Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
AfD-Reservierungen storniert
Augsburger Hotel fürchtet Krawalle bei Parteitag
AUGSBURG (sz/lby) - Drei Wochen vor dem AfD-Bundesparteitag in Augsburg hat die Partei Probleme mit Hotelreservierungen. So hat das bekannteste Haus der Stadt, das zu Steigenberger gehörende Hotel „Drei Mohren“, aus Angst vor möglichen Krawallen Linksextremer zehn Zimmer von AfD-Delegierten storniert. Anders geht das Augsburger Hotel „Holiday Express Inn“vor: In dem Haus sollen Spitzenpolitiker der AfD wie die Bundestags-Fraktionschefs Alice Weidel und Alexander Gauland übernachten.
Die Kette „Success Hotel Group“teilte der Parteispitze nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“mit, die prominenten Gäste seien willkommen – unter einer Bedingung: Wenn sie versicherten, dass sie „keine Äußerungen gegenüber anderen Gästen oder Mitarbeitern tätigen“, die sich nicht mit der offenen Weltanschauung der Hotelkette deckten.
QUEDLINGBURG - Horst Seehofer lässt sich am Freitag während der Pressekonferenz mit den Länder-Innenministern das Telefon reichen. 12.47 Uhr in Quedlinburg, der Bundesinnenminister liest den Text vom Smartphone ab: Ali B., der nach der Tötung von Susanna F. geflüchtete Iraker, „ist heute Nacht gegen 2 Uhr durch kurdische Sicherheitsbehörden im Nordirak auf Bitten der Bundespolizei festgenommen worden“. Das Auswärtige Amt habe begonnen, die Auslieferung des 20-Jährigen zu beantragen.
Es ist ein spektakulärer Fahndungserfolg im Fall Susanna F., der mutmaßlich von dem irakischen Flüchtling vergewaltigten und getöteten 14-Jährigen aus Mainz. Der Hauptverdächtige des grausamen Verbrechens gefasst – die Chance ist groß, dass Ali B. in Deutschland vor Gericht gestellt wird, nicht ungesühnt davonkommt. Seehofer wirkt erleichtert. „Ich danke den beteiligten kurdischen Sicherheitsbehörden, dass diese die Verhaftung möglich gemacht haben“, sagt Innenminister Seehofer. Der Erfolg zeige, wie gut die Kontakte zwischen deutschen und irakischen Behörden, wie wichtig die Zusammenarbeit sei.
Der Fall wühlt Deutschland auf
Der Fall Susanna wühlt Deutschland auf. Mehr als zwei Wochen wurde das Mädchen vermisst. Am Mittwoch war die Leiche des Mädchens dann in Wiesbaden gefunden, tags darauf ihre Identität bestätigt worden. Schon am vergangenen Wochenende hatte Ali B. mit seiner Familie Deutschland verlassen, war überhastet über Istanbul weiter in den Nordirak geflohen.
Wie konnte es dem Verdächtigen und der achtköpfigen Familie gelingen, trotz unterschiedlicher Namen in den Reisedokumenten und auf den Tickets ungehindert in Düsseldorf ins Flugzeug zu steigen und das Land zu verlassen? Und vor allem: Warum war der Asylbewerber trotz vorheriger polizeibekannter Vergehen nicht in Untersuchungshaft oder noch nicht abgeschoben worden? „Wir sind alle tief betroffen von dieser abscheulichen Tat, ich habe Verständnis für die Empörung der Menschen“, sagt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), warnt aber vor Vorverurteilungen und Schuldzuweisungen an die Behörden: „Jetzt ist die Stunde der Ermittler, damit die Tat restlos aufgeklärt werden kann. Blanker Populismus hilft jetzt nicht weiter.“
Grünen-Chefin Annalena Baerbock mahnt, der oder die Täter müssten mit der ganzen Härte des Rechtsstaates bestraft werden. „Niemand sollte sich aber anmaßen, den Tod dieses Mädchens zu missbrauchen.“AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel nutzt das Verbrechen gleichwohl für eine massive Attacke gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Susanna sei „ein weiteres Opfer der heuchlerischen und egoistischen Willkommenspolitik“der Regierungschefin, sagt sie in einer Twitter-Videobotschaft.
Die grausame Tat von Wiesbaden heizt die Flüchtlingsdebatte weiter an. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert schärfere Gesetze: „Wir brauchen eine echte Asylwende in Deutschland“samt Zurückweisungen an den Grenzen, sagte er am Freitag. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) winkt ab: Es sei „bezeichnend für die Stimmung im Land“, dass die ersten schon Gesetzesverschärfungen forderten, bevor der Fall überhaupt aufgeklärt sei. „Ich wäre schon froh, wenn die bestehenden Gesetze angewendet würden“, sagt er. Er sieht vor allem Probleme beim Vollzug der Gesetze.
Seehofer wiederum stellt zunächst die geglückte Festnahme in den Mittelpunkt: Nach diesem „furchtbaren Verbrechen“könne sich der Täter an keinem Ort der Welt mehr sicher fühlen. Aber wird Ali B. – sollte sich seine Schuld beweisen lassen – wirklich in Deutschland dafür büßen? Ein Auslieferungsabkommen zwischen Berlin und Bagdad gibt es nicht. Der Verdächtige könnte allenfalls aufgrund des internationalen Haftbefehls überstellt werden. Falls nicht, wäre es auch möglich, dass Ali B. unbehelligt davonkommt, denn eine Einschaltung der irakischen Justiz ist ausgeschlossen. „Im Irak droht ihm die Todesstrafe“, erklärt eine Sprecherin der Wiesbadener Staatsanwaltschaft am Freitag. „Wir können daher keinen Strafverfolgungsantrag stellen.“