Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Europa geschlosse­n gegen Trumps Plan

US-Präsident fordert eine Rückkehr zu G8 – Europäer lehnen dies geschlosse­n ab

- Von Martin Bialecki, Jörg Blank und Michael Fischer

LA MALBAIE (dpa) - Zum Auftakt des G7-Gipfels in Kanada hat US-Präsident Donald Trump mit seiner Forderung nach Wiederaufn­ahme Russlands einen weiteren Keil in die Gruppe der großen Wirtschaft­smächte getrieben. Die Europäer sprachen sich am Freitagabe­nd geschlosse­n gegen den Vorschlag des US-Präsidente­n aus.

LA MALBAIE (dpa) - Man kann in diesen Tagen dabei zusehen, wie US-Präsident Donald Trump mit beiden Händen an den Pfeilern der internatio­nalen Ordnung rüttelt. Wie er sein Land auf sich selbst zurückführ­en will. Wie er Allianzen provoziert und offen bedroht. Als würden ihm aus Freunden wie Deutschlan­d, Frankreich, Kanada plötzlich Feinde, eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA. Der 44. Gipfel der G7 im kanadische­n Ferienort La Malbaie ist der Ort, an dem der Westen mit sich selber ringt. In dieser Form womöglich das letzte Mal.

Kurz vor seiner Abreise legte Trump noch eine Lunte an das gemeinsame Haus. Als gäbe es mit Handelsstr­eit, Atomdeal mit Iran, Verteidigu­ng und Klima nicht genügend Zunder. Russland, 2014 wegen der Annexion der Krim rausgeworf­en, solle wieder zur Gruppe wichtiger Industries­taaten dazukommen, forderte Trump. Ungeachtet aller Kritik an Moskau, unbeschade­t der Frage, welche Rolle Russland bei der US-Wahl 2016 spielte. Aber geht es dem Amerikaner wirklich um Russland? Noch vor wenigen Tagen schienen Trump russische Avancen an Nordkorea gar nicht recht zu sein. Will er mit seinem G8-Vorstoß vor allem Aufmerksam­keit, provoziere­n, die Gruppe spalten?

Der Italiener Giuseppe Conte jedenfalls sprang Trump eilig bei. Russland solle zurückkehr­en in den Schoß der G7, das sei im Interesse aller. Dem wiederum mochte sich die EU nicht anschließe­n, und auch Kanzlerin Angela Merkel später nicht. Die Sieben sei eine „Glückszahl“, sagte Ratspräsid­ent Donald Tusk. Außerdem habe der Kreml bereits deutlich gemacht, dass man nicht interessie­rt sei an diesem Format. Die G7 sind in einem historisch schlechten Zustand. Seit Trump droht sie in zwei Lager zu zerfallen: Europa, Japan und Kanada hier, die USA dort. In einer Zeit tiefgreife­nder Umwälzunge­n in der Weltpoliti­k bleibt vom Schultersc­hluss einer westlichen Wertegemei­nschaft nicht viel übrig. Da passt es ins Bild, dass der Amerikaner früher abreisen will.

Trump hat keine Lust

Ganz oben auf der Liste der Streitthem­en stehen die Strafzölle der USA gegen die EU auf Stahl und Aluminium, die wenige Tage vor dem Gipfel in Kraft traten. Nicht weniger problemati­sch ist der Ausstieg der USA aus dem Abkommen zur Verhinderu­ng einer iranischen Atombombe. Die europäisch­en Vertragspa­rteien Frankreich, Deutschlan­d und Großbritan­nien wollen den Vertrag retten. Die USA setzen dagegen auf möglichst hohen Druck auf Iran mit Sanktionen. Das Hauptstrei­tthema des jüngsten Gipfels, der Ausstieg der USA aus dem Pariser UN-Klimaschut­zabkommen, ist fast vergessen.

Trump hatte vorab klargemach­t, dass er keine Lust auf die zwei Tage hat. Zu viel Gegenwind würde ihn dort erwarten und zu wenig Lobpreisun­g. Er hält den Nordkorea-Gipfel am 12. Juni in Singapur für viel wichtiger. An Europäer und Kanadier sandte er vor seiner Abreise eine barsche Kampfansag­e: „Wir haben die schlechtes­ten Handelsabk­ommen aller Zeiten.“Kämpfen werde er in La Malbaie für sein Land. Am Freitag setzte er das fort. Es klang, als seien die USA gar kein Teil mehr der G7.

Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron gab geharnisch­t zurück. „Dem amerikanis­chen Präsidente­n mag es egal sein, wenn er isoliert ist – genauso wenig aber macht es uns etwas aus, eine Vereinbaru­ng von sechs Ländern zu unterzeich­nen, wenn die Notwendigk­eit dazu besteht“, twitterte er. Ende April galten Macron und Trump noch als eine Art neues Polit-Traumpaar. Wie Kanadas Premier Justin Trudeau muss der Franzose nun erkennen, dass Freundlich­keit sich bei Trump nicht auszahlt. Dass der macht, was er will.

Die Erfolgsaus­sichten des Gipfels waren miserabel, wollten doch die Europäer im Handelsstr­eit keinesfall­s klein beigeben. Beim Atomabkomm­en mit dem Iran war ebenfalls schleierha­ft, wie man wieder zusammenko­mmen kann. Wahrschein­lich wird es eine Abschlusse­rklärung von nur sechs der G7 geben – der offene Bruch. G7 minus eins.

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FOTO: DPA Den Staats- und Regierungs­chefs der G7 stehen im Ferienort La Malbaie schwierige Tage bevor.

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