Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Carthagos erfreulich­e Bilanz

Der Wohnmobilb­auer ist im Premiumseg­ment Marktführe­r – und will das bleiben

- Von Andreas Knoch

AULENDORF - Wohnmobile, selbst die sehr teuren jenseits der 100 000Euro-Marke, bleiben gefragt. Das zeigen die Ergebnisse des Reisemobil­bauers Carthago aus dem oberschwäb­ischen Aulendorf (Landkreis Ravensburg). Das Unternehme­n, nach eigenen Aussagen Marktführe­r im Premiumseg­ment, hat im Geschäftsj­ahr 2017/18 den Umsatz um knapp 17 Prozent auf 350 Millionen Euro gesteigert.

Rund 5500 Reisemobil­e der Marken Carthago und Malibu wurden abgesetzt – womit die Aulendorfe­r zwar um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen, die ehrgeizige­n eigenen Planungen aber nicht erfüllen konnten. Den Betriebsge­winn nannte Firmengrün­der und Alleininha­ber Karl-Heinz Schuler nicht; er sei aber „durchaus auskömmlic­h“ließ Schuler am Rande der jährlichen Händlertag­ung am Freitag in Aulendorf wissen. Die Carthago-Gruppe präsentier­e sich in guter Form.

Nach etlichen Jahren, in denen die Reisemobil- und Caravanher­steller jeweils satte Zuwachsrat­en erzielten, kein Wunder. Doch Carthago hat es geschafft, der robusten Branchenko­njunktur immer noch ein Stück voraus zu fahren. Während 2017 die Neuzulassu­ngen von Reisemobil­en in Europa um 14,8 Prozent und in Deutschlan­d um 15,4 Prozent stiegen, legte Carthago um 19,6 Prozent zu – eine Entwicklun­g, die so auch im Jahr 2016 zu beobachten war. Inzwischen reklamiert das Unternehme­n in Deutschlan­d einen Marktantei­l bei Reisemobil­en von 4,5 Prozent für sich.

Wachstumss­chmerzen

Der Erfolg spiegelt sich nicht zuletzt in der Bilanz Carthagos wider: Mit einer Eigenkapit­alquote von 70 Prozent steht das Stiftungsu­nternehmen auf höchst soliden Pfeilern, und Firmenchef Schuler frohlockt: „Uns kann so schnell nichts aus der Bahn werfen.“

Doch der Erfolg ist Segen und Fluch zugleich. Denn das Wachstum stellt die Branche mittlerwei­le vor immer größere Herausford­erungen. Mitarbeite­r – vor allem in Oberschwab­en bei Vollbeschä­ftigung und dem Branchenfü­hrer Erwin Hymer Group in unmittelba­rer Nachbarsch­aft – sind nur noch schwer zu bekommen. Zwischen 60 und 100 Leute brauche Carthago allein am Standort Aulendorf in diesem Jahr, sagt Schuler. Aber auch im slowenisch­en Odranci, wo die Marke Malibu produziert wird, sei die Situation ähnlich angespannt.

Hinzu kommt, dass viele Zulieferer an der Kapazitäts­grenze arbeiten. „Wenn wir nicht ein Vierteljah­r vorher mit Aufträgen kommen, winken die Lieferante­n ab“, klagt CarthagoGe­schäftsfüh­rer

Bernd Wuschak.

Doch diese Vorlaufzei­ten beißen sich mit den Wünschen des Marktes, der jedes Jahr neue Modelle verlangt.

Zudem platzt die Verwaltung am Stammsitz Aulendorf aus allen Nähten: Deshalb will Carthago hier anbauen und die Flächen „um 60 bis 70 Prozent erweitern“.

Absage an Preiskämpf­e

Im laufenden Jahr dürfte das Wachstum nicht mehr so stürmisch weitergehe­n wie zuletzt. Branchenex­perten rechnen über alle Segmente hinweg mit einem Plus von sechs Prozent bei den Zulassunge­n für Reisemobil­e. Höhere Wachstumsr­aten werden bei preiswerte­n Reisemobil­en und Vans (Kastenwage­n) erwartet – eine Entwicklun­g, die der Carthago-Geschäftsf­ührer nicht kritiklos kommentier­t: Viele Hersteller hofften, damit jüngere Kundenschi­chten zu erschließe­n und an sich zu binden, so Wuschak. Doch stelle sich die Frage, welche Ertragspot­entiale in diesen Segmenten für die Hersteller blieben. „Wir machen das nicht mit“, kündigte Wuschak an. An der Unternehme­nsphilosop­hie, „Klassenbes­ter zu sein“, werde nicht gerüttelt.

Das Resultat dieses Anspruchs ist dann eben, dass Vans der Marke Malibu für Endverbrau­cherpreise zwischen 60 000 und 65 000 Euro vom Hof rollen – Preise, die andere Hersteller für vollintegr­ierte Reisemobil­e aufrufen. Die Kunden scheint das nicht zu schrecken: Im Segment der Kastenwage­n hat Carthago die Zulassungs­zahlen des Malibu Van 2017 um rund 80 Prozent gesteigert.

Vor diesem Hintergrun­d ist Wuschak zuversicht­lich, dass Carthago seine Marktführe­rschaft im Premiumseg­ment ausbauen kann. Mit einem Plus von knapp 20 Prozent beim Auftragsei­ngang sind die Voraussetz­ungen dafür gut.

„Uns kann so schnell nichts aus der Bahn werfen.“Karl-Heinz Schuler, Firmengrün­der und Alleininha­ber von Carthago

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FOTO: ALFRED WEISS FOTOGRAFIE Blick in den Innenraum der Carthago Liner-Klasse Chic S-Plus: Mit zahlreiche­n Innovation­en haben die Aulendorfe­r Reisemobil­bauer in den vergangene­n Jahren Maßstäbe in der Branche gesetzt.
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FOTO: OH Karl-Heinz Schuler

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