Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Polizei kritisiert Vermisstensuche auf Facebook
Immer wieder veröffentlichen Eltern Namen und Fotos ihrer Kinder – Das kann die Ermittlungen behindern
RAVENSBURG - Vor wenigen Tagen meldet ein Medienunternehmen auf Facebook, dass eine Jugendliche aus Ravensburg vermisst werde, veröffentlicht ihren Vornamen sowie zwei Fotos und bittet die Community um Hilfe. Der Beitrag wird Tausende Mal geteilt, Hunderte kommentieren darunter. Kurz darauf taucht das Mädchen wieder auf, die Polizei hat es bei einem Freund aufgegriffen. Der Post jedoch ist noch Tage später im sozialen Netzwerk zu sehen – inklusive Selfie im bauchfreien Top. Immer wieder machen Angehörige, die ihre Kinder oder Verwandte vermissen, solche Alleingänge in den sozialen Netzwerken. Die Polizei findet das gar nicht lustig – denn diese Aktionen können ein Nachspiel haben.
Um den öffentlichen Aufruf haben in diesem Fall – nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“– der Pflegevater und die Schwester der Betroffenen gebeten – die Polizei dagegen hatte den Fall bewusst nicht öffentlich gemacht. „Aus polizeilicher Sicht war es nicht erforderlich, an die Öffentlichkeit zu gehen“, erklärt dazu Markus Sauter, ein Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz. „Die Öffentlichkeitsfahndung zählt (...) im Regelfall zu den letzten Mitteln, die die Polizei ergreift.“Denn das Persönlichkeitsrecht des Vermissten solle nicht verletzt, Kinder und Jugendliche darüber hinaus für ihr Tun nicht stigmatisiert werden.
Maßnahmen nur in Abstimmung mit der Polizei
„Die Bearbeitung von Vermisstenfällen ist grundsätzlich Aufgabe der Polizei“, stellt Sauter klar. Diese treffe nach geltender Rechts- und Vorschriftenlage alle Maßnahmen, die zur Feststellung des Verbleibs von Vermissten führen können. Dabei würden nicht nur die möglichen Umstände und Ursachen des Verschwindens geklärt, sondern auch, ob Vermisste Opfer einer Straftat geworden sind. „Idealerweise sollten daher Maßnahmen, die Eltern ergreifen, in enger Abstimmung mit der Polizei erfolgen“, betont der Pressesprecher.
Eltern oder Erziehungsberechtigte könnten selbstverständlich bei Angehörigen und Bekannten herumfragen. Die Nutzung sozialer Netzwerke aber solle grundsätzlich mit der Polizei besprochen werden – ansonsten könne das polizeiliche Maßnahmen konterkarieren.
Auch darüber hinaus warnt Sauter davor, Fahndungsaufrufe im Internet zu veröffentlichen, denn „erfahrungsgemäß können solche Fahndungsrufe von privater Seite nicht mehr oder nur schwer aus dem Netz entfernt werden“.