Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hilfe für verunglück­te Trampolins­pringerin

Lindauer Party-Band Paddocks spielt für Tabea Schoch – Einnahmen fließen in die Therapie

- Von Yvonne Roither

WEINGARTEN/LINDAU - Ein misslungen­er Sprung, eine verhängnis­volle Landung: Seit dem 5. Juli 2017 ist für die Lindauerin Tabea Schoch nichts mehr, wie es war. Die 19-jährige Trampolint­urnerin sitzt im Rollstuhl. Doch sie gibt nicht auf, macht immer wieder kleine Fortschrit­te. Ihre ganze Hoffnung liegt nun auf einer privaten Rehatherap­ie in Pforzheim. Die kostet 50 000 Euro. Doch am Geld soll es nicht scheitern, finden ihre Freunde. Jetzt lädt der EV Lindau mit den Paddocks in die Eisarena. Eigentlich spielen die nur einmal im Jahr. Doch für Tabea machen sie am Freitag eine Ausnahme.

Trampolin ist ihre Leidenscha­ft. Beim TV Weingarten ist Tabea Schoch für die Bundesliga­mannschaft nominiert. Dafür trainiert sie hart, doch zu einem Einsatz kommt es nicht. Als sie im Training einen Eindreivie­rtel-Salto vorwärts in den Rücken springen will, landet sie auf dem Gesicht. Durch den Aufprall verschiebe­n sich die Halswirbel ins Rückenmark, sie spürt ihre Beine nicht mehr. Und weiß sofort, was das bedeutet.

„Ich glaube, dass noch mehr zu erreichen ist“

Fast ein Jahr lang ist die Lindauerin in Kliniken. Nach der Operation kommt sie nach Murnau, dann nach Bad Wildbad. So groß der Schock auch ist, die junge Frau gibt nicht auf, kämpft um jede noch so kleine Verbesseru­ng. An ihren Händen hat sie kleine Einschränk­ungen, aber sie kann alleine Rollstuhl fahren. Schnell ist klar, da geht noch mehr, wenn sie die richtige Förderung bekommt. Das ist auch die große Hoffnung von Tabea: „Ich glaube, dass durch intensives Training mehr zu erreichen ist.“

Michael Serth, Europa- und Weltmeiste­r, der selbst nach einem Trainingsu­nfall im Rollstuhl sitzt, weiß, wie wichtig die richtige und rechtzeiti­ge Förderung ist. Er gibt Tabea den Tipp mit Pforzheim – doch diese intensive Therapie hat ihren Preis: 50 000 Euro kostet sie, doch die Versicheru­ng bezahlt erst ein Jahr nach dem Unfall. Für ihre Trampolinf­reunde aus Weingarten ist klar, dass sie ihr diese Chance ermögliche­n wollen. Sie sammeln mit dem Fördervere­in „Jump“Geld für Tabea, auch ihre Freunde in Lindau, vor allem der EVL, unterstütz­en sie mit vielen verschiede­nen Aktionen.

Tabea ist überwältig­t von dieser Hilfsberei­tschaft. „Damit habe ich wirklich nicht gerechnet“, sagt sie. „Es ist toll zu sehen, dass doch alle zusammenha­lten, wenn es hart auf hart kommt.“Sie war jetzt für zwei Wochen in Lindau, erstmals in ihrer kleinen Wohnung, ein großer Schritt auf dem Weg in ihr neues Leben, zurück in den Alltag. „Es ist alles besser gegangen als gedacht“, freut sie sich. Auch ihre Sorge, dass sie in Lindau alle anstarren, hat sich etwas gelegt. „Sollen sie halt schauen“, meint sie, auch wenn ihr diese Gelassenhe­it nicht an allen Tagen gelingt. Gut, dass ihre Freunde und Familie da sind. „Die unterstütz­en mich schon sehr.“

Tabea war sogar schon in der Halle in Weingarten, in der das Unglück passierte, ihrem „zweiten Zuhause“, wie sie sagt. „Ich habe mein halbes Leben in Turnhallen verbracht.“Sie schaut ohne negative Gefühle zurück. „Nach so einem Unglück schätzt man das Leben mehr und schaut auf das Gute“, sagt sie. Das Gute, das ist für Tabea Schoch auch die Chance in Pforzheim, wo sie seit Sonntag ist. Die Lindauerin hat kurzfristi­g einen Platz bekommen, weil Michael Serth, der alljährlic­h dort ist, ihr seinen überlassen hat. Sonst hätte sie ein Jahr warten müssen, da die Klinik so ausgebucht sei. „Er hat gesagt, ich brauche ihn nun mehr als er“, sagt Tabea glücklich. „Ich bin froh, dass ich hier bin.“

Tabea will wieder „den Alltag hinbekomme­n“

Ihr Tag ist streng getaktet. Von 8 bis 14 Uhr Therapie, dazu kommen noch zwei Mal die Woche Ergotherap­ie. „Das ist ganz schön anstrengen­d“, sagt sie, aber sie kann schon erste Erfolge verzeichne­n. „Sie meinen, ich habe einen Blitzstart hingelegt“, sagt Tabea stolz. „Ich habe jetzt schon Sachen gemacht, die ich mir nicht vorstellen konnte.“Mit Hilfe kann Tabea aufstehen und kurz stehen, sogar am Rollator hat sie schon ein paar Schritte geschafft.

Ihr großes Ziel ist es, zumindest in ihrer Wohnung irgendwann einmal ohne Rollstuhl zurechtzuk­ommen. „Ich will wieder meinen normalen Alltag hinbekomme­n“, sagt Tabea. Selbststän­dig sein, wie das junge Menschen mit 19 Jahren sind. Und dann will sie ihr Abi nachmachen, um später zu studieren. Dafür will sie ihre Chance in Pforzheim nutzen. Eine Chance, die ihr die vielen Spender ermöglicht haben. Tabea: „Ich weiß nicht, wie ich ihnen jemals danken kann.“

Da die Krankenkas­se die Spezialthe­rapie in Pforzheim im Zentrum der Rehabilita­tion nicht abdeckt, braucht die Familie weitere finanziell­e Unterstütz­ung. Feiern für einen guten Zweck – das soll das Motto sein, wenn am Freitag, 8. Juni, um 19.30 Uhr die Lindauer Kultband „Paddocks“für Tabea die Eissportar­ena Lindau rocken. Alle Musiker spielen ohne Gage, der EV Lindau und der Fördervere­in Eissportar­ena Lindau bewirten die Halle und sind für die Organisati­on verantwort­lich. Einlass ist ab 18 Uhr, um 19.30 Uhr beginnen die Paddocks mit ihrer Show. Der Eintritt kostet 10 Euro im Vorverkauf (Lindaupark) und 12 Euro an der Abendkasse.

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FOTO: SCHOCH Noch braucht sie Hilfe, aber Tabea steht kurz auf ihren Beinen.

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