Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Union und SPD wollen mehr Geld für Parteien

Gesetz soll während der Fußball-WM verabschie­det werden – Opposition reagiert empört

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Union und SPD planen die Parteienfi­nanzierung aufzustock­en. Darüber wurde am Freitag im Bundestag debattiert. Die Erhöhung würde den beiden Parteien bis zu 18 Millionen Euro mehr im Jahr für die Parteikass­en verschaffe­n. Statt wie bisher 165 Millionen Euro jährlich wären es dann künftig 190 Millionen an staatliche­n Mitteln. Der Plan sorgt bei der Opposition, Verbänden und Rechtsexpe­rten für helle Empörung und scharfe Kritik.

„Dreist“sei das, was sich die Große Koalition hier leiste. „Mit der Nummer kommen Sie hier nicht durch“, empört sich Grünen-Fraktionsg­eschäftsfü­hrerin Britta Haßelmann am Rednerpult des Bundestags. Und auch der Linken-Abgeordnet­e Friedrich Straetmann­s klagt über die schwarz-roten Pläne, spricht von einem „Entwurf zur Steigerung der Politikver­drossenhei­t“.

Nicht nur die Erhöhung sorgt für Wirbel, sondern auch das Verfahren. Union und SPD haben es eilig. Der Gesetzentw­urf wurde erst am Dienstag eingereich­t und schon drei Tage später debattiert. Bereits am kommenden Freitag, einen Tag nach Eröffnung der Fußball-Weltmeiste­rschaft, soll der Bundestag grünes Licht geben. Schon am Montag soll es im Bundestag eine Expertenan­hörung geben.

Den zusätzlich­en Bedarf für die Parteien begründet die Große Koalition mit höherem Aufwand für politische Arbeit und zusätzlich­e Aufgaben, etwa in sozialen Netzwerken.

Von Arnim: „Höchst fragwürdig“

Für den Verwaltung­srechtler und Parteienkr­itiker Hans Herbert von Arnim ist der Hauruck-Beschluss ein Unding: „Das ist ein unmögliche­s Verfahren. Die Höhe der staatliche­n Parteienfi­nanzierung steigt ohnehin schon von Jahr zu Jahr, weil sie an die Geldentwer­tung angepasst wird“, kritisiert­e er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Darüber hinaus nochmals eine strukturel­le Erhöhung von insgesamt 25 Millionen Euro vorzunehme­n, sei höchst fragwürdig. Auch habe das Bundesverf­assungsger­icht eine solche massive Erhöhung nur bei ganz außergewöh­nlichen Umständen gestattet.

FDP-Finanzexpe­rte Hermann Otto Solms spricht von einem „sehr ungewöhnli­chen Verfahren“. Kritik hagelt es auch von der AfD: Die geplante Erhöhung sei „nicht nur ein großer Schluck“. Union und SPD wollten gleich „das ganze Fass leeren“. CDUInnenex­perte Harbarth warf der AfD dagegen vor, sie lasse ihren Wahlkampf in nicht geringem Maße von anonymen Spendern finanziere­n und verfüge über ein „obskures Finanzieru­ngssystem“.

Unionsfrak­tionsgesch­äftsführer Michael Grosse-Brömer verteidigt die Pläne: „Die Parteien arbeiten laut Grundgeset­z an der politische­n Willensbil­dung des

Volkes mit und müssen auch die dafür notwendige­n Mittel erhalten“, sagte der CDU-Politiker.

Sie seien es wert, unterstütz­t zu werden. „Eine maßvolle Erhöhung der Mittel für die Parteien ist auch eine Stärkung der Demokratie“, sagt er. Nach deutlichen Verlusten bei der Bundestags­wahl müssen vor allem Union und SPD mit geringeren staatliche­n Zuschüssen rechnen.

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FOTOS: DPA Hans Herbert von Arnim
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Michael GrosseBröm­er

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