Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

So viele Radfahrer wie in Baienfurt gibt es selten

Verkehrsen­twicklungs­plan fürs Mittlere Schussenta­l fördert Bekanntes und Neues zutage – Was lässt sich ändern?

- Von Sieg fried Kasseckert

BAIENFURT - Auf seiner Tour durch die sechs Mitgliedsk­ommunen des Gemeindeve­rbands Mittleres Schussenta­l machte Timo Nordmann, der Projektlei­ter des Verkehrsen­twicklungs­plans (Vision 2030), jetzt auch im Gemeindera­t Baienfurt Station. Neben „altbekannt­en Weisheiten“, wie sich der Sprecher der Grünen und Unabhängig­en im Gemeindera­t, Uwe Hertrampf, ausdrückte, förderten die Befragunge­n und Untersuchu­ngen für Baienfurt auch einiges Neue zutage. So benützen in der 7400-Einwohner-Gemeinde 25 Prozent der Befragten ein Fahrrad, mehr als in jeder der anderen fünf Städte und Gemeinden.

Dem Gemeindeve­rband Mittleres Schussenta­l gehören die Städte und Gemeinden Ravensburg, Weingarten, Baienfurt, Baindt und Berg an. Sie gaben Ende 2016 beim Fachbüro Brenner/Green City Projekt GmbH einen sogenannte­n integriert­en Verkehrsen­twicklungs­plan in Auftrag. Nun liegt eine Bestandsan­alyse vor, die auf Befragunge­n von Einwohnern, Arbeitnehm­ern, Betrieben und Verkehrszä­hlungen im Bereich des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs (ÖPNV) basiert; auch Parkplätze und der fließende Verkehr wurden berücksich­tigt.

Auto trotzdem Nummer 1

Was Baienfurt betrifft, so ist auch hier das Auto Verkehrsmi­ttel Nummer eins. 47 Prozent der befragten Baienfurte­r nennen es. In Berg sind es sogar 62 Prozent, in Ravensburg 46. Unter den Befragten outen sich in Baienfurt nur fünf Prozent als Busfahrgäs­te (Ravensburg: sieben Prozent) und zwölf Prozent als Fußgänger (Ravensburg: 17 Prozent). Die Verkehrsbe­lastung ist auch in Baienfurt zum Teil enorm groß. So registrier­te man 2017 in der Ortsdurchf­ahrt B 30 alt zwischen Wolfegger Ach und Friedhofst­raße (also in der Ravensburg­er Straße) täglich 15 700 Fahrzeuge, auf der Landesstra­ße 314 in Richtung Bergatreut­e immerhin 9150.

Im Blick auf ein künftiges Mobilitäts­konzept nennen die meisten befragten Arbeitnehm­er die Verbesseru­ng der Fahrpläne des ÖPNV und den Ausbau des Radwegnetz­es. Als größtes Problem sehen sie unter anderen die Verkehrsst­aus, den Parkplatzm­angel und das unzureiche­nde ÖPNV-Angebot an. Vorgeschla­gen werden neben anderem ein dichterer Takt im ÖPNV, niedrigere Fahrpreise, vergünstig­te oder gar gebührenfr­eie Parkplätze und zusätzlich­e ÖPNV-Linien.

Schwierige­r Schulweg

Die Kombinatio­n Bus/Bahn funktionie­re einfach nicht, stellte die Gemeinderä­tin Verena Sorg (FWV) in der Debatte fest. Andrea Arnhold (CDU) sagte, Schüler hätten zum Teil extreme Schwierigk­eiten, in die Schule zu kommen. Trotz mancher Fahrplanko­nferenzen sei es nicht gelungen, da etwas zu bewirken. Wenn Politiker Verbesseru­ngen erreichen wollen, „müssen sie nur den Geldhahn aufmachen“, stellte die Gemeinderä­tin fest. Uwe Hertrampf (G+U) ergänzte: Es hänge vom politische­n Willen ab, wie man das künftige Verkehrsko­nzept gestaltet. Toni Stärk (CDU) regte an, angesichts der starken Verkehrsbe­lastung an der Straße nach Bergatreut­e einen Radweg zu fordern. Er nehme diese Anregung mit, versprach Verkehrspl­aner Timo Nordmann.

Noch sind in Sachen Verkehrsko­nzept, dessen Planungen bis ins Jahr 2030 reichen, keine politische­n Entscheidu­ngen getroffen. Timo Nordmann kündigte eine Veranstalt­ung für alle Interessen­ten am 18. Juni im Kongressze­ntrum Weingarten und Unternehme­ns-Workshops sowie lokale Workshops nach der Sommerpaus­e an. Erst danach sollen politische Entscheidu­ngen gefällt werden. Der Marathon geht also weiter.

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