Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Platte Reifen für Falschparker
Ventilwächter lassen die Luft aus den Pneus – Leinfelden-Echterdingen plant Einsatz
RAVENSBURG - Leinfelden-Echterdingen will Falschparken und säumige Steuerzahler die Luft aus den Autoreifen lassen: Die Stadt plant laut einem Bericht der „Stuttgart Nachrichten“den Einsatz sogenannter Ventilwächter, wenn Bürger Strafzettel oder Steuern nicht rechtzeitig bezahlen. Die Sperre wird statt des Ventildeckels auf das Ventil geschraubt, fährt man mit dem Auto los, verliert der entsprechende Reifen nach und nach Luft, bis er endgültig platt ist.
In Baden-Württemberg ist Leinfelden-Echterdingen mit ihren Ventilwächtern alleine. Andere Städte wollen sie nicht einsetzen – und kritisieren das Vorhaben. „Wir halten diese Methode für sehr grenzwertig“, sagt Arno Specht, Sprecher der Stadt Tuttlingen. Die Ventilwächter seien verkehrsgefährdend. „Die Vorstellung ist schrecklich, dass jemand durch eine ordnungspolizeiliche Maßnahme Schaden nimmt“, sagt Specht. Es bestehe schließlich die Möglichkeit, dass jemand das Auto mit Ventilwächter bewegt, die Kontrolle darüber verliert und beispielsweise ein Kind anfährt, so Specht.
Wenn das Tuttlinger Ordnungsamt eingreifen muss, weil Rechnungen regelmäßig nicht beglichen werden oder jemand immer wieder auf dem Gehweg parkt, wird die FührerFührerscheinstelle aktiv. „Es stellt sich die Frage, ob jemand, der solche Regeln grundsätzlich missachtet, die geistige Reife besitzt, um Auto zu fahren“, sagt Specht. Eine weitere Möglichkeit wäre der Einsatz einer Parkkralle. Diese wird an der Felge mit einem Schloss gesichert und verhindert das Wegfahren.
In Ravensburg werden ebenfalls keine Ventilwächter angewandt. Wenn Autofahrer ihre Strafzettel nicht bezahlen, fliegen ihnen zunächst Mahnungen ins Haus – und notfalls wird vollstreckt. Bevor solche Zwangsmaßnahmen angewandt würden, bekomme man erst mehrere Zahlungsaufforderungen, teilt eine Mitarbeiterin der Stadt mit. Vollstreckungsmaßnahmen könnten im Bereich der Ordnungswidrigkeiten bis hin zur Erzwingungshaft gehen.
In anderen Städten wie Köln, Düsseldorf, Rostock oder Leipzig werden die Ventilwächter bereits eingesetzt – auch, wenn die Bürger ihre Rundfunkgebühren nicht zahlen.
ADAC hält Sperre für gefährlich
Der ADAC stuft die Ventilwächter als sehr gefährlich ein, sagt Pressesprecher Reimund Elbe. Besonders wichtig sei es daher, dass der Autofahrer darauf aufmerksam gemacht wird, dass die Wegfahrsperre am Reifen angebracht sei. In LeinfeldenEchterdingen sollen die Fahrzeuge deutlich mit Hinweisen beklebt werden, sodass der Besitzer weiß, dass sein Fahrzeug beschlagnahmt wurde. Kritiker haben aber dennoch Bedenken, erklärt Elbe. Die Aufkleber könnten über Nacht von anderen Bürgern entfernt werden, dadurch sei die Sicherheit nicht mehr gewährleistet.
Elbe selbst ist im Rahmen eines Versuchs bereits mit einem Auto gefahren, an dem ein Ventilwächter angebracht war. Es habe etwas gedauert, bis die Luft aus dem Reifen entwichen sei, aber schon nach wenigen Hundert Metern sei das Auto schwer lenkbar gewesen. „Ich hatte ein mulmiges Gefühl, weil das Auto nur noch schwer zu beherrschen war“, sagt Elbe. Und das, obwohl er gewusst habe, dass die Wegfahrsperre angebracht war und er in einem Schonraum gefahren sei.