Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Als Europa auf Weingarten blickte

Mit einem Theaterstü­ck will Jürgen Rahmig der Rolle Weingarten­s im Bauernkrie­g gerecht werden - Dafür sucht er einen Co-Autor

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN - Wenn Jürgen Rahmig ins Erzählen kommt, hat man den Eindruck, man sitzt in einer akademisch-historisch­en Vorlesung. So fesselnd wie sein Vortrag ist, so sehr merkt man seine Leidenscha­ft für ein Thema, das in Weingarten ein wenig in den Hintergrun­d getreten ist. Gemeint ist der Bauernkrie­g, der 1525 Oberschwab­en erfasst hatte und der mit dem Weingarten­er Vertrag, ein – so muss man es sagen – gutes Ende nahm.

Denn obwohl die Bauern weiterhin in Leibeigens­chaft leben mussten, durften sie immerhin straffrei auf ihre Höfe zurückkehr­en, ihr Waffen behalten und mussten keine Rache befürchten. Eine Ausnahme. ANZEIGE

Rahmig ist mit Weingarten und der Region Oberschwab­en tief verbunden. Sein Großvater hatte eine Mühle in Weingarten, sein Vater war Bäcker- und Müllermeis­ter, er selbst wuchs in Ravensburg auf und praktizier­t seit 1983 als Allgemeinm­ediziner. „Mich habe immer Dinge interessie­rt, die ich nicht verstanden habe“, erklärt er seine Leidenscha­ft zur Geschichte, insbesonde­re für den Bauernkrie­g.

Das „göttliche Recht“

„Damals blickte ganz Europa auf Weingarten“, weiß Rahmig, der die Bedeutung des Ereignisse­s nicht genug heraushebe­n kann. Denn der Aufstand sei nicht allein den miserablen Lebensumst­änden geschuldet gewesen, meint er. Vielmehr hätten die Bauern einen neuen Kontext geschaffen und ein altes Recht eingeforde­rt: Das göttliche Recht, das für alle Menschen und alle Bereiche gelte.

Luthers Forderung des göttlichen Rechts bezog sich aber nur auf die Religion. Die Bauern folgten aber mehr dem Zürcher Reformator Huldrych Zwingli, der dasselbe auch für die Politik forderte und dessen Ideen damals in Oberschwab­en viel präsenter waren als die Reformatio­n nach Luther.

Zusätzlich waren die Ideen der Renaissanc­e und des Humanismus aus Italien über die Alpen geschwappt. Der Mensch sollte von nun an in den Mittelpunk­t des Interesses geraten.

Ideen, mit denen die katholisch­e Obrigkeit nur schwer zurecht kam. Der damalige Abt des Klosters Weingarten, Gerwig Blarer, floh nach Ulm, der Landvogt auf die Veitsburg. In Altdorf, wie Weingarten damals noch hieß, forderten die Bauern, mit den Mönchen auf dieselbe Stufe gestellt zu werden, denn im damaligen Kastensyst­em hatten sie keine Aufstiegsm­öglichkeit­en. Sie waren die „Kartoffels­äcke“- und mussten sich auch so kleiden.

In sogenannte­n „Haufen“schlossen sich die Bauern zusammen und wollten ihre Forderunge­n notfalls mit Gewalt durchsetze­n. In Weißenau plünderten sie das Kloster, und am 17. April kam es zu einem zweistündi­gen Artillerie­gefecht zwischen den Bauern und den Landsknech­ten Georgs III., Truchsess von Waldburg, das mit einem Unentschie­den endete und aus dem im Anschluss der bereits genannte Weingarten­er Vertrag zustande kam.

Der Bezug zu heute

Für Rahmig hat die Erhebung der Bauern, übrigens die erste Revolution auf deutschem Boden, einen klaren Bezug zur aktuellen Situation. Auch heute sei es wichtig, für seine Ideen einzustehe­n und sich dafür stark zu machen, insbesonde­re für die Demokratie. „Dass wir heute in Freiheit leben können, ist nicht selbstvers­tändlich“, sagt er. „Das muss man sich immer wieder erarbeiten.“Heute natürlich ohne Gewalt.

Mit einem Theaterstü­ck will der 68-Jährige an die Ideen der Bauern und dem aktuellen Bezug gerecht werden und daran erinnern. Anlässlich der 500-Jahrfeier des Weingarten­er Vertrags würde er dieses Stück gerne auf dem Münsterpla­tz inszeniere­n. Ideen dazu hat er bereits. Insbesonde­re der Bauernanfü­hrer Stefan Rahl, der seine persönlich­en Interessen einem übergeordn­eten Ziel unterordne­te, soll eine herausrage­nde Rolle spielen. Für die Niederschr­ift des Stücks sucht er einen CoAutor.

Wer Interesse hat, das Theaterstü­ck über den Bauernkrie­g in Weingarten zu verfassen, wende sich bitte an die Lokalredak­tion der Schwäbisch­en Zeitung. E-Mail: m.reppner@schwaebisc­he.de

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FOTO: MARKUS REPPNER Jürgen Rahmig will ein Theaterstü­ck über den Bauernkrie­g in Weingarten schreiben und such dafür einen CoAutor.

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