Hämmerle singt
In der Linse treffen Memphis Elvis und Bempflinger Elvis aufeinander
WEINGARTEN - „Elvis trifft Elvis“– mit diesem augenzwinkernden, spektakulären und einmaligen Programm haben Bernd Kohlhepp und Nils Strassburg in der Linse in Weingarten Halt gemacht. Leider nicht vor vollem Haus. Und leider auch viel zu kurz, wenn man den üppigen Applaus der gut 100 Zuschauer Ende vergangener Woche dahingehend wertet, dass die gern noch viel mehr vom Bempflinger Vorzeige-Schwaben Herr Hämmerle und dem legendären Elvis gesehen hätten.
Zunächst einmal sei gesagt: „Haha-Helmut“hat ordentlich was abgekriegt als Erste-Reihe-Sitzer. Sein Fett, wie es landläufig heißt. Diese flapsige Formulierung wird der etwas schmallippige Herr vermutlich auch kennen. „Früher hat man gesagt: Sieben Meter grüner Stoff und ein blödes Gesicht …“schwirrt dem Zuschauer aus Weingarten offensichtlich beim Anblick des Herrn Hämmerle in seinem froschgrünen Gartenanzug durch den Kopf. Und dann macht er den Fehler, bei Kohlhepps hinlänglich bekannter Zuschauer-Befragung zum einen bei der Nennung seines Namens zu zögern („Ha-ha-Helmut“) und dann noch jenen schrägen Satz hinterher zu schieben. Somit erlangt HahaHelmut unerwartet Berühmtheit und wird Hämmerle zur Projektionsfläche für den Rest des Abends.
Ersatztermin für Ausfall im März
Der Abend. Nun, der ist Ersatztermin für den ursprünglich bereits im März geplanten Stopp der beiden Könner Kohlhepp (dessen Figur des Herrn Hämmerle längst Einzug ins Fernsehen gefunden hat) und Strassburg (dem der Ruf vorauseilt, Deutschlands bester Elvis-Imitator zu sein). Damals waren alle Karten ausverkauft, doch der Tübinger Bernd Kohlhepp erkrankte.
Nun aber, am Donnerstag, da ist er wieder fit. Und das lässt er den Techniker auch bekunden, der über ein Infobanner die Nachricht laufen lässt: „Herr Hämmerle ist gesund – und Elvis geht‘s auch wieder besser“.
Und ja, im Grunde kommt das hin: Elvis lebt! Zumindest, wenn Strassburg performt und Kohlhepp singt. Nils Strassburg, pardon Elvis, sieht nämlich im Ganzkörper-Glitzeranzug mal zahnpastaweiß, dann taubenblau, mit der schwarzen Tolle und dem sinnlichen Mund exakt so aus, wie das Publikum den coolen, den gesunden, den kraftstrotzenden Star in Erinnerung hat. Dass er die Hits des Kings of Rock 'n’ Roll singen kann – geschenkt. Wiewohl „In the Ghetto“besonders samten und anrührend klingt. Dazu kommen: Ein leicht sprödes Charisma, grosszügige Gaben an die Damen (verschwitzte Polyesterschals, die er en gros um den Hals trägt), ein breiter, sexy Tennesse-Slang und ein ausserordentlich geschmeidiger Hüftschwung.
Das sind nun genau die Disziplinen, bei denen Herr Hämmerle nicht vorne mitspielt: Sein Englisch ist grottenschlecht, seine Haltung orthopädisch fragwürdig, sein Charme beschränkt sich auf knitzes DamenAnblinzeln. Die Farbwahl der hämmerle’schen Jackets wird im Laufe des Abends noch unterirdischer und wenn er seinen Kühlschrank von Form und Islolation her mit seiner Mutter vergleicht, dann macht das den Hämmerle auch nicht attraktiver.
Aaaaber: wenn der Hämmerle den Kohlhepp singen lässt, dann fährt das direkt beim Publikum in die Brust. Dass sich die Texte im Irrwitzgen verlieren, immer noch eine abstrusere Wendung nehmen, das erwarten die Fans ja faktisch von ihrem komischen Herrn Hämmerle.
Auf das Original „Are you lonesome tonight“textet Kohlhepp für sein alter Ego Hämmerle „Laufe isch gsond – doch meine Fiaß sind scho wund – ich sah an der Ampel rot’s Licht – doch die Blitza’lag nicht – Drum bin i langsam zur Zeit“. Was dieses Lied wie auch der Kühlschrank-Song (auf „It’s now or never“) oder „Love me tender/Soifespender „ zeigen? Der Kohlhepp hat Stimme. Und was für eine. Satt, fett, mit Tremolo. Und schlafwandlerisch sicher. Was umso eindrucksvoller ist, weil Kohlhepp ja „schwabifiziert“singt.
Alle kommen auf ihre Kosten
Soll heißen: Zusammengenommen kommen alle auf ihre Kosten: Die Frauen lieben Elvis. Und das Schussental Publikum liebt seinen Hämmerle! Gut, der Haha-Helmut hat vielleicht noch dran zu knabbern, dass er so zur Zielscheibe der Hämmerle-Schwertgosch geworden ist. Aber nach etwa 100 Minuten Spielzeit ist nicht nur ein Mords-Applaus für Hämmerle und Elvis drin - sondern auch für Helmut.