Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Veruntreuung beim Kinderschutzbund: „Das hat uns wie ein Schlag getroffen“
Vorsitzender Walter Ritter spricht über gestohlene 41 000 Euro vom Vereinskonto
BAD WALDSEE - Auf dem Vereinskonto des Bad Waldseer Kinderschutzbundes hat plötzlich viel Geld gefehlt (die SZ berichtete: „Unregelmäßigkeiten beim Waldseer Kinderschutzbund“, 8. Juni). Wie es dazu kam, ob der Täter bekannt ist und wie der Verein gegen die kriminelle Machenschaft vorgeht, hat Wolfgang Heyer beim Vorsitzenden Walter Ritter nachgefragt.
Herr Ritter, wie viel Geld wurde vom Vereinskonto ohne Rücksprache und unautorisiert abgehoben?
Es handelt sich um systematische Abhebungen über ein ganzes Jahr hinweg. Im Jahr 2017 belief sich die Summe auf stolze 34 850 Euro und in den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es weitere 6000 Euro, sodass insgesamt knapp 41 000 Euro fehlten. Das war eine echte Veruntreuung im Sinne des Strafgesetzbuches.
Wissen Sie, wer das Geld veruntreut hat?
Ja. Es war ein Vereinsmitglied.
Wie sind Sie auf das kriminelle Vorgehen aufmerksam geworden?
Bei der Kassenprüfung haben unsere Prüfer Ulrich Neumann und Karl Birkle festgestellt, dass es das ganze Jahr über Abhebungen aus den Rücklagen gegeben hat. Und diese große Summe ist gleich aufgefallen.
Wie haben Sie reagiert, als Sie davon erfahren haben?
Das hat uns wie ein Schlag getroffen und wir alle waren sehr betroffen. Es war für uns einfach nicht erklärbar und keiner hat damit gerechnet.
Haben Sie das Vereinsmitglied direkt mit der Veruntreuung konfrontiert?
Wir haben den Vorfall bei dem Vereinsmitglied zu Hause besprochen und die Person hat eigentlich ganz ruhig reagiert. Das Vereinsmitglied schien regelrecht froh zu sein, dass es aufgefallen ist und nun aufhört.
Hat der Betroffene sein Fehlverhalten Ihnen gegenüber bereits gestanden?
Ja, der Diebstahl wurde sofort eingeräumt, es gab keinen Widerspruch.
Wissen Sie, wofür das Vereinsmitglied das Geld verwendet hat?
Nein, die Person hat uns nicht gesagt, wofür sie so viel Geld benötigt. Da ist alles vollkommen offen.
In solchen Fällen hört man ja oft, dass Spielsucht ein Thema gewesen sein soll...
Spekulieren kann man da viel. Es können auch sonstige Gründe gewesen sein, aber wir wissen es einfach nicht.
Welche rechtlichen und juristischen Schritte haben Sie danach unternommen?
Als wir von der Dimension des Vorfalls erfahren haben, wurden sofort alle Bank-Vollmachten gekündigt und wir haben einen Rechtsanwalt aufgesucht. Ein Strafverfahren wurde eingeleitet und es wird auf jeden Fall einen Gerichtsprozess geben. Schließlich ist es jetzt die Aufgabe des Vorstandes, den Schaden so gut wie möglich rückgängig zu machen – daher die Zivilklage. Das Vereinsmitglied hat auch schon signalisiert, dass es das Geld in irgendeiner Form zurückzahlen will.
Können die geplanten Aktionen des Kinderschutzbundes trotz des hohen Fehlbetrages durchgeführt werden?
Ja, alle geplanten Betreuungen und Aktivitäten werden im Jahr 2018 fortgeführt.